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Mit dem Kinexus wird die Qualitätskontrolle von Schokolade zum Kinderspiel

Einleitung

Die Viskosität von Schokolade, d.h. ihr Widerstand gegen Fließen, ist entscheidend für deren Verarbeitung und Qualität. Sie beeinflusst auch das Mundgefühl des Verbrauchers. Damit ist Scherviskosität von Schokolade ein Hauptmerkmal für eine konstante Qualität und dient zur Optimierung industrieller Prozesse. Aus diesen Gründen ist die Schokoladenindustrie besonders auf Viskositätstests angewiesen. Um die Messung dieser wichtigen Eigenschaft zu standardisieren, hat das International Office of Cocoa, Chocolate, and Sugar Confectionery (IOCCC) im Jahr 2000 die Analysenmethode 46 aktualisiert [1]. Diese Methode fasst ein Protokoll zur Bestimmung der Viskosität von Schokolade und kakaohaltigen Produkten zusammen. Sie beschreibt detailliert die Probenvorbereitung und das Messverfahren, abgestimmt auf die verschiedenen Arten von Kakaoprodukten. 

Im Folgenden werden zwei Schokoladen (Vollmilch- und Zartbitterschokolade) mit dem Kinexus-Rotationsrheometer gemäß dieser SOP (Standard Operating Procedure) gemessen. Anschließend wird die Casson-Analyse auf die Kurven angewendet. Dabei handelt es sich um ein mathematisches Modell, das das Fließverhalten von Schokolade und insbesondere ihre Fließgrenze beschreibt. Dieser Wert ist z.B. für Pumpvorgänge in der Schokoladenindustrie relevant, da er die Mindestkraft darstellt, die erforderlich ist, um ein Fließen zu initiieren.

Das Casson-Modell wird zur Charakterisierung des Fließverhaltens von Flüssigkeiten mit Fließgrenze verwendet, wie z.B. Schokolade, Blut oder Druckfarben. Es wird ausgedrückt als:

σ: Schubspannung [Pa]
σ0: Casson-Schubspannung (die zur Auslösung des Fließens erforderliche Schubspannung [Pa])
k: Endscherviskosität (Viskosität bei hoher Scherrate [Pa·s])
· γ: Scherrate [s-1]

Messparameter

Jede Schokolade wurde bei 60 °C gelagert und manuell mit einem Spatel homogenisiert, bevor sie in die auf 40 °C gehaltene Geometrie eingebracht wurde. In Tabelle 1 sind die Messbedingungen zusammengefasst.

Tabelle 1: Messbedingungen

GerätKinexus Prime ultra+
TemperiermodulZylinder
TestRotation
GeometrieAußen- und Innenzylinder: 25 mm
Spalt9,15 mm
Temperatur40 °C
Scherrate
  • Vorscherung: 5 s-1 (15 min)
  • 2 bis 50 s-1, 10 Punkte pro Dekade
  • 50 bis 2 s-1, 10 Punkte pro Dekade

Ergebnisse und Diskussion

Abbildung 1 zeigt den Verlauf der Scherviskositätskurven für die Vollmilch- und Zartbitterschokolade bei Scherraten zwischen 2 und 50 s-1 (AUFWÄRTS, Kreise) und zwischen 50 und 2 s-1 (ABWÄRTS, Quadrate). Beide Proben zeigen ein scherverdünnendes Verhalten mit guter Übereinstimmung zwischen den Auf- und Abwärtsrampen: Die Scherviskosität nimmt mit steigender Scherrate ab. Dies ist für die Verarbeitung von Vorteil, da die Verringerung der Scherviskosität bei Scherraten, die für Prozesse wie das Pumpen erforderlich sind, den Fließwiderstand reduziert. Durch diese Eigenschaft ist der Transport der Schokolade durch die Rohre während der Herstellung einfacher, und der Energiebedarf wird reduziert.

1) Scherviskositätskurven der Vollmilch- und Zartbitterschokoladen

Die Zartbitterschokolade weist über den gesamten gemessenen Scherratenbereich eine höhere Scherviskosität als die Vollmilchschokolade auf. Dadurch eignet sie sich besser zum Überziehen, insbesondere bei Süßwaren, da hier eine gleichmäßige Schicht von entscheidender Bedeutung ist. Dabei ist die Scherviskosität ein wichtiger Faktor, um ein Tropfen oder ein Verlaufen der Schicht zu verhindern. 

Darüber hinaus ist diese Eigenschaft auch mit dem Mundgefühl des Verbrauchers verbunden: Je höher die Scherviskosität, desto cremiger wird die Schokolade empfunden.

Abbildungen 2 und 3 zeigen die Ergebnisse der Casson-Analyse für den Scherratenbereich zwischen 5 und 50 s-1 für Vollmilch- bzw. Zartbitterschokolade. Die Analyse erfolgt automatisch in der Mess- und Auswertesoftware rSpace unmittelbar nach Beendigung der Messung.

Sowohl die Aufwärts- als auch die Abwärtstabellen der Scherraten zeigen eine gute Korrelation zwischen den gemessenen Fließkurven und dem Casson-Modell. Die Fließgrenze der dunklen Schokolade ist viel höher als die der Milchschokolade, was bedeutet, dass das Pumpen schwieriger ist, d.h. eine höhere Kraft erfordert.

2) Vollmilchschokolade: Casson-Analyse für die Auf- und Abwärtstabellen der Scherraten zwischen 5 und 50 s-1
3) Zartbitterschokolade: Casson-Analyse für die Auf- und Abwärtstabellen der Scherrate zwischen 5 und 50 s-1

Überprüfung der Wiederholbarkeit: scherraten- und schubspannungsgeregelte Messungen

Eine zuverlässige Methode zur Überprüfung der Wiederholbarkeit der Messungen besteht darin, die Messungen entweder mit einer anderen Geometrie oder anderen Art der Regelung durchzuführen. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Scherviskosität bei einer bestimmten Temperatur und Scherrate einen absoluten Wert darstellt. Die ermittelte Scherviskosität ist dabei unabhängig von der verwendeten Geometrie. Somit muss bei einer Regelung der Scherrate oder der Schubspannung stets derselbe Wert ermittelt werden. 

Um dies zu veranschaulichen, wurde eine Messung an der Zartbitterschokolade auf nahezu die gleiche Weise durchgeführt. Der einzige Unterschied bestand darin, dass anstelle einer Auf- und Abwärtstabelle für die Scherrate eine Auf- und Abwärtstabelle für die Schubspannung verwendet wurde. Die Kurven in Abbildung 4 zeigen die gute Wiederholbarkeit der resultierenden Kurven.

4) Zartbitterschokolade: Scherraten- und schubspannungsgeregelte Messungen

Fazit

Das rheologische Modell von Casson wurde erfolgreich verwendet, um die Fließkurven verschiedener Schokoladenmassen zu konstruieren. Die erstellten Scherviskositätskurven sorgen nicht nur für eine konstante Qualität über verschiedene Chargen hinweg, sondern sie tragen auch dazu bei, das Verhalten der Schokolade während der Verarbeitung sowie das Mundgefühl vorherzusagen. Die Rheologie der Schokolade spielt eine entscheidende Rolle bei der Optimierung von Prozessen sowie bei der Gestaltung von Produkten. 

Die Sequenzen und die Auswertung der Casson-Analyse, die nach jeder Messung mit dem Kinexus Rotationsrheometer automatisch erfolgen, machen aus einer anfangs komplexen Methode eine Routinetätigkeit.

Literatur

  1. [1]
    International Office of Cocoa (IOC) (2000), Viscosity of cocoa and chocolate products, Analytical Method 46