Polymer-Rheologie und Molekularmasse

Einleitung

Extrusion, Spritzgießen und Formpressen sind Verfahren, die abhängig von der Viskosität, d.h. dem Fließwiderstand eines Materials, sind. Die Viskosität beeinflusst nicht nur die Verarbeitung, sondern auch die mechanischen Eigenschaften des Endprodukts. Insbesondere Molekularmasse und Viskosität stehen in engem Zusammenhang.

Im Folgenden wurden drei unterschiedliche PEEK-Materialien anhand von Oszillationsmessungen mit dem Rotationsrheometer Kinexus klassifiziert.

Messbedingungen

An drei mit PEEK 1, PEEK 2 und PEEK 3 bezeichneten Materialien wurden Frequenzmessungen durchgeführt. Die auf die Probe ausgeübte Deformation (oder Schubspannung) muss so gering sein, dass die Probenstruktur nicht zerstört wird, damit die Messung innerhalb des viskoelastischen Bereichs (LVR) durchgeführt wird. Ein Amplitudensweep dient als Vormessung zur Bestimmung der LVR-Grenze.

Tabelle 1 fasst die Messbedingungen zusammen.

Tabelle 1: Messbedingungen der Oszillationsmessungen

 AmplitudensweepFrequenzsweep
Gerät

Kinexus ultra+ mit elektrisch beheizbarer Kammer

Geometrie

PP25 (Platte-Platte, Durchmesser: 25 mm)

Messspalt500 μm500 μm
Temperatur360 °C360 °C
Scherdeformation1 bis 100%-
Schubspannung-1.000 Pa (PEEK 1), 500 Pa (PEEK 2 und 3)
Frequenz1 Hz10 bis 0,01 Hz
Atmosphäre

Stickstoff (1 l/min)

Amplitudensweep: Bestimmung des LVR(viskoelastischen Bereichs)

Abbildung 1 zeigt die Kurven des Amplitudensweeps an PEEK 1 in Abhängigkeit von der Scherdeformation (g). Für Scherdeformationen bis ca. 30 % – dies entspricht einer Schubspannung von ca. 10.000 Pa – bleibt der elastische Schubmodul (G‘) konstant, was darauf hindeutet, dass sich das Material im LVR-Bereich befindet. Die Abnahme von G‘ für höhere Scherdeformationen ist auf den Zusammenbruch der Probenstruktur zurückzuführen. Für den folgenden Frequenzsweep wurde eine Schubspannung von 1.000 Pa gewählt.

1) Amplitudensweep von PEEK 1

Frequenzsweep

In Abbildung 2 sind die Kurven des elastischen und viskosen Schubmoduls zusätzlich zum Phasenwinkel während des Frequenzsweeps an Material PEEK 1 dargestellt. In Richtung niedrige Frequenzen dominiert der Verlustschubmodul den elastischen Schubmodul, was einen Phasenwinkel von über 45 ° zur Folge hat. 

Die G’- und G”-Kurven überschneiden sich bei einer Frequenz von 15 Hz. Hier wechselt das Material von einem flüssig-dominanten Zustand, in dem die Polymerketten Zeit haben, sich zu entwirren (niedrige Frequenzen), in einen Feststoff-dominanten Zustand, indem die Ketten ineinander übergreifen und sich wie ein Netzwerk verhalten.

2) Frequenzsweep von PEEK 1

Definitionen

G*: Komplexer Schubmodul

G': Speicherschubmodul, elastischer Beitrag zu G*

G": Verlustschubmodul, viskoser Beitrag zu G*

δ: Phasenwinkel

Der Phasenwinkel δ (tan δ = G“/G‘) ist ein relatives Maß der viskosen und elastischen Materialeigenschaften. Er reicht von 0° für ein vollständig elastisches Material bis 90° für ein vollständig viskoses Material.

Abbildungen 3 und 4 zeigen den Frequenzsweep der PEEK-Proben 2 und 3 unter denselben Bedingungen. Die Ergebniskurven beider Materialien sind sehr ähnlich und weichen jedoch von der ersten Probe ab. Während der gesamten Messung dominiert der viskose Schubmodul, was einen Phasenwinkel über 45 ° zur Folge hat. In Richtung niedriger Frequenzen steigt der Phasenwinkel an und erreicht nahezu seinen maximalen Wert von 90°. Mit anderen Worten, bei niedrigen Frequenzen (oder langen Zeitskalen) verhält sich die Probe fast wie eine reine viskose Flüssigkeit ohne jegliche elastische Eigenschaften. Im gemessenen Frequenzbereich wurde kein Crossover detektiert. Er ist jedoch bei höheren Frequenzen vorhanden, da sich die G‘- und G“-Kurven mit zunehmender Frequenz annähern.

Die Molekularmasse der Polymere steht in Zusammenhang mit der Lage des Übergangs. Je niedriger die Frequenz des Übergangs, desto höher die Molekularmasse. In diesem Fall hat PEEK 1 eine höhere Molekularmasse als PEEK 2 und PEEK 3. PEEK 2 und PEEK 3 unterscheiden sich in den Werten des elastischen Schubmoduls. Er ist im gesamten gemessenen Frequenzbereich niedriger für PEEK 2 als für PEEK 3 (mehr als eine Dekade bei 0,01 Hz). Auch der Verlustschubmodul von PEEK 2 ist geringer als der von PEEK 3, was in einer höheren Steifigkeit von PEEK 3 resultiert.

3) Frequenzsweep von PEEK 2
4) Frequenzsweep von PEEK 3

Vom Plateau der Null-Scherviskosität zur Molekularmasse

In Abbildung 5 ist die komplexe Viskosität (η) aller drei Proben verglichen. Die Kurven von PEEK 1 und PEEK 2 sind nahezu parallel, beide erreichen ein Newtonsches Plateau im niedrigen Frequenzbereich und zeigen ein scherverdünnendes Verhalten bei höheren Frequenzen. Das Niveau des Newtonschen Plateaus steht in Zusammenhang mit der Molekularmasse. Je höher die Molekularmasse, desto höher die Nullviskosität [1]. Im Gegensatz dazu nimmt die komplexe Viskosität (η*) von Probe 1 mit abnehmenden Frequenzen weiter zu und das Newtonsche Plateau ist bei einer Frequenz von 0,01 Hz noch nicht erreicht. Darüber hinaus zeigt dieses PEEK-Material über den gesamten gemessenen Frequenzbereich eine höhere komplexe Viskosität mit mehr als 1,5 Dekade Unterschied zu Probe 2 bei 0,01 Hz auf.

Aus dem Niveau des Scherviskositätplateaus aller drei Proben lässt sich schließen, dass PEEK 1 eine höhere Molmasse aufweist, gefolgt von PEEK 2 und PEEK 3. Dies bestätigt die Ergebnisse der G‘- und G“-Kurven.

5) Vergleich der komplexen Viskosität der 3 Materialien

Zusammenfassung

Das rheologische Verhalten dreier PEEK-Proben wurde mit dem Rotationsrheometer Kinexus bestimmt. Die Proben unterscheiden sich im Wert des Null-Viskositätsplateaus der komplexen Viskosität, was auf die Unterschiede in den Molmassen der Materialien zurückzuführen ist.

Literatur

  1. [1]