04.04.2022 von Jürgen Zöller, Aileen Sammler

60 Jahre NETZSCH-Gerätebau GmbH: Geburt & Historie der NETZSCH-Thermowaage

Die thermogravimetrische Analyse (TG/TGA) ist eine Methode der thermischen Analyse, die zur Messung von Massenänderungen in Abhängigkeit von der Temperatur oder Zeit eingesetzt wird. Unser langjähriger Vertriebsmitarbeiter Jürgen Zöller lässt die Entwicklungsgeschichte der TG für Sie erneut aufleben.

In den Monaten Januar, Februar und März stellten wir Ihnen die Entwicklung der Dilatometer, der Simultanen Thermischen Analyse und unserer Kopplungssysteme vor. Im April dreht sich alles um die Thermogravimetrie, kurz TG bzw. TGA.

Die thermogravimetrische Analyse (TGA) ist eine Methode der thermischen Analyse, die zur Messung von Massenänderungen in Abhängigkeit von der Temperatur oder Zeit eingesetzt wird. Damit erhält man beispielsweise Informationen sowohl über Absorption als auch Desorption, Thermische StabilitätEin Material ist thermisch stabil, wenn es sich unter Temperatureinfluss nicht zersetzt. Eine Möglichkeit, die thermische Stabilität einer Substanz zu bestimmen ist die Verwendung eines TGA (thermogravimetrischer Analysator).thermische Stabilität, Korrosionsbeständigkeit, Weichmacher-, Ruß- und AschegehaltAsche ist ein Maß für den Mineraloxidgehalt basierend auf dem Gewicht. Die thermogravimetrische Analyse (TGA) in oxidativer Atmosphäre ist eine bewährte Methode zur Bestimmung des anorganischen Rückstands, allgemein als Asche bezeichnet, in organischen Materialien wie Polymere, Kautschuke usw. Mittels TG-Messung lässt sich charakterisieren, ob ein Material gefüllt ist, und der gesamte Füllstoffgehalt kann berechnet werden.Aschegehalt, Additive und Lösungsmittelreste.

Unser langjähriger Vertriebsmitarbeiter Jürgen Zöller lässt die Entwicklungsgeschichte der TG für Sie erneut aufleben.

Jürgen Zöller über sich: „Ich bin bereits kurz nach Beendigung meines Studiums als Diplom-Ingenieur Physik im Jahre 1987 in der NETZSCH Vertriebs-Gesellschaft NVG 6 in Hanau (Klein-Auheim) für den Vertrieb der Firma NETZSCH-Gerätebau GmbH, Selb eingestellt worden. Nach einer „Grundausbildung“ für Thermische Analyse in Selb und einigen weiteren Lehrgängen im Labor und technischen Verkauf startete ich den Vertrieb für NETZSCH-Gerätebau GmbH und war für fast die gesamte Bundesrepublik Deutschland (Hannover bis Bodensee) zuständig. Heute, nach fast 35 Jahren bin ich Senior-Sales Manager für Deutschland Süd-West und arbeite seit 2001 in einem Sales-Büro in Seligenstadt. Ich bin 62 Jahre, fast verheiratet, begeisterter Chorsänger, Schafkopf-Spieler und widme mich seit 40 Jahren ausgiebig dem Seligenstädter Fastnachts-Treiben.“

Bilder: Wo gearbeitet wird, muss auch gefeiert werden: links: Jürgen Zöller mit Freund und ehemaligem Kollege Erwin Kaisersberger auf dem Selber Wiesenfest; rechts: Jürgen Zöller mit seiner Verlobten Hanni bei einem „kleinen“ Fastnachtsumzug

Die Thermogravimetrie oder einfach: Thermowaage

Wie das Dilatometer ist auch die NETZSCH-Thermowaage älter als die NETZSCH-Gerätebau GmbH selbst, deren 60-jähriges Jubiläum wir in 2022 feiern. Die Thermogravimetrie ist die dritte und letzte Säule der „Big Three“ in den Aufbruchjahren der Thermischen Analyse:

Dilatometrie (DIL)     –     Differenz-Thermo-Analyse (DTA)     –     Thermogravimetrie (TG)

Auch die allererste Thermowaage von NETZSCH erblickte das Licht der Welt im Jahre 1959, und ebenfalls noch im keramischem Labor der Maschinenfabrik Gebrüder NETZSCH, Selb.

Modell der ersten NETZSCH Thermowaage TG 409 aus dem Jahre 1959
Klassischer TG- Probenträger Typ S (Pt/Rh-Thermoelement) mit flachem Tiegel (Al2O3)

Eine Thermowaage soll, wie ihr Name sagt, wiegen, und das möglichst unter verschiedensten Temperaturen. Und – sonst wäre es keine NETZSCH-Waage – auch unter sehr hohen Temperaturen. So konnte bereits die erste Thermowaage von Raumtemperatur bis 1550 °C messen.

Eine NETZSCH-TG wäre, das gilt bis heute, keine NETZSCH, hätte sie nicht ein oberschaliges Wägesystem, wie man es aus dem normalen Alltag von Küchen- oder Personenwaagen kennt. Und das ist ebenso einfach wie genial! Der sogenannte TG- Probenträger (siehe Bild) sitzt auf einem thermostatisierten und gasspülbaren Wägesystem. Der Tiegel mit dem Probenmaterial ragt mittels einem Trägerstab aus Al2O3 in einen sich darüber gestülpten Ofen, den man einem definierten Temperaturprogramm unterzieht.

Höchste Präzision und aus 1 mach 2: TG wird zu STA

An dieser Stelle schließt sich, untrennbar verbunden mit den Thermowaagen von NETZSCH, quasi eine zweite Erfolgsgeschichte an, die den Aufstieg der NETZSCH-Thermowaagen vom ersten Tag begleitet hat.

Sämtliche TG-Geräte, die das Haus NETZSCH seit 1959 bis heute verlassen haben, besitzen als „Herzstück“ ein angepasstes Wägesystem der Firma SARTORIUS, Göttingen. Auch, wenn die damaligen Anlagen, wie schon bei DIL und DTA, nur mit Punkt- und Nadeldruck- Schreiber funktionierten, hatten die besten Waagen in den 70er und 80er Jahren bereits eine Standardabweichung von ± 0,03 mg und eine Ablesbarkeit von 20 µg/ mm (Papier). Die maximale Einwaage betrug schon damals 15 g, auch wenn man sich gerne und meistens auf 50 bis 100 mg Probenmasse beschränkte.

Die Thermowaagen TG 409/419/429 entwickelten sich rasant weiter und wurden, nachdem sie Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre mit der bereits vorhandenen DTA 404 „verheiratet“ wurden, zu einem der ersten STA-Geräte auf dem Markt, und damit auch zur vermutlich größten Erfolgsstory in der Geschichte von NETZSCH-Gerätebau.

Fotos: TG/STA 409 von 1976 mit Elektronik und Mehr-Kanal-Punkt-Drucker + Probenträgersysteme

Das oberschalige Wägesystem von NETZSCH bestach durch wesentlich mehr Vor- als Nachteile und hat sich auf dem Weltmarkt bei unseren fachkundigen Anwendern gegenüber den horizontalen und erst recht gegen hängende Systeme, meist erfolgreich durchgesetzt.

Keine Regel ohne Ausnahme

Als sich die Thermogravimetrie Mitte der 80er Jahre noch mit Messgeräten mit Auflösungen von 2, 5 oder gar 10 µg zufriedengab, häuften sich die Anfragen nach höherer Präzision, besserer Auflösung und weniger Korrektur des TG-Signals.

Um der 1987 vermutlich besten Analysenwaage von Sartorius, die bereits mit 0,1 µg Auflösung daherkam, Rechnung zu tragen, überlegten sich unsere Mitarbeiter, wie Herr Dr. Wolf-Dieter-Emmerich (damaliger Geschäftsführer), Herr Dipl.-Ing. Martin Schmidt (damaliger Prokurist), oder auch der damalige Entwicklungsleiter Herr Dipl.-Ing. Gerhard Bräuer, eine symmetrische und praktisch “doppelt hängende“ Thermowaage zu bauen. Die NETZSCH Mikrowaage TG 439 mit Doppel-Platin-Ofensystem war geboren!

Foto: NETZSCH TG 439 Mikrowaage mit 0,1 µg & 100 K/min Heizrate

Diese Thermowaage wurde ab 1987 bis Ende der 90er in geringer Auflage für exklusive Kunden gebaut, die solche kleinen Gewichtsänderungen messen mussten und sehr zufrieden waren, dass durch die Symmetrie der Balkenwaage und der zwei Öfen für Proben- und Referenzseite keinerlei Auftriebskorrektur vorzunehmen war.

Sehen Sie hier das damalige TG 439 Prospekt aus dem Jahre 1987.

Foto: Hochtemperatur-400er Serie: DSC404, DIL-STA409 und TG439

Lesen Sie hier einen Artikel zur TG 439 der Kundenzeitschrift Onset aus dem Jahre 1991. (Englische Sprache)

Weitere spannende Informationen rund um die TG, deren Vorteile und eine außergewöhnliche Zeichnung gibt es in der kommenden Woche. ?