Charakterisierung von Speiseölen mittels Differential Scanning Calorimetry (DSC)

Einleitung

Die meisten Speiseöle werden aus Pflanzen oder Pflanzensaaten gewonnen. Der erste gezielte Anbau von Olivenbäumen auf Kreta wird um das Jahr 3500 vor Christus vermutet. Außer für den Verzehr und die Herstellung von Seifen wurde Olivenöl auch in der katholischen Liturgie verwendet. Abbildung 1 zeigt eine Ölmühle in Pompeji aus dem Jahre 80 vor Christus.

Die Früchte und Samen, aus denen Öle gewonnen werden sollen, werden zunächst gereinigt und zwischen Walzen zerkleinert. Da frisch gepresste Rohöle meist noch Begleitstoffe wie Geruchs-, Geschmacks-, Bitterstoff e oder Pflanzenteile, Trüb- und Schleimstoff e enthalten, werden sie zum Zwecke der Haltbarmachung oft raffiniert. Dabei werden die Rohöle erhitzt, weshalb nicht nur ein Teil des Rohöls verloren geht, sondern auch Inhaltsstoffe, wie die ernährungsphysiologisch wertvollen Tocopherole, verringert werden. 

Der Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren bleibt bei diesem Behandlungsschritt jedoch unverändert. Raffinierte Öle zeichnen sich durch einen neutraleren Geruch und Geschmack, eine längere Haltbarkeit und dadurch aus, dass sich beim Lagern keine festen Bestandteile absetzen. Kaltgepresste Öle werden nicht raffiniert, sondern nur durch Pressen und anschließende Filtration gewonnen. Die beim Pressen entstehende Wärme wird durch das Kühlen der Presse abgeführt. Das so erhaltene Öl wird als „kaltgepresst“, „kaltgeschlagen“, „naturbelassen“ oder „naturrein“ bezeichnet und gilt als qualitativ sehr hochwertig [2, 3].

Fette und Öle sind Triglyceride oder dreifache Ester des dreiwertigen Alkohols Glycerin (1,2,3-Propantriol). Bei den Fettsäuren, mit denen Glycerin verestert ist, unterscheidet man gesättigte, ungesättigte und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Die Ursache dafür, dass Fette fest und Öle bei Raumtemperatur flüssig sind, liegt im Gehalt an ungesättigten Fettsäuren begründet. Durch einen erhöhten Gehalt an ungesättigten (vorwiegend cis-ständigen) Fettsäuren wird die KristallisationAls Kristallisation bezeichnet man den physikalischen Vorgang der Verhärtung bei der Bildung und beim Wachstum von Kristallen. Bei diesem Prozess wird Kristallisationswärme frei.Kristallisation erschwert und der Schmelzpunkt der Öle wird herabgesetzt. Es ist folglich ein Zusammenhang zwischen der Schmelz- und Kristallisationstemperatur von Ölen und dem Gehalt an ungesättigten Fettsäuren zu erwarten.

1) Ölmühle in Pompeji aus dem Jahre 80 vor Christus [1]

Experimentelles

Die Untersuchungen zum Schmelz- und Kristallisationsverhalten von handelsüblichen Speiseölen wurde mit einer NETZSCH DSC 204 F1 Phoenix® mit μ-Sensor durchgeführt. Als Spülgas stand Stickstoff (5.0) zur Verfügung, die Spülgasrate betrug 40 ml/min. Die Öle wurden so in Standard-Aluminiumtiegel mit gelochtem Deckel eingebracht, dass die Bodenfläche der Tiegel komplett benetzt war. Die Messparameter und die Einwaagen sind in den Tabellen 1 und 2 zusammengefasst.

Tabelle 1: Messbedingungen

MessgerätDSC 204 F1 Phoenix®
Sensorμ-Sensor
KühlungGN2, auto
TiegelAl, gelocht
AtmosphäreStickstoff
Gasflussrate40 ml/min
Heiz-/Kühlrate5 K/min

Tabelle 2: Probenmassen [mg]

 OlivenölErdnussölSesamölRapsölSonnenblumenkernölWalnussöl
HerstellerABCCDB
Messung 12,5272,5652,5462,5292,5282,507
Messung 22,5262,5412,5292,5542,5282,505
Messung 32,5222,5682,5452,5292,5142,545
Mittelwert (MW)2,5252,5582,5402,5372,5302,519
Abweichung (ABW)0,0050,0270,0170,0250,0340,040

Ergebnisse und Diskussion

Entsprechend den oben genannten Messbedingungen wurden die Speiseöle in einem Temperaturbereich zwischen -100 °C und Raumtemperatur untersucht. Dabei kann in den jeweiligen Abkühlsegmenten das Kristallisieren und in den Aufheizsegmenten das Schmelzen der Proben beobachtet werden. Da alle Öle unterschiedliche Gehalte an gesättigten, einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren aufweisen und zudem die Triglyceride aus Gemischen unterschiedlicher Fettsäuren bestehen, ist allen Proben ein relativ breiter Schmelz- und Kristallisationsbereich gemeinsam. In Abbildung 2 ist das Schmelzverhalten aller Öle vergleichend dargestellt.

2) Vergleichende Darstellung des Schmelzverhaltens aller untersuchten Öle

Abbildung 3 zeigt die Ergebnisse für die Probe Erdnussöl für zwei Aufheizsegmente und die dazwischen stattfindende Abkühlung. Für die weitere Betrachtung werden für alle Proben jeweils der Beginn des Schmelzvorgangs (extrapolierter Onset) sowie die Peaktemperatur der Hauptkomponente betrachtet. Ein Vergleich dieser Ergebnisse ist in Tabelle 3 zusammengestellt. Die angegebenen Werte sind Mittelwerte aus sechs Messwerten. Sowohl für den Onset als auch für die Peaktemperatur zeigt sich dabei ein einheitlicher Trend zu tieferen Temperaturen für die Reihenfolge Olivenöl, Erdnussöl, Sesamöl, Rapsöl, Sonnenblumenkernöl, Walnussöl.

3) Schmelz- und Kristallisationsverhalten von Erdnussöl

Vergleicht man die in Tabelle 4 zusammengefassten Gehalte an gesättigten (Spalte 1), an einfach ungesättigten (Spalte 2) und an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Spalte 3) der untersuchten Speiseöle in der aufgeführten Reihenfolge von Olivenöl bis Walnussöl, so lässt sich zunächst für keine dieser Spalten 1 bis 3 ein Trend erkennen. Auch aus den in Spalte 4 aufgeführten Gesamtgehalten an ungesättigten Fettsäuren (Summe der Spalten 2 und 3) ergibt sich kein Trend, der direkt zu der in Tabelle 4 gewählten Reihenfolge der Speiseöle passt.

Tabelle 3: Extrapolierter Onset und Peaktemperaturen der Schmelzvorgänge [°C]

 

Olivenöl

Erdnussöl

Sesamöl

Rapsöl

Sonnenblumenkernöl

Walnussöl

HerstellerABCCDB
Extrapolierter Onset-10,1-18,9-28,3-28,0-31,5-44,9
Peaktemperatur-5,1-11,8-21,0-21,4-26,7-34,0

Tabelle 4: Zusammenstellung der Speiseöle und ihrer Inhaltsstoffe [4]

Gehalt an Fettsäuren [%]

 

gesättigt (S)

einfach ungesättigt

mehrfach ungesättigt

ungesättigt gesamt (P)

P/S

Walnussöl19,8716,373,990,27,49
Sonnenblumenöl212,320,766,987,65,44
Rapsöl16,957,126,984,03,90
Sesamöl113,135,842,077,83,21
Erdnussöll216,444,838,883,62,37
Olivenöl115,074,79,8984,60,66

Der Zusammenhang zwischen dem Gehalt an Fettsäuren und der Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelztemperatur geht aus der grafischen Auftragung in Abbildung 4 etwas deutlicher hervor. Hier ist erkennbar, dass die Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelztemperatur mit steigendem Gehalt an gesättigten und einfach ungesättigten Fettsäuren zunimmt und mit steigendem Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren abnimmt.

Auch in der Lebensmittelanalytik werden zur Bestimmung des Speisewertes der Öle weniger die Absolutwerte der Gehalte der verschiedenen Fettsäuren als vielmehr das Verhältnis zueinander herangezogen. Bildet man nämlich das Verhältnis aus den Spalten 4 und 1, also dem Verhältnis von Gesamtgehalt an ungesättigten Fettsäuren zu gesättigten Fettsäuren (P/S), so ergibt sich ein einheitlicher Trend, denn die Werte nehmen von 7,49 für das Walnussöl auf 0,66 für das Olivenöl ab (vgl. Spalte 5). Die farbliche Hervorhebung in Tabelle 4 verdeutlicht zwei Probengruppen. Die grün markierten Werte beschreiben Öle, die einen höheren Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren im Vergleich zu einfach ungesättigten Fettsäuren aufweisen. Die rot markierten Werte bezeichnen hingegen Öle, deren Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren höher als der Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettesäuren ist.

Es muss berücksichtigt werden, dass die Angaben zu den Fettsäuregehalten für die Proben Sonnenblumenöl und Erdnussöl lediglich aus der Literatur entnommene Durchschnittswerte wiedergeben. Hier muss man erfahrungsgemäß eine Schwankungsbreite von etwa 5 % für jeden Wert annehmen. Bei der Auswertung der DSC-Ergebnisse sind zudem nur die Peaktemperaturen der Hauptkomponenten berücksichtigt worden, was sicher nur einen Anhaltspunkt für das Schmelzverhalten einer Mischung darstellt und die vorhandenen Abweichungen im Korrelationsdiagramm (Abb. 5) erklären kann. Der Wert des Sesamöls mit einem P/S von 3,21 liegt von der Trendlinie in Abbildung 5 am weitesten entfernt. Das könnte damit zusammenhängen, dass es das einzige Öl in diesem Vergleich ist, bei dem die Saat einem zusätzlichen Röstprozess unterworfen wurde. Welchen Einfluss der Röstprozess auf die KristallisationAls Kristallisation bezeichnet man den physikalischen Vorgang der Verhärtung bei der Bildung und beim Wachstum von Kristallen. Bei diesem Prozess wird Kristallisationswärme frei.Kristallisation hat, ist derzeit nicht bekannt.

5) Verhältnis von Gesamtgehalt an ungesättigten Fettsäuren zum Gehalt an gesättigten Fettsäuren (P/S) in Abhängigkeit von der detektierten Peaktemperatur des Schmelzvorgangs

Zusammenfassung

Die hier vorgestellte Arbeit konnte zeigen, dass das Schmelz- und Kristallisationsverhalten verschiedener Speiseöle mittels Differential Scanning Calorimetry (DSC) charakterisiert werden kann. Durch eine einfache Probenpräparation und ein Standard-Temperaturprogramm sind die Messwerte zum Schmelz- und Kristallisationsverhalten schnell zugänglich. Die Auswertung anhand der Peaktemperatur ermöglicht einen einfachen, aber aussagekräftigen Vergleich der Speiseöle.

Es konnte zwar grundsätzlich bestätigt werden, dass ein steigender Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren die Schmelztemperatur der Öle herabsetzt, aus den Abbildungen 4 ist aber auch erkennbar, dass die Konzentration alleine nicht ausschlaggebend ist. Abbildung 5 zeigt, dass vielmehr das Verhältnis P/S, also das Konzentrationsverhältnis von mehrfach ungesättigten Fettsäuren zum Gehalt an gesättigten Fettsäuren einen einheitlichen Trend erkennen lässt.

Literatur

  1. [1]
    Wikipedia: „Speiseöl“, Mai 2013
  2. [2]
    Lebensmittellexikon, www.lebensmittellexikon.de
  3. [3]
    Deutsche Gesellschaft für Ernährung, www.dge.de
  4. [4]
    Deutsche Gesellschaft für Ernährung, www.dge.de 
    Landesanstalt für Pflanzenbau Forchheim, “Informationen für die Pflanzenproduktion” Sonderheft1/2001, ISSN 0937 6712