21.07.2022 von Christina Strunz, Michael Düngfelder

60 Jahre NETZSCH-Gerätebau GmbH: NETZSCH als Partner im NRG STORAGE Projekt

Allein in der europäischen Union entfallen rund 50 % des Energieverbrauchs auf die Beheizung und Klimatisierung in Industrie und Gebäuden. In Anbetracht der Zielsetzung der EU, bis zum Jahr 2050 kohlenstoffneutral zu werden, sind im Wärme- und Kältesektor dringend große Fortschritte bei der Energieeffizienz, der Nachhaltigkeit von Gebäuden und der Verringerung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe erforderlich. Durch die Mitarbeit im NRG-STORAGE Projekt beteiligt sich NETZSCH aktiv an der Erreichung dieser Zielsetzung.

Wie im vorherigen Artikel beschrieben, ist die HFM 446 Lambda Eco-Line für die Charakterisierung von Dämmstoffen nahezu unverzichtbar. Die Geräte sind täglich bei unseren Kunden weltweit im Einsatz. Gleichzeitig sind auch die HFM 446 Lambda-Geräte in unserem NETZSCH Applikationslabor und F&E-Räumlichkeiten nicht nur regional sondern auch global von Bedeutung, wie wir im Folgenden aufzeigen möchten.

Allein in der europäischen Union entfallen rund 50 % des Energieverbrauchs auf die Beheizung und Klimatisierung in Industrie und Gebäuden. Diese stellen somit den wichtigsten Energieverbrauchssektor dar, führend vor Verkehr und Elektrizität. Dieses Phänomen lässt sich auf verschiedene Entwicklungen zurückführen, wie beispielsweise die wachsende Weltbevölkerung, steigende Lebensstandards und das kontinuierliche Streben nach ständiger Gewährleistung eines aktiven thermischen Komforts in Innenräumen. In Anbetracht der Zielsetzung der EU, bis zum Jahr 2050 kohlenstoffneutral zu werden, sind im Wärme- und Kältesektor dringend große Fortschritte bei der Energieeffizienz, der Nachhaltigkeit von Gebäuden und der Verringerung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe erforderlich.[1][2][3]

Durch die Mitarbeit im NRG-STORAGE Projekt beteiligt sich NETZSCH aktiv an der Erreichung dieser Zielsetzung. Im Rahmen des, durch die EU geförderten, Projekts kommt das HFM 446 Lambda Medium zum Einsatz, um einen neuen Gebäudedämmstoff zu entwickeln. Unter der Projektleitung der Technischen Universität Darmstadt arbeiten 13 europäische Partner sowie ein weiterer aus Argentinien an der Entwicklung eines Zementschaums mit eingebetteten biobasierten Phasenwechselmaterialien (engl. phase change material, PCM) und Graphen-Oxid-Partikeln.

 

Dieser Verbundschaum soll 25 % höhere Dämmkapazität, eine um 10 % erhöhte Energiespeicherkapazität und eine um 10 % höhere Wasser- und Luftdichtheit aufweisen als herkömmliche Dämmaterialien.
Das Projekt ist in sechs Arbeitspakete unterteilt. Das erste Arbeitspaket konzentriert sich auf die Charakterisierung aller Komponenten im Einzelnen sowie auf Zementpastenebene. Hier bei NETZSCH wird das thermische Verhalten, beispielsweise die Wärmespeicherkapazität sowie die Schmelzbereiche der Phasenwechselmaterialien über DSC (Differential Scanning Calorimetry) sowie die TemperaturleitfähigkeitDie Temperaturleitfähigkeit (a mit der Einheit mm2/s) ist eine materialabhängige Stoffeigenschaft zur Charakterisierung des instationären Wärmetransports. Sie gibt an, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert.Temperaturleitfähigkeit anhand der Laser Flash Methode (LFA) ermittelt. Die hierfür erforderlichen Probenmengen liegen im Milligrammbereich.

Abbildung 1: Zementschaumproben des NRG-Storage Projekts zur Bestimmung der WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit mittels HFM

Das zweite Arbeitspaket befasst sich mit ersten Zementschaumproben. Solche Proben sind heterogener, weisen größere Probendimensionen auf und erfordern daher andere Messmethoden. An dieser Stelle rückt die Wärmeleitfähigkeit, das Hauptmerkmal eines Dämmstoffs, in den Vordergrund. Unsere Aufgabe bei NETZSCH ist es, mit unserem HFM 446 Lambda Medium (Wärmeflussmessgeräte) an Proben von 30 cm x 30 cm mit einer Dicke von 4 cm die Wärmeleitfähigkeit sowie die Spezifische Wärmekapazität (cp)Die spezifische Wärmekapazität oder Wärmekapazität ist eine messbare physikalische Größe, die dem Verhältnis der einem Objekt zugeführten Wärme zur resultierenden Temperaturänderung entspricht.spezifische Wärmekapazität der Verbundschaumproben in verschiedenen Mischungverhältnissen zu bestimmen und mit den Ergebnissen zu vergleichen, die zuvor für die Einzelkomponenten erzielt wurden.

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Description

Als Beispiel sind in Abbildung 2 die Ergebnisse der Wärmeleitfähigkeitsmessungen an vier Schaumproben dargestellt. Diese Schäume weisen eine Porosität von 80 bis 90 % auf. Die Wärmeleitfähigkeitswerte steigen mit zunehmender Temperatur im Bereich von 0 bis 40 °C an.

Abbildung 2: Ergebnisse der Wärmeleitfähigkeit an vier Zementschaumproben und Referenzschäumen mittels Messungen mit dem HFM 446 Lambda Medium

Die höchsten Wärmeleitfähigkeiten von 0,075 bis 0,085 W/(m·K) wurden am Referenzschaum (ohne PCM) mit einer Rohdichte von 240 kg/m³ ermittelt und liegen etwa 11 % über den Ergebnissen des Referenzschaums mit 220 kg/m³. Vergleicht man den Referezschaum 240 mit einem Schaum mit demselben Rohdichtewert, jedoch mit 10 % PCM, so sinkt die Wärmeleitfähigkeit um 17 %. Dieser Effekt lässt sich durch die geringere Wärmeleitfähigkeit des Pulvermaterials erklären, welches den Zement, mit entsprechend höherer Leitfähigkeit, substituiert. Die niedrigsten Wärmeleitfähigkeiten zwischen 0,059 und 0,068 W/(m·K) wurden an der Schaumprobe mit 20 % PCM beobachtet, die damit 22 % unter der Referenzmischung ohne PCM liegt. Trotz der Tatsache, dass die Wirkung von PCM nicht linear ist, sinkt die Wärmeleitfähigkeit des Zementschaums, wenn Teile des Betons durch PCM ersetzt werden. Der Hauptgrund für die Zugabe von PCM besteht jedoch darin, die spezifische Wärmekapazität des Verbundschaums zu erhöhen, und somit auch die Wärmespeicherkapazität des Isoliermaterials.

Auf Basis dieser HFM-Ergebnisse werden dann die vielversprechendsten Schaummischungen für das Scale-up in Arbeitspaket drei und vier ausgewählt. In Arbeitspaket drei wird der Zementschaum an Wandsegmenten angebracht, um die entgültige Anwendung nachzustellen. Dies resultiert in noch größeren Proben und weiteren Einflussfaktoren. Diese Wände (1,50 m x 1,50 m) werden in einer sogenannten Hot Box unter geregelten Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen auf ihren Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) untersucht. Die Methode ist vergleichbar mit der Methode der HFM Wärmeflussmesser.


Im vierten Arbeitspaket werden die leistungsfähigsten und vielversprechendsten NRG-Schäume ausgewählt und unter “realen” Bedingungen in Demohäusern in Bulgarien und Spanien und über einen längeren Zeitraum anhand von Sensorik überwacht.

Während all dieser Schritte des Scale-up Prozesses bis hin zum Endprodukt werden die Ergebnisse der experimentellen Arbeit kontinuierlich numerische Simulation verifiziert.

Beginn des Projekts war im April 2020; das Ende ist für März 2024 vorgesehen. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

[1] L. Pérez-Lombard, J. Ortiz, C. Pout, A review on buildings energy consumption information, Energy and Buildings 40 (3) (2008) 394–398.

[2] N. Soares, J.J. Costa, A.R. Gaspar, P. Santos, Review of passive PCM latent heat thermal energy storage systems towards buildings’ energy efficiency, Energy and Buildings 59 (2013) 82–103.

[3]Heating and cooling | Energy (europa.eu)