Nachweis von Weichmachern in Sportartikeln und Spielzeug mittels TG-FT-IR

Einleitung

Sportartikel und Spielzeug für Kinder oder Haustiere werden oft aus flexiblen Kunststoffen hergestellt. Beispiele hierfür sind Kauspielzeug zur Förderung der sensorischen Fähigkeiten, Actionfiguren, weiche Soft-Grip- Oberflächen sowie Bälle aller Art. Ein häufig verwendetes Polymer ist PVC (Polyvinylchlorid), das durch Zugabe von Weichmachern weicher und flexibler wird. Die Weichmacher sind nicht kovalent an die Polymerkette gebunden, weshalb sie verdunsten oder durch Speichel oder Schweiß ausgespült werden können. Das Ausgasen von Weichmachern wie Phthalaten kann schädlich sein. In einigen Fällen ist dies sogar am schlechten Geruch erkennbar. 

Die Familie der Phthalate ist bekannt dafür, eine Reihe von Gesundheitsrisiken zu verursachen. Phthalate wirken wie Hormone und können nachweislich zu Leberschäden, Unfruchtbarkeit, Diabetes, Krebs und anderen Krankheiten führen. Deshalb hat die Europäische Union seit 2007 eine Reihe von Phthalten in Produkten, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, in Spielzeug, Babyartikeln und im Medizinbedarf verboten.

Zersetzungsverhalten und Identifizierung von Weichmachern

Die thermische Analyse trägt zum Nachweis von Weichmachern in Polymeren bei. Mit Hilfe der TG-FT-IR-Analyse ist es möglich, Produkte hinsichtlich ihres Weichmachergehalts zu analysieren und die Art des verwendeten Weichmachers zu identifizieren.

Im folgenden Anwendungsbeispiel wurde die Oberflächenschicht verschiedener Spielzeugbälle in kleine Stücke geschnitten und mit der PERSEUS® TG 209 F1 Libra® gemäß der in Tabelle 1 aufgeführten Messbedingungen untersucht. 

Wie in Abbildung 1 ersichtlich, wies Ball Nr. 1 während der Pyrolyse mehrere Massenverluststufen auf. Diese sind auf das Verdampfen des Weichmachers oder anderer organischer Additive und die Pyrolyse des Polymers im Temperaturbereich zwischen 200 °C und 500 °C zurückzuführen. Die Zersetzung der anorganischen Füllstoffe wurde zwischen 500 °C und 700 °C nachgewiesen. Die Peaks in der DTG-Kurve (Massenverlustrate) stellen die Temperaturen der maximalen Massenverlustraten dar. Die Gram-Schmidt-Kurve zeigt die gesamten IR-Intensitäten und verhält sich wie ein Spiegelbild zur DTG-Kurve. Sie zeigt zudem die maximalen Intensitäten während Massenverluststufen auf. Dies bestätigt die Wechselwirkung der freigesetzten Komponenten mit dem IR-Strahl.


Tabelle 1: Messbedingungen

Probe

Ball Nr. 1

Ball Nr. 2

Probeneinwaage

9,08 mg

10,38 mg
Temperaturprogramm

RT bis 850 °C

Heizrate

10 K/min

Gasatmosphäre

Stickstoff

Gasdurchflussrate

40 ml/min

1) Temperaturabhänigge Massenänderung (TG, grün), Massenänderungsrate (DTG, schwarz) und Gram Schmidt-Kurve (rot) von Ball Nr. 1

 

Sämtliche IR-Daten sind in Abbildung 2 in einem temperatur- und wellenzahlenabhängigen 3D-Plot dargestellt. Die TG-Kurve ist im Hintergrund rot eingezeichnet und zeigt die Korrelation des Massenverlustes mit dem Anstieg der IR-Intensität. In diesem Beispiel wurde nur die erste Massenverluststufe genauer untersucht. Für eine detaillierte Analyse des enthaltenen Weichmachers wurde ein 2D-FT-IR-Spektrum extrahiert und mit Gasphasenbibliotheken verglichen, um die freigesetzten Verbindungen zu identifizieren. Für das Spektrum bei 266 °C wurde eine hohe Ähnlichkeit mit den Bibliotheksspektren von di-n-octylphthalat (DOP, blau) und bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP, grün) gefunden. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine einzelne Verbindung oder eine Mischung verschiedener Phthalate freigesetzt wurde. Dieser Vergleich zeigt jedoch deutlich, dass Ball Nr. 1 verbotene Phthalate enthält. Da sich die Massenverluststufe mit der Freisetzung von Phthalat leicht überschneidet, wurde mittels FT-IR bei 266 °C auch eine geringe Menge CO2 gefunden.

2) 3D-Plot aller detektierten IR-Spektren von Ball Nr. 1, im Würfelhintergrund ist die TG-Kurve aufgetragen
3)Bei 266 °C (rot) gemessenes Spektrum im Vergleich mit dem Bibliotheksspektren von di-n-octylphthalat (DOP, blau) und bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP, grün)

 

Ein zweiter Ball wurde unter den gleichen Messbedingungen untersucht. Ein Vergleich der beiden TG-Messungen ist in Abbildung 4 zu sehen. Ein deutlicher Unterschied wurde beim Pyrolyseverhalten beobachtet. Allerdings wurde auch für Ball Nr. 2 die erste Massen- verluststufe im Temperaturbereich zwischen 200 °C und 280 °C nachgewiesen, ebenfalls mit einem Peak in der DTG-Kurve bei 266 °C. Nur mittels TG-FT-IR ist es möglich, detaillierte Informationen über den enthaltenen Weichmachergehalt zu erhalten. Der Vergleich der bei 266 °C extrahierten FT-IR-Spektren für beide Ballproben zeigt ein völlig unterschiedliches Vibrationsmuster auf (siehe Abbildung 5). Der Vergleich der Spektren bei 266 °C von Ball Nr. 2 (blau) mit der Gasphasenbibliothek zeigt eine eindeutige Übereinstimmung mit dem Spektrum von Tributyl-Citrat (grün). Bei Ball Nr. 2 wurden die toxischen Phtphalat-Weichmacher durch ungiftigen Zitronensäureester ersetzt, der ebenfalls als Weichmacher wirkt.

4) Temperaturabhängige Massenänderung (TG) und Massenänderungsrate (DTG) von Ball Nr. 1 (grün) und Ball Nr. 2 (blau)
5) Gemessenes Spektrum von Ball Nr. 1 bei 266 °C (rot) und Ball Nr. 2 (blau) im Vergleich mit den Bibliotheksspektren von Tributylcitrat (grün)

Summary

Mit Hilfe der thermischen Analyse können Ausgasungs- und Zersetzungsvorgänge von Polymeren untersucht werden. Die Thermogravimetrie zeigt die Freisetzung von Gasen bereits unterhalb 300 °C. Für die Identifizierung der freigesetzten Gase ist jedoch nur die Emissionsgasanalyse mittels FT-IR hilfreich. In diesem Beispiel war es möglich, die unterschiedlichen eingesetzten Weichmacher zu identifizieren und somit zwischen toxischen und nicht toxischen Additiven zu unterscheiden. Die PERSEUS® TG 209 F1 Libra® eignet sich hervorragend dafür, diese Aufgabe zu bewältigen.