Was sind alternative Proteine?
Pflanzliches Eiweiß ist seit Jahrhunderten Bestandteil der menschlichen Ernährung. Essbare Samen wie Bohnen, Linsen, Erbsen und deren Produkte sowie Ölsaaten wie Kürbis- und Sonnenblumenkerne sind Beispiele für traditionelle Proteinquellen [1]. Auf dem Markt der alternativen Eiweißquellen findet sich jedoch nicht nur pflanzliches Eiweiß: Algen, Mikroorganismen, kultiviertes Fleisch und Insekten werden ebenfalls als Proteinquellen betrachtet. Ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, ist ein langwieriger Prozess. Neben geeigneten funktionellen und organoleptischen Eigenschaften muss jeder Ersatz für tierisches Protein wirtschaftlich produziert werden können, um so die Verarbeitung und Rezeptierung zu ermöglichen [2].
Der verstärkte Einsatz alternativer Proteine wird durch drei Hauptfaktoren vorangetrieben: 1) Nachhaltigkeit in Anbetracht der Umweltauswirkungen der Tierhaltung, 2) Interesse an einer gesünderen Ernährung zur Vermeidung chronischer Krankheiten und 3) Bedenken hinsichtlich des Tierwohls. Das Konzept der alternativen Proteine ist daher eng mit der Nachhaltigkeit und den Umweltauswirkungen der Produktion verbunden. Darüber hinaus müssen bei der weltweiten Umsetzung dieses Konzepts die kulturellen und sozialen Verhaltensweisen der jeweiligen Bevölkerung berücksichtigt werden [2].
Was sind Proteine?
Proteine sind für verschiedene Funktionen in einer lebenden Zelle verantwortlich, darunter Transport, Struktur, Stoffwechsel und immunologische Aktivitäten. Es sind Makromoleküle, die aus 21 verschiedenen α-Aminosäuren aufgebaut sind. Die regelmäßige Wiederholung der Aminosäuresequenz führt dazu, dass die langen Ketten um sich selbst drehen und die Sekundärstruktur der Proteine bilden. Die räumliche Anordnung der Sekundärstrukturen begünstigt ihre Faltung in Tertiärstrukturen (dreidimensionale Strukturen), die dann in einem Proteinkomplex zusammenwirken und die Quartärstrukturen bilden. Die funktionelle Aktivität von Proteinen hängt von ihrer dreidimensionalen Konformation ab. Diese komplexe und empfindliche Struktur kann jedoch durch mechanische, chemische oder thermische Einflüsse beschädigt werden. Jede Konformationsänderung in der Proteinstruktur wird als Denaturierung bezeichnet. Je nachdem, wie das Protein verarbeitet wird, kann die Denaturierung vollständig und irreversibel sein.
Die Extraktion des Proteins aus seiner natürlichen Quelle und seine Reinigung beinhalten verschiedene mechanische, thermische und chemische Prozesse, die die Proteinstruktur zerstören können. Der Zustand des Proteins, d. h. nativ oder denaturiert, beeinflusst seine funktionellen Eigenschaften wie Löslichkeit, Emulgierbarkeit und die Fähigkeit, feste Strukturen wie Gele und Fasern zu bilden, und somit seine Verwendung als funktionelle Zutat in der Lebensmittelindustrie [3].
Thermische Charakterisierung von Proteinen
In der Literatur beschrieben wurde der Einsatz der dynamische Differenz-Kalorimetrie (DSC) zur Untersuchung der thermischen Eigenschaften von Lebensmittelbestandteilen, einschließlich Enthalpie- und Wärmekapazitätsänderungen, Glasübergängen und Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelztemperaturen, sowie der thermischen Stabilität von Proteinen, Kohlenhydraten und Lipiden [4, 5]. Bei Proteinen lieferte die Anwendung der klassischen Kalorimetrie wertvolle Informationen über den Einfluss von Konzentration, pH-Wert und Ionenstärke auf die Enthalpie der Proteindenaturierung. Die ergänzende thermogravimetrische Analyse (TGA) oder Thermogravimetrie (TG) kann zur Ermittlung des Wassergehaltes (Feuchtegehalt), der thermischen Stabilität bzw. Zersetzungstemperatur sowie der Mineralstoffkonzentration durch Bestimmung des Aschegehaltes dienen [6, 7].
In dieser Studie wurde die DSC zur Charakterisierung der Denaturierungstemperatur eines pflanzlichen Alternativproteins aus Sonnenblumenkernen eingesetzt. Helianthus annuus L. ist die kultivierte Sonnenblumenart. Der geschälte Samen besteht aus 47 bis 65 % Lipiden und 20 bis 40 % Proteinen und wird hauptsächlich als Speiseölquelle verwendet. Je nach den Bedingungen der Ölgewinnung enthält der als Sonnenblumenkuchen bezeichnete Rückstand nur denaturierte Proteine, die zur Anreicherung von Nahrungs- oder Futtermitteln genutzt werden. Das hier untersuchte Produkt soll nach Angaben des Herstellers leicht verarbeitet worden sein und einen Proteingehalt von 60 % aufweisen. Es ist zur Verwendung als Alternative zu tierischem Protein in Backwaren und Emulsionszubereitungen bestimmt [6]. Das Protein wurde in destilliertem Wasser bis zu einer Endkonzentration von 15 % (w/v*) dispergiert. Eine Probenmasse von 25 mg Dispersion, die 3,75 mg Protein enthielt, wurde in einem geschlossenen, kaltverschweißten Al-Tiegel analysiert, der einen geringen Überdruck standhalten kann, der während der Messung auftreten kann. Die Heizrate betrug 5 K/min; als Atmosphäre wurde Stickstoff gewählt (Tabelle 1). Der Wassergehalt und die Thermische StabilitätEin Material ist thermisch stabil, wenn es sich unter Temperatureinfluss nicht zersetzt. Eine Möglichkeit, die thermische Stabilität einer Substanz zu bestimmen ist die Verwendung eines TGA (thermogravimetrischer Analysator).thermische Stabilität dieses Proteins wurden mit Hilfe der Thermogravimetrie bestimmt. Dazu wurden Proben von 10 mg in offenen Aluminiumoxidtiegeln in Stickstoffatmosphäre analysiert.
*weight per volume
Tabelle 1: Messbedingungen
Methode | Proteinmasse | Tiegel | Heizrate | Atmosphäre |
---|---|---|---|---|
TG | 10 mg | Aluminiumoxid (Al2O3), Niederdrucktiegel, offen | 5 K/min | N2 (20 ml/min) |
DSC | 3,75 mg | Aluminium (Al), Niederdrucktiegel | 5 K/min | N2 (20 ml/min) |
Messergebnisse
Abbildung 1 zeigt die TG-Kurve des Sonnenblumenproteinextraktes unterhalb von 100 °C mit einem Massenverlust von ca. 5 %. In der Regel variiert der Feuchtigkeitsgehalt getrockneter Isolate je nach Proteinquelle zwischen 1,5 % und 7,6 % [7]. Das Vorhandensein von Wasser kann durch die Analyse der freigesetzten Gase, z. B. mittels FT-IR, bestätigt werden. Darüber hinaus ermöglicht die FT-IR-Analyse der entwickelten Gase auch die Identifizierung von Substanzen, die typischerweise bei der thermischen Zersetzung von Proteinen und Aminosäuren entstehen, wie z. B. H2O, CO2, NH3 (Ammoniak), H2S (Schwefelwasserstoff) und cyclische Verbindungen, die reich an Amid-, Carbonsäure- sowie primären und sekundären Aminbindungen sind [9]. Der thermische Abbau des Sonnenblumenproteins beginnt bei 206 °C (extrapolierte Onset-Temperatur).
Die Denaturierung eines Proteins ist ein endothermer Effekt, der dadurch hervorgerufen wird, dass durch die Entfaltung des Proteins die hydrophoben Gruppen mit dem wässrigen Medium in Kontakt kommen. Das Maximum des in der DSC-Kurve häufig beobachteten Wärmeabsorptionspeaks, der mit diesem Effekt in Verbindung steht, wird in der Literatur als Schmelz-/Übergangstemperatur (Tm) bezeichnet. Abhängig von den Eigenschaften des Proteins und des Mediums kann die thermische Denaturierung reversibel oder irreversibel sein [10]. Die Reversibilität der Denaturierung zeigt sich in der zweiten Aufheizung der DSC-Analyse, wenn die zweite Aufheizkurve der ersten ähnelt.

Die DSC-Analyse von Sonnenblumenprotein dokumentiert, dass die Denaturierung im Bereich von 91 °C bis 102 °C stattfindet, wobei Tm bei 98,9 °C liegt (grüne Kurve in Abbildung 2). Der Denaturierungsprozess ist irreversibel, da die zweite (lila) Aufheizkurve keinen endothermen Effekt mehr aufweist. Der Denaturierungstemperaturbereich entspricht dem Literaturwert von 99,7 °C [11].

Zusammenfassung
In dieser Studie wurde ein pflanzliches Protein thermisch charakterisiert, das als Alternative zu tierischem Protein für vegane Lebensmittelrezepturen vorgesehen ist. Um den Wassergehalt des getrockneten Sonnenblumenproteinextraktes zu bestimmen und seine Thermische StabilitätEin Material ist thermisch stabil, wenn es sich unter Temperatureinfluss nicht zersetzt. Eine Möglichkeit, die thermische Stabilität einer Substanz zu bestimmen ist die Verwendung eines TGA (thermogravimetrischer Analysator).thermische Stabilität zu beurteilen, wurde die thermogravimetrische Analyse verwendet. Die DSC kam zur Bestimmung der Übergangstemperatur und zum Nachweis von nativem Protein in der Probe zum Einsatz. Das DSC-Profil deutet darauf hin, dass die Verarbeitungsbedingungen mild genug waren, um das Protein zu erhalten, so dass es als funktionelle Lebensmittelzutat verwendet werden kann. Die Kombination von DSC und TG erwies sich als probates Mittel zur Bewertung der Effizienz des Extraktionsprozesses und des Potenzials des extrahierten Proteins für die industrielle Nutzung. Diese Techniken helfen auch bei der Charakterisierung von Lebensmittelbestandteilen und bei der Vorhersage der Haltbarkeit einzelner Inhaltsstoffe und Rezepturen.