Pasteurisierung
Pasteurisierung ist ein kontrolliertes, nicht sterilisierendes Konservierungsverfahren, das in erster Linie dazu dient, die mikrobielle Belastung und die enzymatische Aktivität von Lebensmitteln zu reduzieren, um das Risiko lebensmittelbedingter Erkrankungen zu minimieren und die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu verlängern. Die Pasteurisierung kann durch nicht-thermische Techniken wie Hochdruckbehandlung (HPP) und gepulstes elektrisches Feld (PEF) erfolgen. Diese Verfahren wurden in jüngster Zeit entwickelt, um der steigenden Nachfrage nach frischeren, möglichst wenig verarbeiteten Lebensmitteln gerecht zu werden [1].
Bei den herkömmlichen Pasteurisierungsverfahren werden die Lebensmittel über einen bestimmten Zeitraum mild erhitzt. Die angewandte Aufheizung muss ausreichen, um pathogene Mikroorganismen und Verderbniserreger zu inaktivieren, während die organoleptischen, ernährungsphysiologischen und funktionellen Eigenschaften der Produkte weitgehend erhalten bleiben. Zu den klassischen thermischen Pasteurisierungsverfahren gehören [2]:
- Charge (Vat)- oder Niedrigtemperatur (LTLT): Erhitzen auf 65 °C für 30 Minuten.
- Hochtemperatur-Kurzzeit (HTST): Erhitzen auf 72 °C für 15 Sekunden.
- Ultra-Pasteurisierung: Erhitzen auf 89 bis 100 °C für 1 Sekunde.
- Ultrahohe Pasteurisierung: Erhitzen auf 138 °C für 2 Sekunden.
Die Wärmebehandlung kann jedoch auch nachteilige Auswirkungen auf das Lebensmittel haben, z. B. Farbveränderung durch Wasserverdampfung oder Maillard-Reaktion1, teilweiser Nährwertverlust oder Denaturierung von Proteinen. Letzteres ist besonders wichtig, wenn das pasteurisierte Erzeugnis als funktionelle Zutat in einem Lebensmittel verwendet wird. Die Denaturierung von Proteinen kann die Löslichkeit, das Emulgiervermögen und die Geliereigenschaften beeinträchtigen. Bei der Wahl des Pasteurisationsverfahrens muss daher die mikrobielle Sicherheit mit der gewünschten sensorischen, ernährungsphysiologischen und funktionellen Qualität des Lebensmittels in Einklang gebracht werden.
Kinetics Neo ist ein Software-Tool, das für die kinetische Analyse von temperaturabhängigen chemischen Prozessen spezialisiert ist. Diese Prozesse können u.a. Massenänderungen, Enthalpie, Zersetzung und KristallisationAls Kristallisation bezeichnet man den physikalischen Vorgang der Verhärtung bei der Bildung und beim Wachstum von Kristallen. Bei diesem Prozess wird Kristallisationswärme frei.Kristallisation umfassen. Die Software unterstützt sowohl modellfreie als auch modellbasierte kinetische Analysen.
Beim modellbasierten Ansatz ermöglicht Kinetics Neo eine detaillierte Charakterisierung der einzelnen Reaktionsschritte und liefert kritische kinetische Parameter wie Aktivierungsenergie, Reaktionsordnung und den quantitativen Beitrag jedes Schritts zum Gesamtprozess. Diese umfassende Analyse erlaubt präzise Vorhersagen des Reaktionsverhaltens bei nicht gemessenen oder experimentell nicht zugänglichen Temperaturprofilen. Dazu gehört auch die Vorhersage des Denaturierungsgrades des Proteins, hier Umwandlung (engl. conversion) genannt, nach einer bestimmten Zeit der Einwirkung verschiedener Temperaturen, wie im Folgenden diskutiert.
1Die Maillard-Reaktion beschreibt eine nicht-enzymatische Bräunungsreaktion, bei der freie Aminogruppen mit reduzierenden Verbindungen, wie z.B. Zuckern, reagieren. Die Maillard-Reaktion ist für die Bräunung und die Entwicklung von Aromen bei verschiedenen Garprozessen verantwortlich.
Vorhersage der Denaturierung von Proteinen
Der Einfluss der Pasteurisierung auf die Extraktion von Hefeprotein wurde mit einer DSC 300 Caliris® und der Software NETZSCH Kinetics Neo untersucht.
Das Hefeprotein wurde in destilliertem Wasser mit einer Endkonzentration von 15 % (w/v2) dispergiert. Eine Probenmasse von 25 mg Dispersion, entsprechend 3,75 mg Protein, wurde in Niederdruck3-Aluminiumtiegeln unter Stickstoffgasatmosphäre mit einer Aufheizrate von 5 K/min zwischen 0 °C und 140 °C analysiert. Die Denaturierung des Hefeproteins findet im Bereich von 44 °C bis 78 °C statt, wie die erste Aufheizkurve (grün) in Abbildung 1 zeigt. Der endotherme Effekt ist breit und weist zwei Maxima auf, ein Hinweis,. darauf dass die Probe eine Mischung von Proteinen enthält, wie es bei einer Proteinextraktion zu erwarten ist. Die zweite Aufheizkurve (schwarz) zeigt keinerlei thermische Effekte, was darauf hinweist, dass die Denaturierung irreversibel ist.
Die Abhängigkeit der Denaturierung von der Heizrate ermöglicht die Auswertung des Prozesses mit Hilfe der NETZSCH Kinetics Neo Software. Zu diesem Zweck wurden DSC-Kurven bei verschiedenen Heizraten von 5 K/min, 20 K/min und 50 K/min aufgenommen. Es wurden unterschiedliche kinetische Modelle getestet, um die beste Anpassung zu finden. Die beiden besten Ergebnisse lieferten die Friedman-Analyse und das dreistufige kinetische Modell mit Korrelationskoeffizienten von 0,9988 bzw. 0,9989; siehe Abbildung 2.
2Gewicht pro Volumen
3Niederdrucktiegel bestehen aus Aluminium, die einem sich aufbauenden, leichten Überdruck während der Messung standhalten.


Die erhaltenen DSC-Ergebnisse wurden herangezogen, um die Denaturierung des Proteins bei vier verschiedenen in der Literatur beschriebenen Pasteurisierungstemperaturen vorherzusagen [2]. Gemäß der Vorhersage, der Friedmann-Analyse (hier nicht gezeigt) und des in Abbildung 2 dreistufige Kinetikmodells sind 3 der 4 getesteten Pasteurisierungsmethoden für dieses Produkt nicht anwendbar; siehe Abbildung 3.

Die Batch-Methode (Vat) würde zu einer 90 %igen Umwandlung nach 3-minütiger Aufheizung führen, was nur 10 % der empfohlenen Gesamtzeit entspricht. Die UHT-Methode wäre ebenfalls zu hart; nach 1 s bei 138 °C würde der Gesamtgehalt an nativem Protein nur noch 10 % betragen. Bei der HTST-Methode wären immer noch 27 % des Gesamtproteingehalts denaturiert.
Nur die Ultrapasteurisierung würde akzeptable Umwandlungsraten ergeben: 7 % Umwandlung nach 1 s bei 95 °C.
Validierung der Ergebnisse
Zur Validierung des mit Kinetics Neo berechneten kinetischen Modells zur Vorhersage des Denaturierungsverhaltens unter isothermen Bedingungen wurde eine Hefeproteinprobe von 25 mg, entsprechend 3,75 mg Protein, auf 65 °C aufgeheizt und anschließend 20 Minuten IsothermUntersuchungen bei geregelter und konstanter Temperatur werden als isotherm bezeichnet.isotherm gehalten. Abbildung 4 vergleicht den endothermen Effekt, der durch Messung ermittelt wurde, mit dem der Vorhersage (Kinetics Neo). Der Vergleich zeigt die gute Übereinstimmung der beiden Kurven und damit die Zuverlässigkeit der Berechnung.

Zusammenfassung
Basierend auf diesen Ergebnissen wurde ein Verarbeitungsfenster für die Pasteurisierung von Proteinprodukten für die Lebensmittelindustrie gefunden. Kinetics Neo bietet die Möglichkeit, ein mathematisches Modell zu entwickeln, das das experimentelle Verhalten der Proben während der thermischen Behandlung genau wiedergibt. Dieser Ansatz vereinfacht den Prozess der Identifizierung des vielversprechendsten Temperaturprofils und macht zeitaufwändige Trial-and-Error-Methoden überflüssig.