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Thermophysik für Raumfahrtanwendungen und Nachhaltige Bauvorhaben 

Laser-/Light Flash-Technik im Einsatz am Österreichischen Gießerei-Institut

Das Österreichische Gießerei-Institut (ÖGI) ist das Gemeinschaftsforschungsinstitut der österreichischen Gießereiindustrie mit rund 40 Mitarbeitern. Mit NETZSCH verbindet das ÖGI bereits eine jahrzehntelange Zusammenarbeit, die vor über 50 Jahren begann. Alle im thermophysikalischen Labor am ÖGI befindlichen NETZSCH-Analysegeräte haben sich bewährt und sind außerordentlich lange, meist im Bereich von 20 Jahren, nutzbar.

Dr. Andreas Cziegler, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Physikalisches Labor und Simulation am ÖGI, berichtet in diesem Artikel über seine Forschungen im Bereich Raumfahrtanwendungen und nachhaltige Bauvorhaben.

Dr. Andreas Cziegler

„Neben der Verlässlichkeit der Analysegeräte ist die hervorragende Kundenbetreuung der NETZSCH-Gerätebau GmbH entscheidend für die langjährige Zusammenarbeit. Die lange Verfügbarkeit von Ersatzteilen ist hierbei ebenso von Bedeutung wie der hervorragende und stets verfügbare Service vor Ort bzw. die Möglichkeit einer umfassenden Wartung der Anlagen direkt bei NETZSCH-Gerätebau in Selb. “

Dr. Andreas Cziegler
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Physikalisches Labor und Simulation am ÖGI

Das Österreichische Gießerei-Institut (ÖGI) ist das Gemeinschaftsforschungsinstitut der österreichischen Gießereiindustrie mit rund 40 Mitarbeitern. Es beschäftigt sich mit allen Fragestellungen auf dem Gebiet der Gießereitechnik, betreibt im Rahmen dessen eine eigene Versuchsgießerei, in welcher anwendungsnahe Forschung in den jeweiligen Gießverfahren und Gusslegierungen betrieben wird. Des Weiteren ist das ÖGI auch eines der führenden Prüflaboratorien in Österreich. Hier bewegt sich das ÖGI weit aus dem eigentlichen Kernbereich der Gießerei- und metalltechnischen Industrie hinaus. Das Forschungs- und Prüfangebot umfasst ein breites Anwendungsspektrum: Zerstörungsfreie Prüfung – Röntgen und Computertomographie – in welcher neben Gussbauteilen auch Proben aus der Baustoff- und Pharmaindustrie geprüft werden, Thermophysik mit einem breiten Werkstoffspektrum sowie numerische Simulation gießtechnischer Prozesse und Schadensfallanalytik bis hin zur Füge-/Oberflächen- und Klebetechnik.

Als außeruniversitäres Forschungsinstitut ist das ÖGI als Prüfstelle für 26 Prüfverfahren durch die Akkreditierung Austria in den Arbeitsbereichen chemisches Labor, mechanisches Labor, physikalisches Labor und der Metallographie akkreditiert. Die Prüfstelle entspricht den Anforderungen der EN ISO/IEC 17025:2017.  Im thermophysikalischen Labor werden Materialkennwerte wie WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit, Wärmeausdehnung, Wärmekapazität von sehr tiefen bis zu sehr hohen Temperaturen ermittelt. Die Daten sind bei jeder Werkstoffentwicklung von großer Bedeutung, aber auch als Eingangsparameter für numerische Simulationen notwendig. Das Werkstoffspektrum im thermophysikalischen Labor beschränkt sich jedoch nicht nur auf metallische Legierungen, die vorrangig im festen, aber auch im flüssigen Zustand charakterisiert werden. Es umfasst ebenfalls sandbasierte Formstoffe, die in der Gießereiindustrie Anwendung finden, Baustoffe wie Gips sowie unterschiedliche Hölzer bzw. Holzwerkstoffe, Gläser sowie keramische Werkstoffe.

NETZSCH Laser Flash Analysatoren (LFAs) im Einsatz am ÖGI

Das breite Werkstoffspektrum, mit teilweise sich bei hohen Temperaturen zersetzenden Werkstoffen, die in der Bauindustrie bzw. in der Raumfahrt Anwendung finden, sowie auch die Messung von metallischen Legierungen im flüssigen Zustand, stellt hohe Anforderungen an die Messumgebung. Um daher dieses breite Werkstoffspektrum bis zu sehr hohen Messtemperaturen von weit über 1000 °C überhaupt abdecken zu können, sind besonders verlässliche Messapparaturen Voraussetzung. Der Einsatz der Messgeräte der NETZSCH-Gerätebau GmbH schafft diese Voraussetzung. 

Mit NETZSCH verbindet das ÖGI bereits eine jahrzehntelange Zusammenarbeit, die vor über 50 Jahren begann.  Alle im thermophysikalischen Labor am ÖGI befindlichen NETZSCH-Analysegeräte haben sich bewährt und sind außerordentlich lange, meist im Bereich von 20 Jahren, nutzbar. So auch zwei LFA 427-Anlagen (Abbildung 1), welche in Kooperation mit dem Materials Center Leoben (MCL) betrieben werden. Eine Anlage befindet sich schon seit 2003 in Betrieb, eine zweite Anlage wurde 2015 implementiert. 

Abbildung 1: NETZSCH LFA 427 am Österreichischen Gießerei-Institut.

Neben der Verlässlichkeit der Analysegeräte ist die hervorragende Kundenbetreuung der NETZSCH-Gerätebau GmbH entscheidend für die langjährige Zusammenarbeit. Die lange Verfügbarkeit von Ersatzteilen ist hierbei ebenso von Bedeutung wie der hervorragende und stets verfügbare Service vor Ort bzw. die Möglichkeit einer umfassenden Wartung der Anlagen direkt bei NETZSCH-Gerätebau in Selb. Diese Kombination ermöglicht es dem ÖGI, für seine Kunden und Partner im Rahmen von bilateralen Kooperationen bzw. nationalen und internationalen Projekten ein breites Werkstoffspektrum mit herausfordernden Materialien anzubieten.

Werkstoffanalyse für Raumfahrtanwendungen

Einen wesentlichen Bestandteil im Werkstoffspektrum des ÖGI bilden mittlerweile auch Werkstoffe für Raumfahrtanwendungen: Jede Woche treten einige Tonnen Material von aufgelassenen Raumfahrzeugen in die Erdatmosphäre ein. Die Problematik besteht dabei im unkontrollierten Zerfall dieser Raumfahrzeugbruchteile. Internationale Abkommen fordern inzwischen entweder einen kontrollierten Wiedereintritt oder eine Risikobeurteilung für unkontrollierte Abstürze für jeden Neustart in die erdnahe Umlaufbahn. Zur Risikobewertung werden numerische Simulationen der thermischen und mechanischen Belastung bzw. des Verglühens beim Wiedereintritt durchgeführt. Um die Vorhersagemöglichkeit zu verbessern, werden hierfür valide Werkstoffdaten bis zu sehr hohen Temperaturen bzw. bis in die schmelzflüssige Phase benötigt. 

Das ÖGI war und ist hier in unterschiedlichen internationalen Forschungsprojekten und Kooperationen vertreten. Hierbei wird eine Vielzahl an Werkstoffen geprüft, neben metallischen Legierungen unter anderem auch kohlefaserverstärkte Kunststoffe, die in Satelliten und Raketenstufen eingesetzt werden bzw. auch keramische Gewebe, Aerogele und Graphitschäume, die als Schichtverbunde für ausfaltbare Hitzeschutzschilde Anwendung finden.

Eine besondere Herausforderung in der Charakterisierung von Werkstoffen für Raumfahrtanwendungen stellen keramische Gewebe und Graphitschäume dar. Diese werden, wie angeführt, als Schichtverbund für ausfaltbare Hitzeschutzschilder (Advanced Inflatable Thermal Protection Systems) für Erd- sowie zukünftige Marsmissionen eingesetzt (Abbildung 2). Da die Werkstoffkenndaten bis in den Temperaturbereich von weit über 1000 °C benötigt werden, kommt zur Bestimmung der TemperaturleitfähigkeitDie Temperaturleitfähigkeit (a mit der Einheit mm2/s) ist eine materialabhängige Stoffeigenschaft zur Charakterisierung des instationären Wärmetransports. Sie gibt an, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert.Temperaturleitfähigkeit bis in den Hochtemperaturbereich nur die Laser Flash-Methode infrage. Hierfür werden am ÖGI zwei LFAs 427 von NETZSCH eingesetzt. Der Vorteil der Laser Flash-Methode besteht neben dem breiten Temperaturbereich auch in der Möglichkeit, Gewebe und Graphitschäume unter unterschiedlichen Drücken und Gasatmosphären zu messen.

Abbildung 2: Schichtverbund aus keramischen Geweben und Graphitschäumen für ausfaltbare Hitzeschutzschilder, http://www.efesto-project.eu/.

Neben der Herstellung geeigneter Proben, der schwer zu definierbaren Dicke der Gewebe und Graphitschäume und der teilweise inhomogenen Materialstruktur stellt die Porosität der Materialen eine zusätzliche Anforderung an die Messmethodik und Auswertung. Im folgenden Beispiel wurden jeweils ein Graphitschaum bzw. ein Aerogel in Argonatmosphäre geprüft. Die Abbildung 3 zeigt das Messsignal (blau) über der Zeit für einen Graphitschaum und Abbildung 4 für ein Aerogel. Aufgrund der porösen Struktur beider Materialen wird der Laserpuls nicht mehr vollständig an der Oberfläche absorbiert. Um die Absorption des Laserpulses in der Porenstruktur zu berücksichtigen, kommt in beiden Fällen das Penetrations-Modell der NETZSCH-Proteus® LFA-Software zur Anwendung. Um parasitäre Wärmestromeffekte zu minimieren, wird ein Ende des Bereichs der Kurvenanpassung (rot) kurz nach dem Maximum gewählt. Im Falle von teilweise strahlungsdurchlässigen Materialien wie dem Aerogel, wird das anfängliche Signal nicht in der Auswertung berücksichtigt.

Abbildung 3: Signalverlauf und Kurvenanpassung für einen Graphitschaum.
Abbildung 4: Signalverlauf und Kurvenanpassung für ein Aerogel.

Die Erfahrungen aus der Messung von porösen bzw. sich teilweise zersetzenden Materialien aus der Raumfahrtindustrie konnte am ÖGI zum Aufbau der Expertise in einem weiteren Anwendungsgebiet genutzt werden: Holzwerkstoffe als Baustoffe für zukünftige nachhaltige Bauvorhaben.

Holzwerkstoffe für Nachhaltige Bauvorhaben

Der Baustoff Holz hat in den letzten Jahren einen starken Aufschwung erfahren. Sein Anteil an zukünftigen Bauvorhaben ist aufgrund der positiven Eigenschaften des Holzes hinsichtlich der Reduktion der CO2-Emissionen, des niedrigen Energieeinsatzes bei der Herstellung und auch der Wärmedämmeigenschaften weiter steigend. Dabei finden Holzwerkstoffe nicht nur mehr in Einfamilienhäusern Anwendung, sondern vermehrt auch in mehrgeschossigen Gebäuden bzw. in Hochbauvorhaben. Dies ermöglicht eine nachhaltige Nachverdichtung im urbanen Raum. Mit dem vermehrten Einsatz von Holzwerkstoffen werden jedoch auch erhöhte brandschutztechnische Anforderungen an den Werkstoff Holz gestellt. Die Brandbeständigkeit bzw. der Feuerwiderstand von Holzkonstruktionen muss nachgewiesen werden und dies erfolgt bis dato über zeit- und kostenintensive Brandversuche. Daher besteht wie auch bei Werkstoffen für Raumfahrtanwendungen ein hohes Interesse an der Anwendung numerischer Simulationen, in diesem Fall zur Vorhersage des Brandverhaltens von Holzkonstruktionen. Als Eingangsdaten für die Berechnungen werden wiederum thermophysikalische Daten der Holzwerkstoffe in unterschiedlichen Zuständen benötigt: Konditioniertes Holz, trockenes Holz sowie pyrolysiertes Material bis in den Hochtemperaturbereich von 900 °C. Diese werden am ÖGI mit den Messgeräten der NETZSCH-Gerätebau GmbH erhoben, unter anderem durch den Einsatz der LFA 427.

Eine besondere Herausforderung bei der Charakterisierung von Holzwerkstoffen bis in den Hochtemperaturbereich von mehreren hundert Grad stellt einerseits der poröse Charakter des Holzes dar sowie die Zersetzung des Materials unter hoher Wärmeeinwirkung, wie es beim Laserbeschuss in der LFA der Fall ist. Zur Messung von Holz bis zur thermischen Stabilitätsgrenze (Beginn der pyrolytischen Zersetzung) müssen die gefertigten Proben dementsprechend geeignet beschichtet werden. Hierbei hat sich eine Kupferklebefolie (ca. 35 µm Kupferfolie + 35 µm Acrylatkleber) an der Unterseite der Probe als geeignete Beschichtung herausgestellt. Aufgrund des porösen Charakters des Holzes muss die Probe zusätzlich noch an der Oberseite beschichtet werden, um eine Detektion des Temperaturanstiegs an der Probenoberseite aus dem Porenraum zu vermeiden. Hierfür werden die Proben mit einer dünnen Schicht Wärmeleitpaste (ca. 80 µm) beschichtet (schematische Darstellung in Abbildung 5). Aufgrund der Zunahme der Dicke der gesamten Probe sowie der unterschiedlichen Materialien beeinflusst die Beschichtung jedoch die Berechnung der Temperaturleitfähigkeit des Holzes. Um den Einfluss der Beschichtung abzuschätzen, wurden Referenzmessungen mit Materialien ähnlicher Wärmeleitfähigkeit durchgeführt, welche sowohl mit als auch ohne Beschichtung gemessen werden können. Abbildung 6 zeigt die gemessene Temperaturleitfähigkeit von schwarzem Bakelit. Bezogen auf die gemessene Dicke der Probe, führt die Beschichtung aufgrund der Zunahme der Anstiegszeit zu einer geringeren Temperaturleitfähigkeit (rote Kurve in Abbildung 6) im Vergleich zur unbeschichteten Probe (blaue Kurve). Über eine Korrektur der Gesamtdicke der Probe kann die tatsächliche Temperaturleitfähigkeit des Materials angenähert und die geringfügige Abweichung als weiterer Term in der Messunsicherheit berücksichtigt werden. Die Dickenkorrektur kann in diesem Fall auch direkt mit der in der NETZSCH-Proteus® LFA-Software integrierten Funktion durchgeführt werden.

Abbildung 5: Schematische Darstellung der Herausforderung der Messung von Holzwerkstoffen mittels LFA und der Lösung der Problemstellung über ein Beschichtungssystem.
Abbildung 6: Referenzmessung von schwarzem Bakelit ohne Beschichtung (blaue Kurve), mit Beschichtung (rote Kurve) und Korrektur über die Gesamtdicke der Probe (Probe + Beschichtung; grüne Kurve).

Bei der Messung der Temperaturleitfähigkeit von pyrolysiertem Material ist eine Beschichtung nicht notwendig. Aufgrund des porösen Charakters von Holz bzw. Holzkohle wird der Laserpuls jedoch wie auch bereits bei Graphitschäumen angeführt, nicht mehr vollständig an der Oberfläche absorbiert. Um die Absorption des Laserpulses in der Porenstruktur zu berücksichtigen, wird bei pyrolysierten Proben das Penetrations-Modell der NETZSCH-Proteus® LFA-Software verwendet. Abbildung 7 zeigt das Messsignal (blau) über der Zeit für eine Holzkohlenprobe und Anpassung mittels Penetrations-Modells (rot).

Abbildung 7: Signalverlauf und Kurvenanpassung für eine Holzkohlenprobe.

Durch die Charakterisierung unterschiedlicher Holzwerkstoffe am ÖGI mittels der Analysegeräte von NETZSCH, die als Eingangsdaten in numerische Simulationen dienen, kann ein Beitrag zur Steigerung des Anteils von Holzwerkstoffen im Städtebau geleistet und somit langfristig zur Reduzierung von CO2-Emissionen beigetragen werden.

Das ÖGI ist dabei bestrebt, auch zukünftig weitere Anwendungsfelder zu erschließen bzw. bestehende zu erweitern. Dies soll auch in Zukunft über die hervorragende Zusammenarbeit mit der NETZSCH-Gerätebau GmbH erfolgen. Hierbei spielt die bereits genannte Qualität der Messgeräte, gepaart mit dem äußerst langen Einsatzzeitraum der Anlagen eine entscheidende Rolle. Für die Langlebigkeit der Anlagen wiederum, ist neben der Wartungsfreundlichkeit der Messapparaturen, der hervorragende Kundenservice verantwortlich. Ebenso sind die weiteren Serviceleistungen, wie ein umfangreiches kostenloses Weiterbildungsangebot in Form von zahlreichen Webinaren, hervorzuheben.

Auf eine weiterhin hervorragende Zusammenarbeit zwischen dem ÖGI und der NETZSCH-Gerätebau GmbH!

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