Adhäsionsverhalten von Reifencords, gemessen mittels DMTA – Temperaturabhängigkeit und Beanspruchungsgrenzen

Einleitung

Zur Verstärkung von Gummikomponenten wie Autoreifen, Fließbänder oder Keilriemen werden Reifencords und/oder netzartige Materialien verwendet. Diese Materialien werden zur Herstellung der Gummimischung während des Produktionsprozesses vulkanisiert. 

Es sind jedoch nicht nur die dynamisch-mechanischen Eigenschaften einer Gummimischung oder eines Netzes von Interesse. Informationen über die Adhäsion zwischen Reifencord und Gummi werden oftmals ebenfalls benötigt; diese werden hauptsächlich durch die Temperatur, die Materialeigenschaften, die mechanische Belastung und de eingesetzten Klebrigmacher beeinflusst. 

Ein Klebrigmacher ist eine Mischung, die auf die Oberfläche eines Reifencords aufgebracht wird, um eine optimale Haftung zwischen Gummimischung und Reifencord zu gewährleisten. Während des Reifeneinsatzes treten Zug-, Scher- und Druckspannungen auf, sobald sich das Rad dreht, jedoch auch während des Bremsens, Anfahrens oder Kurvenfahrten. 

Aus diesen Gründen ist die Kenntnis der Adhäsion des Reifencords in einer Gummischung zur Herstellung von Produkten mit zuverlässigen und haltbaren dynamischen Eigenschaften unerlässlich. Diese Eigenschaften werden durch die Leistungsfähigkeit des Klebrigmachers beeinflusst, der sich mittels Hochlast-DMA-Systemen, wie z.B. der Eplexor® 500 N von NETZSCH GABO Instruments, qualifizieren lässt. Mit dem Eplexor® 500 ist es nicht nur möglich, Zugmessungen gemäß ASTM D4776 zur Bestimmung der maximalen Auszugskraft durchzuführen, sondern er erlaubt auch einen tieferen Einblick in die Materialeigenschaften durch Aufbringung einer oszillierenden Kraft auf die Probe. Abbildung 1 zeigt die Anordnung, wie sie in sogenannten T- oder H-Tests Einsatz findet (Bezeichnung basiert auf der Probenform) zur Bestimmung der dynamischen Eigenschaften eingebetteter Reifencords.

1) Probenvorbereitung und Fixierung für dynamische H-Tests oder T-Tests zur Bestimmung des Adhäsionsverhaltens von Reifencords

A) Einfluss der Temperatur

Abbildung 2 zeigt einen Fatigue-Test, durchgeführt an zwei Cord-Gummiverbunden des gleichen Materials zur Charakterisierung des Adhäsionsverhaltens bei unterschiedlichen Temperaturen.

2) Komplexer Modul (E*)Der komplexe Modul besteht aus zwei Komponenten, dem Speicher- und dem Verlustmodul. Der Speichermodul (oder Elastizitätsmodul) beschreibt die Steifigkeit und der Verlustmodul beschreibt das Dämpfungs- (oder viskoelastische) Verhalten der entsprechenden Probe mit der Methode der dynamisch-mechanischen Analyse (DMA).Komplexer Modul |E*|, Fatigue-Tests im Zugmodus bei 100 °C (rot) und 150 °C (blau)

Die Temperatur des Experiments betrug 100 °C für Probe (rot) und 150 °C für Probe 2 (blau). Der Test wurde im kraftgeregelten Modus durchgeführt; d.h., mit einer statischen Kraft von 20 N und einer dynamischen Kraft von 2 N. Die Testfrequenz belief sich auf 60 Hz für 60000 sec (36000 Zyklen). Der Anstieg im komplexen Modul von Probe 1 (rot) lässt sich anhand der Tatsache erklären, dass der Aushärteprozess bei 100 °C fortschreitet. Bei 150 °C fällt der komplexe Modul von Probe 2 (blau) ab. Dies ist darauf zurückzuführen, dass hier bereits die Zersetzung der Gummimischung eingesetzt hat.

Abbildung 3 zeigt das Dämpfungsverhalten 3 (tanδ) der zwei Proben. Unterschiedliche Temperaturen haben unterschiedliche Dämpfungseigenschaften zur Folge. 

3) Vergleich von tanδ von Reifencord-Verbunden bei 100 °C (rot) und 150 °C (blau); die Messungen wurden im Zugmodus durchgeführt

Die Gründe dafür sind die gleichen wie vorher genannt. In Bezug auf die rote Kurve (bei 100 °C) nimmt tanδ aufgrund der Vernetzung ab; bei der blauen Kurve (bei 150 °C), steigt er aufgrund der Zersetzung an.

B) Festlegen von Beanspruchungsgrenzen

In Abbildung 4 sind die Ergebnisse der Analyse an zwei identischen Cord-Gummi-Verbunden, jedoch mit unterschiedlichen Klebrigmachern, dargestellt. Ziel dieser Untersuchung war die Festlegung der Beanspruchungsgrenzen.

4) Statisch dynamischer Sweep (Zugmodus) der zwei Proben (Kurven in rot und blau), auf Basis der gleichen Cordgummi-Matrix, jedoch mit unterschiedlichen Klebrigmachern

Der statisch dynamische Sweep im kraftregulierten Modus steigt in der statischen und dynamischen Verformung schrittweise an: 0,5 % statische Kraft/0,05 % dynamische Verformung; 1 %/0,1 %; 2 %/0,2 % ... 9 %/0,9 %. 

Die Testfrequenz betrug 10 Hz. Für jeden Lastschritt wurden 20 Datenpunkte erfasst, um den erwarteten Rückgang der Kraft darzustellen, sobald die maximale Belastung erreicht ist.

Die blauen Linien zeigen das Verhalten des Cord-Gummiverbundes mit guten Adhäsionseigenschaften, während die rote Kurve dem Material mit ungenügender Adhäsion entspricht. Wie aus Probe 1 (rote Kurve) ersichtlich ist, beginnt sich der Reifencord bereits bei einer statischen Verformung von 6 % und einer dynamischen Verformung von 0,6 % aus der Gummimatrix zu lösen. Der statisch/ dynamische Lastschritt von 6 %/6 % zeigt den Beginn des nichtlinearen Materialverhaltens. 

Durch Kenntnis der Beanspruchungsgrenzen können weitere Tests durchgeführt werden, um zusätzliche Informationen zu erhalten. Abbildung 5 zeigt die Abhängigkeit von der Zeit des komplexen Moduls und tanδ während eines Fatigue-Tests an den gleichen Proben wie aus Abbildung 2.

Die Untersuchung wurde im kraftregulierten Modus bei einer statischen Last von 5 % und einer dynamischen Last von 0,5 % mit einer Frequenz von 50 Hz durchgeführt. Die Bedingungen wurden ähnlich denen der Belastungsgrenze von 6 %/0,6 % gewählt, abgeleitet aus Abbildung 4, mit dem Ziel einer schnellen Zersetzung von Probe 1. Der Test wurde bei Raumtemperatur durchgeführt. 

Abbildung 5 zeigt die erwarteten Ergebnisse. Die mechanische Alterung von Probe 1 (rot) findet schneller statt als bei Probe 2 (blau). Nach 2300 sec (115000 Zyklen) beginnt sich Probe 1 aus dem Gummiverbund zu lösen, was sich im abnehmenden komplexen Modul E* widerspiegelt. 

Der komplexe Modul von Probe 2 (blau) nimmt während der Messung nur leicht ab.

5) Fatigue-Tests im Zugmodus an zwei Proben (rot und blau markiert) wie in Abbildung 4

Fazit

Kontinuierliche dynamische Lasttest (Fatigue-Tests) sind bestens geeignet zur Charakterisierung der Adhäsion zwischen dem Cord und der Gummimatrix bei Aufbringen von Klebrigmachern auf der Cord-Oberfläche. Aufgrund der notwendigen hohen Kräfte und Amplituden ist die EXPLEXOR-Geräteserie von NETZSCH GABO Instruments, im Besonderen der Eplexor® 500 N, bestens geeignet für die dynamische Bestückung von Proben für Tausende von Zyklen. Für die Analysen wurden Proben in T- oder H-Form verwendet; diese bestehen jeweils aus einem Reifencord und Gummimaterial entweder an einem (T-Test) oder an beiden Enden (H-Test).