15.12.2022 von Aileen Sammler

60 Jahre NETZSCH-Gerätebau: Vorhersage von Materialverhalten mit Kinetics Neo

Im Endspurt unseres 60jährigen Jubiläums geben wir Ihnen im Dezember einen Einblick in unsere Softwareentwicklung.  Neben der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von thermoanalytischen Experimenten nimmt auch die Vorhersage des Materialverhaltens einen immer größeren Stellenwert ein. Hier kommt die NETZSCH Kinetics Neo Software ins Spiel:

Vorhersage von Materialverhalten und Reaktionsprozessen

Neben der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von thermoanalytischen Experimenten nimmt auch die Vorhersage des Materialverhaltens einen immer größeren Stellenwert ein. Hier kommt die NETZSCH Kinetics Neo Software ins Spiel:

Materialien mit genau definierten Eigenschaften können durch chemische Reaktionen in andere Stoffe mit anderen Eigenschaften umgewandelt werden. Die Reaktionen können – wie bei Explosionen – innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde ablaufen oder Hunderttausende von Jahren dauern, wie beispielsweise bei der Bildung von Mineralien. Denn Prozesse wie Zersetzung, Aushärtung, KristallisationAls Kristallisation bezeichnet man den physikalischen Vorgang der Verhärtung bei der Bildung und beim Wachstum von Kristallen. Bei diesem Prozess wird Kristallisationswärme frei.Kristallisation oder Sinterung von Materialien sind zeit- und temperaturabhängig. Es ist daher wichtig, die Geschwindigkeit dieser Prozesse zu kennen, um das Materialverhalten zu simulieren oder ihren Prozess zu optimieren.

Die Kinetik, auch Reaktionskinetik oder chemische Kinetik genannt, untersucht die Geschwindigkeit chemischer Prozesse und ermöglicht die Bestimmung von Reaktionsgeschwindigkeiten. Sie berücksichtigt dabei auch die Faktoren, die die diese Reaktionen steuern. Und einer der wichtigsten Faktoren ist die Temperatur. Dieses Wissen kann am Ende sogar Leben retten, denken wir beispielsweise an chemische Industrieprozesse, die auf exothermen Reaktionen basieren. 

Lesen Sie mehr: Thermal Risk Assessment in Chemical Processes: Kinetics Methods for TD24 - NETZSCH Analyzing & Testing

Foto: Dr. Johannes Opfermann

Erste Kinetik-Version bereits in den 80er Jahren

Dr. Johannes Opfermann arbeitete an der Universität in Jena, bevor er 1991 zu NETZSCH stieß. Er entwickelte die erste Version der thermokinetischen Software, die über die Jahrzehnte hin stetig verbessert und auch heute fortlaufend weiterentwickelt wird.

Wie bei unserer Proteus® Software war auch die erste Kinetics-Software in den 90er Jahren eine 16-Bit-Version.

Im Laufe der Jahre wurde die Software parallel zu den neuen modernen Rechnern, Betriebssystemen und Prozessoren am Markt weiterentwickelt. 

2002 stieg Dr. Elena Moukhina ins Unternehmen ein – heute hauptverantwortlich für das Geschäftsfeld Software Kinetics Neo. Eine ihrer ersten Aufgaben war die Übersetzung der Software von 16 Bit auf 32 Bit – damit war die zweite Version der Kinetics Software geboren, die kurze Zeit später in einer Version 3 auch für Windows Vista und Windows 7 verfügbar war.

Foto: Kinetics Software als Teil des NETZSCH Advanced Softwarepaketes (2004)

1-, 2-, 5- 10- oder noch höherstufige Reaktion? Modellieren Sie komplexeste Reaktionen!

Einen großen Nachteil stellte damalig die Bedienbarkeit der Software dar. Jede noch so kleine Anpassung oder Implementierung neuer Funktionen in die bestehende Software brachte einen immensen Aufwand mit sich. Für Kunden schien eine intuitive Nutzung von Thermokinetics bzw. ohne vorherige Schulung nur schwierig möglich. Deshalb fiel 2017 die Entscheidung, die Software von Null völlig neu aufzusetzen.

Dr. Elena Moukhina und ihre NETZSCH-Kollegen investierten über ein Jahr Entwicklungsarbeit und stellten die Software auf neue Beine: Neben der modernen windowsbasierten, intuitiv bedienbaren Benutzeroberfläche und neuer Programmiersprache entfiel auch die Begrenzung von Modellen: Egal, ob die Reaktion einstufig, fünfstufig, 20-stufig oder noch anders sein muss und wie die individuellen Reaktionen zusammen verknüpft werden, nun können die komplexen Reaktionen bestmöglich modellieren werden.

Die NETZSCH Kinetics Neo-Software beinhaltet sowohl modellfreie als auch modellbasierte kinetische Methoden. Mit modellbasierten Methoden lassen sich die Anzahl der Reaktionsstufen sowie die kinetischen Parameter jeder individuellen Reaktion bestimmen. Diese Möglichkeit bietet keine andere Software!

Fig1 (links) Thermokinetics1, 2002: Um ein anderes, bereits berechnetes Modell anzuzeigen, benötigte der Nutzer 9 Klicks
Fig2 (rechts) Thermokinetics1, 2002: Ein grafischer Dialog mit vielen Kontrollkästchen war notwendig, um eine der Kurven im Diagramm auszuschalten. 10 Klicks waren nötig, um eine Messung aus dem Projekt zu entfernen.
HEUTE: Fig3 Kinetics Neo, 2022: Um andere bereits berechnete Modelle anzuzeigen, benötigt der Benutzer nur einen einzigen Klick. Ein weiterer Klick genügt, um die Kurve in der Grafik auszublenden und ein weiterer, um die Messung aus dem Projekt zu entfernen.

Analyse kinetischer Prozesse mit Kinetics Neo – so geht´s

Große chemische Reaktionen in industriellen Produktionsprozessen können gefährlich sein, deshalb ist deren Analyse lebensnotwendig. Die NETZSCH Kinetics Neo-Software simuliert temperaturabhängige Prozesse auf Basis kleiner Mengen. Das Ergebnis einer solchen Analyse ist ein Kinetik-Modell oder eine Methode, die die experimentellen Daten unter verschiedenen Temperaturbedingungen korrekt beschreibt. Die Verwendung des Modells ermöglicht die Vorhersage des Verhaltens eines chemischen Systems unter benutzerdefinierten Temperaturbedingungen. Darüber hinaus können solche Modelle zur Ermittlung einer Prozessoptimierung verwendet werden.

Die Software analysiert verschiedene Arten von thermoanalytischen Kurven, die die während eines Prozesses gemessenen Änderungen einer bestimmten Materialeigenschaft darstellen. Zu den Methoden gehören vor allem die Differential Scanning Calorimetry (DSC), thermogravimetrische Analyse (TG), Dilatometrie (DIL), dielektrische Analyse (DEA), Accelerating Rate Calorimetry (Accelerating Rate Calorimetry (ARC)Die Methode, die isotherme und  adiabatische Testverfahren beschreibt, wird zur Detektion  thermisch induzierter  Zersetzungsreaktionen eingesetzt. Das Standardverfahren ist Heat-Wait-Search (HWS.ARC®), Rheologie und Viskosimetrie. Eine weitere Besonderheit ist, dass NETZSCH Kinetics Neo - ohne Vorbereitung - problemlos für thermoanalytische Geräte verschiedenster Hersteller zur Verfügung steht.

Die erste Version von Kinetics Neo wurde ausschließlich für chemische Reaktionen entwickelt. Kunden kamen auf uns zu, um neue Anwendungsmöglichkeiten für die Vorhersage kinetischer Prozessen zu erfragen. Die Kristallisation ist eine davon. Die kinetische Modellierung der Kristallisation ist wichtig für die Forschung und Simulierung der Kristallisationsrate bei verschiedenen Temperaturbedingungen sowie bei industriellen Applikationen mit Thermoplasten. Aus diesem Grund haben wir jetzt auch die kinetische Analyse der Polymer-Kristallisation in Kinetics Neo implementiert.

Weitere Neuentwicklungen: Thermal Simulation Neo 

Heutzutage benötigen unsere Kunden intelligente Software mit einer Vielzahl automatisierter Funktionen auf Basis künstlicher Intelligenz. Dies alles wird derzeit in Kinetics Neo implementiert.

Kleinstmenge oder Großvolumig? Die Software ermöglicht ihren Nutzern künftig, sowohl im Labor stattfindende Prozesse einfach - jedoch präzise - zu analysieren und vorherzusagen als auch die Temperaturverteilung und Reaktionsraten großer Materialmengen in industriellen Prozessen zu simulieren.

Auf einen Blick 

Weitere Informationen zur Modellierung von Prozessen, Applikationsbeispiele, Trainings und eine Demoversion erhalten Sie auf der Website: https://kinetics.NETZSCH.com/

Erfahren Sie mehr über die Grundlagen und Ziele der thermokinetischen Analyse und über die einzigartigen Funktionen der Kinetics Neo Software in diesem Video: (Sprache: Englisch)

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Thermokinetics: Advantages and disadvantages of different approaches. Unique and powerful features of NETZSCH Kinetics Neo