03.11.2022 von Aileen Sammler

60 Jahre NETZSCH-Gerätebau: Brandprüfung und Wärmeleitfähigkeit Made in Weimar

Aus dem Zusam­menschluss der TAURUS Instruments AG in Weimar und NETZSCH Analysieren und Prüfen im Jahr 2020 ging die heutige NETZSCH TAURUS Instruments GmbH hervor. Damit erweiterte der Geschäftsbereich Analysieren und Prüfen sein Produktsortiment neben der Prüfung der WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit und des Wärme­durchgangs auch um die umfassende Produktpalette zur Brandprüfung. Im Jubiläumsmonat November dreht sich alles um unsere Brandprüfgeräte und die Geschichte von NETZSCH TAURUS Instruments. 

Die TAURUS Geschichte

Wer dachte, dass sich TAURUS in Weimar schon immer mit Wärmeleitfähigkeit und Brandprüfung beschäftigte, liegt kräftig daneben. ;-)

Ende der 80er Jahre arbeiteten die Herren Stephan Heise und Steffen Zimmermann an der Deutschen Bauakademie, Institut für Baustoffe in Weimar im Bereich Elektrotechnik, wo sie sich bereits seit langem mit der Thematik Wärmeleitfähigkeit beschäftigten. Als 1989 die Wende kam, wurde der Bereich Elektrotechnik am Institut aufgelöst. Daraufhin schmiedeten beide Herren einen neuen Plan, das vorhandene Know-How über Thermoelemente in einer neuen Selbständigkeit zu verwirklichen.

Am 03.07.1990 erfolgte die Gründung der „Taurus Daten- und Messtechnik GmbH“ durch die Herren Heise und Zimmermann gemeinsam mit der ALLTEX Trade & Engineering GmbH, einem Handelsunternehmen mit Sitz in Frankfurt, mit dem beide Herren bereits viele Jahre im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Bauakademie zusammen arbeiteten. ALLTEX übernahm den Vertrieb für das neu gegründete Unternehmen.

Abbildung: Einer der ersten Flyer der Taurus Daten- und Messtechnik GmbH

Zur damaligen Zeit war der Markt für Wärmeleitfähigkeit und Messtechnik jedoch kaum vorhanden, sodass sich die neu gegründete Firma in den Anfangsjahren hauptsächlich mit dem Vertrieb, Aufbau und Service von Telefon- und Computeranlagen beschäftigten. Durch die gute Vernetzung von ALLTEX wurden bereits zu Beginn der Firmengründung viele neue Kunden akquiriert und Computertechnik in verschiedene Länder exportiert.

Foto: TAURUS Zeitungsannonce (90er)

TAURUS – der kraftvolle Stier 

Der Fantasiename „TAURUS“ entstand übrigens eines Abends am Weimarer Stammtisch. Stephan Heise verband „Taurus“ mit einem kraftvollen Stier, was gut zum neuen Unternehmensvorhaben passen sollte. Auch gibt es in der Türkei ein schönes Gebirge mit selbigem Namen. Mit Ergänzung der „Daten – und Messtechnik“ war die Namensfindung schnell abgeschlossen.

Im Jahr 1993 gingen erste Anfragen zu Geräten zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit im Unternehmen mit damals sechs Angestellten ein. Das vorhandene Technikwissen nutzte man, um neue Elektronik zu bauen, elektrische Geräte aller Art umzurüsten oder Elektronik nachzurüsten.

Nachdem Taurus zu Beginn Mieträume der Material-, Forschungs- und Prüfanstalt Weimar in der Amalienstraße bezog, erfolgte 1994 der Spatenstich zum Neubau eines eigenen Messgerätewerkes im heutigen Standort Industriepark Nord in Weimar. Das Unternehmen war mittlerweile auf 12 Mitarbeiter/innen angewachsen.
 

Foto: Zeitungsauschnitt von Oktober 1994: Der Umzug ins Gewerbegebiet Nord

Handmesssysteme für human- und veterinärmedizinische Diagnostik, Lebensmittel- und Hygieneuntersuchungen und Bioanalytik

Foto: Computergestütztes Partikelanalysegerät HAVER-CPA 03 zur sekundenschnellen Analyse von Korngrößen und Kornformen im Millimeterbereich

Neben Wärmedämmwert- und Datenerfassungssystemen sowie optischen Partikelanalysegeräten umfasste die TAURUS Produktpalette auch Handmesssysteme für human- und veterinärmedizinische Diagnostik, für Lebensmittel- und Hygieneuntersuchungen und Bioanalytik. 

Speziell die Partikelanalyse nahm in den Anfangsjahren einen großen Stellenwert ein: Gemeinsam mit Vertriebspartner Haver & Boecker, einem Maschinenfabrikant aus Oelde, wurde das von TAURUS gebaute computergestützte photo-optische Analysegerät erstmals auf der Messe ACHEMA in Frankfurt am Main im Jahre 1995 präsentiert.

Für das Handmessgerät „BioScan®“ erhielt TAURUS 1997 sogar den Thüringer Innovationspreis. Ziel des Messsystems war es, sogenannte „Tracer Tests“ auszuwerten, um beispielsweise den Hämoglobin-Wert im Blut zu testen oder Aids-Tests durchzuführen.

Durch die konsequente Forschung und Entwicklung innovativer Produkte konnten neue Instrumente für Forschungseinrichtungen und die Baustoffindustrie geschaffen werden. Damit wurde die TAURUS Daten- und Messtechnik GmbH zu einem führenden Anbieter von Produkten und Systemen für physikalische, bauphysikalische und bioanalytische Messaufgaben.

Foto: Bioscan Fluoroszenz-/Lumineszenzdetektor

Eigenentwicklung und Gerätebau auch im Bereich Brandprüfung

Die Gesellschaft für Materialforschung und Prüfungsanstalt für das Bauwesen Leipzig mbH (MFPA Leipzig), Prüfstelle Laue war der erste Kunde für ein Datenerfassungssystem zur Temperaturerfassung für Brände in Gebäuden. Im Dezember 1995 fand hierzu ein Großbrandversuch statt, den TAURUS mit Bravour meisterte und alle Daten unter echten Brandbedingungen erfasste.
 

Fotos: Großbrandversuch MFPA Leipzig – dokumentiert in der TAURUS Chronik

Erste Geräteserien für Wärmeleitfähigkeitsanalysen

1997 begann TAURUS, eigene Wärmeleitfähigkeitsgeräte zu bauen. Mit dem TLP 900 kam im Juni 1997 eine der ersten Geräteserien für Wärmeleitfähigkeitsanalysen an Werk-, Bau- und Dämmstoffen auf den Markt.

Photo: TLP 900 – today called the GHP product series

Im Jahre 2001 erweiterte das Unternehmen sein Produktportfolio um Brandprüfgeräte. Mit dem Single Burning Item (SBI) kam das erste eigens entwickelte TAURUS Brandprüfgerät auf den Markt. Es dient der Bestimmung des Brandverhaltens von Bauprodukten und Einordnung Europäischen Brandklassen gemäß Standard EN 13823. Das SBI wurde damals erstmalig von der Materialprüfanstalt Hannover eingesetzt. Noch heute ist es ein über die Jahre hinweg stetig verkauftes Produkt.

Es folgten der erste Kleinbrennkasten (KBK) sowie der Horizontalbrennkasten (HBK) im selben Jahr, beides Prüfeinrichtungen zur Entzündbarkeit von Produkten bzw. zur Bestimmung des Brennverhaltens von Werkstoffen bei direkter Flammeneinwirkung. Alle Geräte waren bereits damals normiert.

Foto: Horizontalbrennkasten HBK 919 zur Bestimmung des Brennverhaltens von Werkstoffen für die Kraftfahrzeug-Innenausstattung

In den Folgejahren entwickelte TAURUS weitere neue Brandprüfgeräte. Nachdem das Unternehmen produktionsseitig an seine Kapazitätsgrenzen stieß, erfolgte 2013 der Bau einer neuen Produktionshalle im Gewerbegebiet NORD.

Lesen Sie in der kommenden Woche über den Zusammenschluss von NETZSCH und TAURUS. Außerdem verraten wir Ihnen, warum die Nachfrage nach Brandversuchen speziell den Bereichen Automotive sowie in der Baustoff-, Kabel- und Kunststoffindustrie in den vergangenen Jahren weltweit stark gestiegen ist. Bleiben Sie dran!