06.12.2022 von Aileen Sammler

60 Jahre NETZSCH-Gerätebau: Die Geschichte der NETZSCH-Software

Digitalisierung, künstliche Intelligenz, User Experience, One-Click Auswertung von Messergebnissen und Vorhersage thermischen Verhaltens von Materialien, intelligente Software-Plattformen und Big Data – all dies sind die aktuellen Trends unserer Branche. Im Endspurt unseres 60jährigen Jubiläums geben wir Ihnen im Dezember einen Einblick in unsere Softwareentwicklung. Seien Sie gespannt auf Geschichten zur Analysesoftware Proteus® sowie zu KINETICS NEO und erfahren Sie, wie unsere Kunden von der innovativen NETZSCH-Software profitieren.

Foto: Michael Gebhardt
Zum Einstieg verrät uns NETZSCH-Software-Urgestein Michael Gebhardt einiges über die Historie der Softwareentwicklung.

Michael Gebhardt absolvierte im Jahr 1976 ein Studium der Elektrotechnik/ Nachrichtentechnik an der Technischen Universität Erlangen. 1982, mit dem Abschlusszertifikat des Diplom-Ingenieurs in der Tasche, startete er bei NETZSCH-Gerätebau. Michael Gebhardt begleitete die Entwicklung der NETZSCH Software von Anfang an. Der gebürtige Selber bekam gleich zum Start in sein Berufsleben die Aufgabe, eine Datenerfassungs- und Analysesoftware zu entwickeln. Dies markierte den Beginn der firmeneigenen Software-Abteilung, die von Michael Gebhardt bis zuletzt betreut wurde. 

Am 01.06.2022 gab unser langjähriger Experte den Staffelstab weiter und verabschiedete sich nach 40 Jahren Betriebszugehörigkeit in den wohlverdienten Ruhestand.

 

Vielen Dank für deinen Einsatz und alles Gute, lieber Michael!

Purer Luxus: Zehn Megabyte Speicherkapazität und ein Farbbildschirm

“Bis 1982, also in den ersten 20 Jahren der Historie von NETZSCH-Gerätebau, wurden Messgeräte mit sogenannten „Schreibern“ verkauft. Hier erfolgte die Aufzeichnung der Messkurven noch auf Papier. Doch der Markt schien bereit für die digitale Messdatenerfassung. So startete NETZSCH die Entwicklung der Dilatometer-Software: Ende 1982 wurde das erste Dilatometer – ein DIL 402 E – mit der Software der ersten Generation ausgeliefert. Heute undenkbar: Zur damaligen Zeit benötigte die Grafik zwei bis drei Minuten, um sich auf dem Bildschirm aufzubauen. Die Plotter-Ausgabe dauerte ca. fünf bis zehn Minuten.

Bis Ende der 80iger Jahre entwickelten wir die Software kontinuierlich weiter. Dabei wurde sie zur Unterstützung weiterer Geräte, z.B. einer STA 409, angepasst. Übrigens, ein PC mit 10 MB Speicherkapazität und Farbbildschirm war damals für läppische 32.000 DM zu haben. :-) ”

1990er: Das Windows-Betriebssystem hält Einzug

“Ab 1991 wurden alle Programme auf MS-DOS – dem Nummer 1 Betriebssystem der damaligen Zeit - übertragen und erweitert. Bis 1998 erfolgten mehrere Tausende Lieferungen, bei denen die Geräte über einen PC gesteuert werden konnten.

In Kooperation mit einem externen Partner entwickelte NETZSCH die erste Software für Microsoft Windows 3.11 für die dynamisch-mechanische Analyse bzw. für das Analysegerät DMA 242. Ende 1993 wurde diese als 16 Bit-Software als Version 2 fertig gestellt.

NETZSCH setzte fortan auf das Microsoft Windows Betriebssystem: In den Folgejahren entstanden die Softwareversionen für Microsoft Windows 95, 98 und 2000 für die Geräte DSC, DIL und STA.”

Fotos: 1999: Das Proteus®-Update – links: Installation per Diskette;
rechts: kurz darauf wurde auf CD umgestellt

Unsere Analysesoftware erhält Ihren Namen: Proteus®

“Im Jahr 2000 kam mit Version 4.0 unserer Software die erste 32 Bit-Version. Diese war zunächst für Windows 2000 und anschließend für Windows XP verfügbar. Im selben Jahr wurde im Rahmen unseres Internationalen Sales Meetings der neue Name für die NETZSCH Software zur Thermischen Analyse ins Leben gerufen und „Proteus® als Markenname eingeführt.

Im Laufe der Jahre pflegten, erweiterten und ergänzten wir Proteus® permanent mit neuen innovativen Funktionen. Neben der Integration weiterer Geräte wie der DSC 404 F1 und der LFA 427 wurden auch Elektronik und Gerätefunktion kontinuierlich weiterentwickelt.”

Neue Features: AutoEvaluation, Identify und SmartMode

“So lieferte NETZSCH Analysieren und Prüfen (A&T) ab dem Jahr 2005 die ersten Geräte mit USB Anbindung aus, die ab diesem Zeitpunkt den IEEE488 Bus bei allen neuen Geräten ersetzte. Zwei Jahre später brachten wir Proteus® 4.9 Pharma auf den Markt, das spezielle Anforderungen der Pharmabranche, wie z. B. CFR 21 Part 11, bediente.

2008 führte NETZSCH A&T Proteus® 5 für die STA 449 F1 und F3 und später für die TMA 402 F1 /F3 ein. 2011 kam Proteus® 6, gefolgt von Proteus® 7 in 2014 und Proteus® 8 im Jahr 2018. In diesem Zuge unterstützte die Software kontinuierlich weitere Analysegeräte und beinhaltete neue innovative Features für unsere Kunden:

Proteus® 7.0 besaß die DSC-Polymer-AutoEvaluation-Funktion  als erste auf dem Markt erhältliche selbsttätige, bedienerunabhängige Auswerteroutine für DSC-Kurven. Übrigens gibt es heute in der Proteus® 9.0 bereits fünf verschiedene AutoEvaluation–Funktionen für DSC, sowie AutoEvaluation auch für TG- sowie DIL- und TMA-Signale. Zudem wurde 2014 der neue Smart-Modus für Anwender in der Qualitätskontrolle veröffentlicht. Diese intuitiv bedienbare Software-Oberfläche ermöglichte Nutzern unter anderem, vordefinierte Messmethoden auf Knopfdruck zu starten. ”

Screenshots: Beispiele für die AutoEvaluation-Funktion einer DSC-Messung links und einer TG-Messung rechts

 

Und auch in Version 7.0 stand erstmals die Funktion „Identify“ als einzigartiges Werkzeug zur automatischen Kurvenerkennung und Interpretation in Proteus® zur Verfügung.

Das Beispiel zeigt die Erkennung einer unbekannten Polymer-Probe als Polyamid PA12.

Ein Jahr später führte NETZSCH A&T in Zusammenarbeit mit dem Kunststoffzentrum Lüdenscheid die im Beispiel oben verwendete „KIMW-Datenbank“ zur Identifizierung und Qualitätskontrolle von Polymeren mittels Dynamischem Differenzkalorimeter (DSC) ein, so dass Identify insgesamt mittlerweile ca. 2500 Datensätze aus allen Anwendungsbereichen (Polymere, Keramik, Pharma, etc.) umfasst. Damit ist Identify die umfassendste Datenbank der Thermischen Analyse, die nicht nur Messkurven aus den Bereichen DSC, TGA, DIL/TMA und cp inklusive der verwendeten Messbedingungen beinhaltet, sondern auch zahlreiche Literaturdaten. 
 

Screenshot: Zur Erweiterung von Identify bietet NETZSCH die optionale KIMW-Datenbank für DSC-Messungen an Polymeren an

 

 

Vielen Dank an Michael Gebhardt für den spannenden Einblick in unsere Software-Historie! 

Auch 2022 hat sich softwareseitig so Einiges getan:
 

High-End Analysesoftware Proteus® 9 verfügbar

Passend zum Launch der neuen DSC 300 Caliris®® erschien in diesem Jahr die aktuelle Version Proteus® 9.0 auf 64-Bit-Basis, die neben einem neuen Konfigurationssystem und neuem Setup noch so einiges mehr mitbringt: Mit den neuen Proteus®-Features „Customize Menu“ und „Workspaces“ hat der Bediener die Möglichkeit, seine Arbeitsumgebung in der Analyse aus dem Gesamtpool an Funktionalitäten individuell zusammenzustellen. Mit Proteus® Search Engine können Anwender Mess- und Analysefiles suchen, sie filtern oder sortieren – ideal für die schnelle Qualitätskontrolle! AutoEvaluation ist jetzt ebenfalls für OIT-Messungen (OxidationOxidation kann im Zusammenhang mit thermischer Analyse verschiedene Vorgänge bezeichnen.Oxidation Induction Time) verfügbar. Die Oxidations-Induktionszeit (OIT) und oxidations-onset temperatur (OOT)Oxidations-Induktionszeit (isothermische OIT): Relatives Maß der Beständigkeit eines (stabilisierten) Werkstoffs gegen oxidative Zersetzung, das durch die kalorimetrische Messung des Zeitintervalls bis zum Beginn der exothermen Oxidation des Werkstoffs bei einer festgelegten Temperatur in einer Sauerstoff- oder Luftatmosphäre bei Atmosphärendruck bestimmt wird.OIT-Auswertungen sind für tangentiale und Offset-Verfahren nutzbar.
 

Neugierig? Buchen Sie den Kurs in unserer NETZSCH Online Academy, der sie über alle neuen Features in Proteus® 9 informiert – natürlich kostenfrei:
(Kurssprache: Englisch)

 

Übrigens, im Rahmen unserer Unternehmensstrategie haben wir ebenfalls eine Software-Strategie entwickelt, um den derzeit rasant wechselnden Marktanforderungen zu begegnen. Der nächste „große Wurf“ ist bereits in der Mache – seid gespannt! :-)