Reinheitsbestimmung von Nipagin mittels DSC

Einleitung

Reinheit und Qualität von Pharma- und Lebensmittelprodukten gehen Hand in Hand. Verunreinigungen können schädlich für den Organismus sein und den Wirkstoff in einer Rezeptur beeinträchtigen. Aus diesen Gründen ist eine Reinheitsbestimmung für Arzneimittel, Wirkstoffen in Kosmetika und Lebensmittelsubstanzen unerlässlich. 

Im vorliegenden Beispiel wurde die Reinheit von Nipagin untersucht. Dieses weiße Pulver ist auch unter dem chemischen Namen 4-Hydroxybenzoesäuremethylester (Abbildung 1) bekannt und wird in Kosmetika, Arznei- und Lebensmitteln als Konservierungsstoff mit der Bezeichnung E218 [1, 2 ] eingesetzt. 

In der ASTM E928-08 ist das Verfahren der Reinheitsbestimmung mittels DSC-Messungen beschrieben. Hier wird berücksichtigt, dass sich der „Schmelztemperaturbereich einer Substanz mit steigendem Verunreinigungsniveau erweitert“ [3]. Diese Methode kann auf Mischungen mit Verunreinigungen, die löslich in der Schmelze und unlöslich im Kristall sind – sogenannte eutektische Verunreinigungen – angewandt werden.

1) Chemische Formel von Nipagin (Methlyparaben)

Messbedingungen

Die Bedeutung des thermischen Widerstands – Zeitsparende Softwarelösung von NETZSCH 

Temperaturänderungen während einer DSC-Messung werden üblicherweise auf der Referenzseite gemessen. Die „echte“ Probentemperatur hängt von dem thermischen Widerstand zwischen Referenz- und Probentiegel, aber auch von der Enthalpie der in der Probe ablaufenden Vorgänge ab. Da die Kenntnis der korrekten Probentemperatur für die Reinheitsbestimmung eine wichtige Rolle spielt, muss der thermische Widerstand vor den Untersuchungen berücksichtigt werden. In der NETZSCH Proteus®-Software für DSC findet die Kalibrierung des thermischen Widerstands gleichzeitig mit der Temperatur- und Enthalpiekalibrierung statt, so dass die darauf zurückgreifenden DSC-Messungen automatisch die tatsächliche Probentemperatur zeigen. 

Messungen 

Vor den Messungen mit der DSC 204 F1 Phoenix® wurden die Concavus®-Aluminiumtiegel in Aceton gereinigt und zum Ausheizen kurz bis auf 425 °C erhitzt. Die Probe (2,12 mg) wurde hermetisch im Tiegel verschlossen und in der DSC-Zelle positioniert. Der Temperaturbereich der Messung sollte sorgfältig gewählt werden, da der Schmelzpunkt sich durch den Einfluss von Verunreinigungen zu niedrigeren Temperaturen hin verschieben kann. Auch muss ein Vorschmelzen in Betracht gezogen werden, das in sehr reinen Metallen zwar minimal ist, mit zunehmender Kontamination jedoch ansteigen kann.

Im ersten Segment wurde die Probe zunächst von Raumtemperatur bis 100 °C mit einer Heizrate von 20 K/min aufgeheizt. Anschließend wurde in einem zweiten Segment die Heizrate auf 0,7 K/min verringert und bis 130 °C die Temperatur weiter erhöht. Während des gesamten Experiments wurde die DSC-Zelle mit trockenem Stickstoff gespült.

Messergebnisse

Abbildung 2 zeigt den im zweiten Segment auftretenden Schmelzpeak, der – bestimmt über die extrapolierte Onset-Temperatur – bei 125,4 °C liegt und gut mit dem Literaturwert übereinstimmt (125,2 °C [1]). 

Reinheitsbestimmung nach van't Hoff 

Für die Reinheitsbestimmung wird die Van't Hoff-Gleichung, wie in Methode A der ASTM E928-08 beschrieben, angewandt:

TS: Probentemperatur [K]
T0: Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelztemperatur von reinem Nipagin [K]
R: Gaskonstante (= 8.314 J/mol-1·K-1)
X: Anteil (mol) der Verunreinigung
H: Schmelzwärme [J·mol-1], berechnet aus der Peakfläche
F: geschmolzener Anteil

Der Van’t Hoff-Plot ist eine grafische Darstellung der Daten für die Reinheitsbestimmung. Er vergleicht die gegenwärtigen Messdaten für 1/F (reziproker Wert des geschmolzenen Anteils des Peaks) mit der Temperatur, bei der dieser Schmelzanteil beobachtet wird. Diese Daten sind typischerweise nicht-linear; die Nicht-Linearität steigt mit abnehmender Reinheit. Die Abweichung von der Linearität wird durch das Vorschmelzen verursacht, das mittels DSC nicht detektiert werden kann. Weiterhin ist zu beachten, dass der Kurvenverlauf durch das Temperaturprogramm der DSC-Messung (z.B. beginnt es zu nahe am Schmelzpeak) und die Grenzwerte für die Berechnung der Peakfläche (z.B. linker Grenzwert zu nah am Schmelzpeak) beeinflusst wird. 

Zur Linearisierung der Kurve (TS=f(1/F)) berechnet die Software durch Hinzufügen eines Korrekturfaktors c zur gesamten Fläche und Teilfläche eine korrigierten Wert für F.

Zur Berechnung des mol%-Wertes muss das Molgewicht der zu untersuchenden Substanz vorgegeben werden.

Abbildung 3 stellt die beobachteten und korrigierten Daten (lineare Kurve) dar.

3) Reinheitsbestimmung von Nipagin, 1/F-Plot

Die Reinheit errechnet sich aus der Steigung der korrigierten linearen Daten. Der theoretische Schmelzpunkt (T melting pure in Abb. 3) entspricht dem Punkt 1/F=0. In diesem Beispiel wurde die Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelztemperatur von 100 % reinem Nipagin bei 126,063 °C ermittelt, die bestimmte Schmelztemperatur liegt bei 125,995 °C. Aus dem 1/F Plot berechnet die NETZSCH-Purity Software den Verunreinigungsgrad der gemessenen Nipagin- Probe zu 0,14 mol-%. 

Gemäß ASTM-Norm sind die Ergebnisse nur zuverlässig, wenn die angepassten Daten eine Linearität aufzeigen, das Reinheitsniveau höher als 98,5 % und der Korrekturfaktor c geringer als 20 % ist [3]. 

Um einen Massenverlust und damit die Freisetzung flüchtiger Bestandteile während der DSC-Messung ausschließen zu können, bietet es sich an, die Probe erneut nach der Messung zu wiegen. Bei einem Massenverlust wäre der detektierte endotherme Peak nicht alleine auf das Schmelzen zurückzuführen und damit würde die Auswertung des Peaks falsche Reinheitswerte verursachen.

Zusammenfassung

Die DSC-Methode bietet eine einfache Möglichkeit, um die Reinheit rein kristalliner Materialien zu bestimmen. Für die Reinheitsbestimmung wird der Schmelzpeak des zu untersuchenden Materials herangezogen. Die Verschiebung des Schmelzpunktes zu niedrigeren Temperaturen steht im direkten Verhältnis zu den Verunreinigungen. 

Voraussetzung für die Reinheitsbestimmung mittels DSC ist, dass die Verunreinigungen löslich in der Schmelze, jedoch unlöslich im Kristall sind. Ferner sollte für eine präzise Reinheitsbestimmung auch die Sublimation der Probe vermieden werden.

Literatur

  1. [1]
    https://toxnet.nlm.nih.gov/cgi-bin/sis/search2/r?dbs+hsdb:@term+@rn+99-76-3
  2. [2]
    https:/wikipedia.org./wiki/methylbaraben
  3. [3]
    ASTM E928-08, Standard Test Method for Purity by Differential Scanning Calorimetry