07.09.2022 von Aileen Sammler

60 Jahre NETZSCH-Gerätebau: Die Geschichte der Laser Flash Apparatur

Seit Jahresbeginn feiert die NETZSCH-Gerätebau GmbH ihr 60-jähriges Firmenjubiläum. Im Rahmen unseres Geburtstages stellen wir Ihnen jeden Monat eines unserer Analysegeräte vor und beleuchten dessen Entwicklung über die Jahrzehnte. Im Monat September widmen wir uns den Laser/Light Flash Analysatoren, kurz LFAs. 

Wärme- und Temperaturleitfähigkeit gehören zu den wichtigsten thermophysikalischen Materialparameter für die Beschreibung der Wärmetransporteigenschaften eines Werkstoffes oder Bauteils. Für die exakte Messung der TemperaturleitfähigkeitDie Temperaturleitfähigkeit (a mit der Einheit mm2/s) ist eine materialabhängige Stoffeigenschaft zur Charakterisierung des instationären Wärmetransports. Sie gibt an, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert.Temperaturleitfähigkeit hat sich die Laser/Light Flash-Apparatur (LFA) als vielseitige und genaue Technik durchgesetzt: Die Vorderseite einer dünnen, scheibenförmigen Probe wird mit einem kurzen Laser- oder Lichtpuls erwärmt. Mit einem Infrarotdetektor misst man den zeitlichen Verlauf des resultierenden Temperaturanstiegs auf der Probenrückseite. Aus diesem Verlauf lässt sich die TemperaturleitfähigkeitDie Temperaturleitfähigkeit (a mit der Einheit mm2/s) ist eine materialabhängige Stoffeigenschaft zur Charakterisierung des instationären Wärmetransports. Sie gibt an, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert.Temperaturleitfähigkeit bestimmen.

Prinzip der NETZSCH LFA 427

Die Laser- oder Lichtblitzmethode geht auf Untersuchungen von Parker et al. aus dem Jahr 1961 zurück. Deren damaliges Zitat bringt die Vorteile dieser Methode auf den Punkt: “Die Eleganz der Methode liegt in dem Effekt, dass eine normalerweise mühsame Messung von thermischen Parametern – wie absolute Temperatur und/oder Wärmemenge –  durch eine genauere, direkte und schnelle Messung der Zeit und des relativen Temperaturanstiegs ersetzt wird.” [Parker et al (1961)]

 

Kooperationsvertrag mit dem Kernforschungszentrum Karlsruhe

Die Messung der Temperaturleitfähigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur wurde bereits in den 80er Jahren immer wichtiger. Kennt man die Temperaturleitfähigkeit eines Materials oder Werkstückes, so kann man, die Kenntnis der DichteDie Massen-Dichte ist definiert als Verhältnis zwischen Masse und Volumen.Dichte und der spezifischen Wärme vorausgesetzt, die WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit berechnen. Diese Bestimmung der WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit, vor allem in Abhängigkeit von der Temperatur, war deswegen so wichtig, weil dadurch erst die Dimensionierung von Computeraufbauten, Reaktionskesseln in der chemischen Produktion, Flugzeugmotoren, Triebwerken etc. berechnet werden konnte. Auch für die Gießtechnologie von Metallen spielt die Wärmeleitfähigkeit nach wie vor eine bedeutende Rolle.

Alle existierenden Geräte waren zur damaligen Zeit offene Systeme, d.h. der Laser stand frei. Das System war horizontal angeordnet, sodass Proben senkrecht hingestellt werden mussten. Schutzräume und Laserbrille waren entsprechend unerlässlich.

Das erste geschlossene System kommt auf den Markt

So kam es, dass im Oktober 1989 zwischen der Koordinationsstelle Technologietransfer des Kernforschungszentrum Karlsruhe GmbH und der NETZSCH-Gerätebau GmbH ein Kooperationsvertrag vereinbart wurde, um gemeinsam eine neuartige Apparatur zur Bestimmung der Temperaturleitfähigkeit, eine sogenannte Laser Flash Apparatur, zu entwickeln. Das Institut für Materialforschung am Kernforschungszentrum besaß das Know-how bezüglich dieser Messtechnik sowie speziell auch auf dem Gebiet Sensoren und Laser; NETZSCH-Gerätebau verfügte über die entsprechenden Kapazitäten im Bereich Feinmechanik, Regelungs-, Steuerungs- und Messtechnik sowie Ofenbau.

Aus diesem gebündelten Wissen und der Erfahrung der vergangenen 30 Jahre resultierte die erste geschlossene Laser Flash-Apparatur LFA 427, die nach einer knapp dreijährigen Entwicklungszeit im Jahre 1992 auf den Markt kam. Sie deckte den Temperaturbereich von 20 °C bis 2000 °C ab.

Foto links: NETZSCH LFA 427, mittig: der 1. Probenhalter der LFA 427, rechts: Laseranordnung im Unterschrank der ersten LFA

 

Das komplette Gerät bestand im Wesentlichen aus einer Probenhalterung, einem Ofensystem mit evakuierbarem Innenraum, einem Laser, der im Impulsbetrieb arbeitete, einem Temperatursensorsystem und der entsprechenden Elektronik für Regelung, Leistungsversorgung und Datenerfassung. Ein – für damalige Verhältnisse – schneller PC verarbeitete die Daten und sorgte für eine gefällige grafische Darstellung. Die LFA 427 war eine brillante Neuentwicklung, die als völlig geschlossenes System erstmals auf den Weltmarkt kam und bis heute große Erfolge feiert.

Auszug “GIT Labor-Fachzeitschrift” von 1993

 

Von da an konnten Apparaturen im Labor ohne Schutzmaßnahmen gegen Laserlicht aufgestellt werden. Auch die Probenanordnung wurde wesentlich vereinfacht: Da der Laser nun senkrecht angeordnet war, konnte die Probe einfach auf Probenkörper gelegt werden, was noch dazu weniger Wärmeverlust an die Halterung bedeutete.

 

Foto: Die allererste LFA 427-Apparatur aus dem Jahr 1993, bestehend aus Gesamtapparatur, Tragrohr mit Probenhalter aus Graphit und Laser im Unterschrank

 

Ludwig Hagemann, heute 85 Jahre jung, hat kürzlich extra einen alten DELL-Laptop mit Windows ME -2000 und Diskettenlaufwerk aktiviert und eine Harvard-Graphics 3.0 installiert mit CorelDRAW 4 und WORD 97, um die alten LFA-Prospektdateien wiederherzustellen. Herr Hagemann arbeitete 1991 bis 1999 als Applikationsspezialist bei NETZSCH, bevor er in den wohlverdienten Ruhestand ging. Die LFA war sein „Baby“. Vielen Dank an Herrn Hagemann, der uns einige historische Materialien zur Verfügung gestellt hat.

 

Foto aus den 90er: LFA-Experte Ludwig Hagemann im damaligen Labor

LFA in der Nuklearforschung

Die Laser Flash Apparaturen kamen und kommen u.a. in Bereichen der Nuklearforschung zum Einsatz, denn das Wissen um die thermischen Eigenschaften der verwendeten Materialien ist speziell in diesen Bereichen ein essentieller Sicherheitsfaktor.

Foto: Eine LFA 427 Hot Cell Version wird über einen Kran verladen und für den Transport zu einem Kunden in Sellafield, England vorbereitet. Die LFA wurde von Ludwig Hagemann in einer heißen Zelle eingebaut; Laserversorgung und Elektronik außerhalb der Zelle.

LFA Anwendertreffen

In den Jahren 1995, 1997 und 1999 fanden erste LFA-Anwendertreffen statt, bei denen sich bereits Experten mit NETZSCH-Experten trafen, um Anwendungsbeispiele und neueste Entwicklungen zu diskutierten sowie neue Zubehöre kennenzulernen. Diese Anwendertreffen leitete der damalige Laborleiter Dr. Jack Henderson.

Foto: 1. Anwendertreffen im Mai 1995 in Selb (2. von links: Ludwig Hagemann, 3. von links: Dr. Jürgen Blumm; rechts hinten: Dr. Jack Henderson)

Nächste Woche erfahren Sie mehr über die Entwicklung der Niedertemperatur-LFA, die neuen Produkte NanoFlash und MicroFlash®® sowie die erste LFA mit Xenon-Lichtquelle bis 1250°C. Bleiben Sie dran!