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Kein Absetzen der Kräuter in Salatdressings: Das Rotationsrheometer Kinexus

Einleitung

Eine gebrauchsfertige Vinaigrette ist eine schnelle Alternative zum selbst gemachten Dressing für die Zubereitung eines Salats. In den Kühlregalen der Supermärkte findet sich eine Vielzahl solcher Produkte. Einige bestehen nicht nur aus den klassischen Zutaten Öl, Essig und Salz, sondern enthalten auch Kräuter. 

Neben dem Eigengeschmack spielt für den Kunden auch die Optik eine große Rolle bei der Auswahl des richtigen Produktes. Bei einer Kräutersoße vermittelt die Suspension den ersten Eindruck über die Qualität des Produktes, lange bevor das Dressing gekostet wird. Eine Vinaigrette mit Kräutern, die sich am Boden abgesetzt haben, sieht nicht so lecker aus wie eine Vinaigrette mit gleichmäßig verteilten Kräutern.

Ein Dressing mit Kräutern „in der Schwebe“ enthält Verdickungsmittel wie Xanthan oder Carrageen, die der Sauce eine Struktur verleihen. Diese Struktur ist notwendig, um ein Absetzen der Partikel zu verhindern.

Experimentelles

Die Rheologie ermöglicht die Vorhersage der Stabilität von Lebensmitteln indem ihre strukturellen Eigenschaften in Zahlen ausgedrückt werden. Im Folgenden werden die rheologischen Signale einer frischen und einer drei Jahre alten Salatsauce, die beide Kräuter enthalten, verglichen. Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, haben sich die Kräuter der abgelaufenen Vinaigrette alle am Flaschenboden abgesetzt.

1) Frisches (links) und abgelaufenes (rechts) Salatdressing

Messergebnisse

Abbildung 2 zeigt die Scherviskositätskurven von frischem und abgelaufenem Kräuterdressing. Im Bereich höherer Scherraten ähneln sich beide Kurven und spiegeln das scherverdünnende Verhalten der Dressings wider: Je höher die Scherrate, desto niedriger die Scherviskosität. In der Praxis bedeutet dies, dass sich die Sauce „flüssiger“ anfühlt, wenn sie schneller gerührt wird. Im Bereich niedriger Scherraten unterscheiden sich beide Produkte jedoch. Während die Scherviskosität des frischen Produktes mit abnehmender Scherrate zunimmt, erreicht sie beim abgelaufenen Produkt ein Newtonsches Plateau. Im ersten Fall weist die Probe eine Fließgrenze auf, d. h. sie erfordert eine Mindestbeanspruchung, bevor sie zu fließen beginnt. Dies ist typisch für Produkte mit einer Struktur, die die Sedimentation hemmen kann.

Im Gegensatz dazu weist das abgelaufene Produkt keine Fließgrenze auf, sondern ein Plateau mit einer Null-Scherviskosität, d. h. eine Scherviskosität im Ruhezustand. Aufgrund dieser fehlenden Fließgrenze kann die Soße die Partikel nicht mehr in der Schwebe halten: Sie setzen sich ab.

2) Scherviskositätskurven von frischem (blau) und abgelaufenem Salatdressing (rot). Geometrie Innen- und Außenzylinder 25 mm, Spalte 9,15 min, Temperatur 25 °C.

Die Fließgrenze oder wie sich Strukturen in Zahlen fassen lassen

Abbildung 3 zeigt die Scherviskositätskurve des frischen Salatdressings zusammen mit der Schubspannungskurve. Die Schubspannung nimmt zu niedrigeren Scherraten hin ab und erreicht tendenziell ein Plateau. Der extrapolierte Schubspannungswert in diesem Plateau entspricht der Fließgrenze und unter 0,2 Pa.

3) Frisches Dressing: Scherviskosität (rot) und Schubspannung (blau). Geometrie Innen- und Außenzylinder 25 mm, Spalte 9,15 min, Temperatur 25 °C.

Die Fließgrenze kann auch durch einen Kriechtest bestimmt werden. Dazu wurden 5-minütige Kriechmessungen bei gleicher Belastung mit einer Anfangsspannung von 0,01 Pa wiederholt, gefolgt von Tests mit um den Faktor 1,5 ansteigenden Spannungen. Die Temperatur der Tests betrug 25 °C. Abbildung 4 zeigt die resultierenden Kurven eines solchen Tests an der frischen Salatsauce. Bei 0,10 Pa und 0,15 Pa überlagern sich die Kurven und erreichen tendenziell ein Plateau. Die angewandte Schubspannung führt zu keinem Fließen. Bei höherer Schubspannung nimmt die Nachgiebigkeit mit der Zeit stärker zu. Die Fließgrenze kann als Wert zwischen 0,15 Pa (kein Fließen) und 0,23 Pa (erstes Schubspannungssegment, bei dem ein Fließen beobachtet wird) angegeben werden. Dies stimmt gut mit dem oben ermittelten Wert überein.

4) Frisches Dressing. Kriechtest bei unterschiedlichen Schubspannungen. Geometrie Innen- und Außenzylinder 25 mm, Spalte: 9,15 mm, Temperatur: 25 °C, stufenweiser Anstieg der Schubspannung.

Vorhersage von Stabilität und Lagerfähigkeit: Der Frequenzsweep

Die Stabilität einer Emulsion oder Suspension kann daneben auch anhand der Signale untersucht werden, die sich aus einem Frequenzsweep ergeben, insbesondere anhand des Phasenwinkels. Abbildung 5 zeigt die Phasenwinkelkurven der beiden Salatdressings während eines Frequenzsweeps bei 25 °C. Ein Anstieg des Phasenwinkels zu niedrigeren Frequenzen weist auf Instabilität hin (abgelaufene Probe, rote Kurve).

5) Phasenwinkel, gemessen während eines Frequenzsweeps des frischen (blau) und abgelaufenen Dressings (rot). Geometrie Innen- und Außenzylinder 25 mm, Spalt 9,15 mm, Temperatur: 25 °C, stufenweiser Anstieg der Schubspannung.

Kriechversuch und Nachgiebigkeit 

Während eines Kriechversuchs wird eine konstante Schubspannung angelegt und die daraus resultierenden Veränderungen in der Scherverformung gemessen. Die Nachgiebigkeit J [Pa-1] ist definiert als:

J = gemessene Scherverformung [%]/ angewandte Schubspannung [Pa]

Fazit

Die Stabilität einer Suspension hängt eng mit dem Vorhandensein einer Fließgrenze zusammen, die durch Rotations- oder Oszillationstests vorhergesagt werden kann. Sowohl die Form der Scherviskositätskurve zu niedrigeren Scherraten hin (Rotationsversuch) als auch die Form der Kurve des Phasenwinkels im Frequenzsweep zu niedrigen Frequenzen hin (Oszillationsversuch) zeigen an, ob eine Fließgrenze vorhanden ist oder nicht.

Die Fließgrenze kann durch die minimale Schubspannung in einer Scherviskositätskurve, durch den Phasenwinkel in einem Frequenzsweep oder durch einen Kriechversuch bestimmt werden.