28.11.2021 von Dr. Carolin Fischer, Dr. Natalie Rudolph, Milena Riedl

Backpapier und Silikonbackmatte – Kann man sie bedenkenlos verwenden?

Ostern ist für viele die Zeit des Plätzchen- und Keksebackens. Doch dann steht man vor der Entscheidung: Backpapier oder Silikonbackmatte nutzen? Heute beantworten wir die Frage, ob die beiden Optionen sicher zu verwenden sind.

Für viele ist die Osterzeit mit dem Backen von Plätzchen und Keksen verbunden. Butter, Zucker, Mehl, Mixer, Nudelholz, Ausstechform… Dann muss man sich entscheiden: Verwende ich Backpapier oder eine Silikonbackmatte?

Im Gegensatz zum Backpapier, das nur einmal verwendet werden kann, bevorzugen viele die Silikonbackmatte aufgrund ihrer Antihaftbeschichtung aus lebensmittelechtem Silikon und der Tatsache, dass sie wiederverwendbar ist.

Silikone oder Silikonkautschuke gehören zur Klasse der vernetzten Polymere. Das Grundgerüst eines jeden Silikons basiert auf abwechselnd angeordneten Silizium- (Si) und Sauerstoffatomen (O). An jedes Si-Atom sind zwei organische Gruppen gebunden; das gebräuchlichste Silikon ist Polydimethylsiloxan (PDMS). Je nach Molekülstruktur und Vernetzungsdichte variieren die physikalischen Eigenschaften von starr bis flexibel. Sie weisen viele hervorragende Eigenschaften auf, die sich für eine Vielzahl von technischen Anwendungen eignen. Doch besonders die ausgezeichnete Hitzebeständigkeit von bis zu 260 °C – und einige Güteklassen erlauben sogar über 300 °C – machen sie zu einer guten Wahl für Backformen, Backmatten und Teigschaber.

Die meisten Kunden und unsere Analyseexperten im NETZSCH-Applikationslabor möchten jedoch wissen, ob sie bedenkenlos verwendet werden können.

Bei der Vulkanisation entstehen häufig Nebenprodukte wie zyklische und lineare Siloxanoligomere. Daher erscheint eine Untersuchung, ob während des Backvorgangs Verarbeitungshilfsstoffe oder Nebenprodukte freigesetzt werden, nur sinnvoll. Auch die Überprüfung, ob potenziell gefährliche Ausgasungen während der Aufheizung entstehen, wie z.B. die Freisetzung von Weichmachern oder toxischen Pyrolyseprodukten, liefern wichtige Hinweise darauf, ob diese in die Backwaren eindringen können.

Thermische Analyse zur Bestimmung der Produktsicherheit

Mit Hilfe der thermischen Analyse kann man feststellen, welche Substanzen sich während des Backvorgangs freisetzen. Mittels TG-FT-IR-Analyse ist es möglich, Typ und Temperatur der Freisetzung zu bestimmen.

Um diese Frage zu beantworten, haben unsere TG-FT-IR-Spezialisten für die anstehenden Messungen eine Silikonbackmatte und silikonbeschichtetes Backpapier in Stücke geschnitten und jeweils mehrere Probenstücke eines jeden Materials in Tiegeln platziert. Die Messungen wurden mit der Gerätekombination PERSEUS®® TG 209 F1 Libra®® bei der maximalzulässigen Backtemperatur von 230 °C  für diese Backfolie durchgeführt.

Sample mass~ 130 mg (beide Proben)
TemperaturprogrammRT – 230 °C, konstant für 60 min oder 60 min IsothermUntersuchungen bei geregelter und konstanter Temperatur werden als isotherm bezeichnet.isotherm
Heizrate10 K/min
AtmosphäreLuft

Tabelle 1: Messbedingungen

Massenverlustbestimmung

Die Silikonbackmatte (grün) verliert während des Aufheizyklus 0,4 % ihrer Masse. Das Backpapier (rot) hingegen verliert während der Aufheizung 5,1 % seiner Ausgangsmasse und weitere 4,3 % während der isothermen Behandlung (à Temperaturführung bei 230°C). In beiden Fällen ist der Massenverlust nach 60 Minuten noch nicht abgeschlossen.

Abbildung 1: Temperaturabhängiger Massenverlust der Silikonprobe (grün) und des Backpapiers (rot)

Analyse der von der Silikonbackmatte freigesetzten Gase 

Die entweichenden Gase werden mittels der Kopplung direkt von der Thermowaage in das darüber liegende FT-IR transportiert und in der Spektrometergaszelle identifiziert.

Im Fall der Silikonmatte (Spektrum bei 230 °C in Rot) wurden die Freisetzung von CO2 (blau) und Spuren von Zersetzungsprodukten des Silikonkautschuks (grün) detektiert, bei denen es sich auch um oligomere Nebenprodukte aus der Herstellung handeln könnte.

Genauere Angaben zu den einzelnen freigesetzten Komponenten könnten mittels GC-MS-Kopplung ermittelt werden.

Abbildung 2: Gemessene Spektren: Silikonbackmatte bei 230 °C (rot), Freisetzung von CO2 (blau) und Spuren von Zersetzungsprodukten von Silikonkautschuk (grün)

Analyse der aus dem Backpapier freigesetzten Gase

Das Backpapier setzt im Temperaturbereich bis 150 °C lediglich Wasser frei. Abbildung 3 zeigt das bei 100 °C gemessene Spektrum (rot) im Vergleich zum H2O-Spektrum der Datenbank (blau).

Abbildung 3: Bei 100 °C gemessenes Spektrum (rot) im Vergleich zu den Literaturspektren von Wasser (blau)

Das Spektrum des Backpapiers (rot) bei 230 °C zeigt die Freisetzung von CO (orange, CO2 (grün) und geringen Spuren von Methanol (schwarz) und Ameisensäure (blau). Diese Zersetzungsprodukte sind wahrscheinlich auf die thermische Zersetzung des Backpapiers zurückzuführen. Nach der Messung wies dieses eine bräunliche Verfärbung auf.

Abbildung 4: Gemessenes Spektrum bei 230 °C (rot), Datenbankspektren von CO (orange), CO2 (grün), Methanol (schwarz) und Ameisensäure (blau)

Zusammenfassung

Das Ausgasen von Wasser, CO und CO2 ist harmlos, da diese Substanzen den Ofen in gasförmiger Form verlassen. Die Menge des enthaltenen Methanols und der Ameisensäure im beschichteten Backpapier ist wahrscheinlich sehr gering. Auch die Abbauprodukte von Silikon in der Silikonbackmatte sind vermutlich unbedeutend, da sie harmlos sind. Dennoch ist es sicherlich sinnvoll, die Silikonbackmatte vor dem ersten Gebrauch ohne Backgut auszuheizen.

Wir bei NETZSCH Analysieren & Prüfen hoffen, dass diese Erkenntnisse dazu beitragen, dass Sie Ihre frisch gebackenen Plätzchen in der diesjährigen Osterzeit noch mehr genießen können. Wir werden das jetzt tun!