Das Modell Penetration in der NETZSCH LFA-Software − Sachgemäße Behandlung poröser Materialien!

Einleitung

Softwaremodelle, die den Einfluss von Probenform und -oberläche berücksichtigen, gewinnen immer mehr an Bedeutung für die genaue Bestimmung der thermophysikalischen Eigenschaften (TPP), wie TemperaturleitfähigkeitDie Temperaturleitfähigkeit (a mit der Einheit mm2/s) ist eine materialabhängige Stoffeigenschaft zur Charakterisierung des instationären Wärmetransports. Sie gibt an, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert.Temperaturleitfähigkeit (a), WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit ((λ) und Spezifische Wärmekapazität (cp)Die spezifische Wärmekapazität oder Wärmekapazität ist eine messbare physikalische Größe, die dem Verhältnis der einem Objekt zugeführten Wärme zur resultierenden Temperaturänderung entspricht.spezifische Wärmekapazität (cp). Aus diesem Grund hat NETZSCH in den letzten Jahren existierende LFA- (Laser Flash Analyse) Modelle und neue Berechnungsmodelle, Korrekturen und mathematische Verfahren, die den Wärmeverlust in Kombination mit der Korrektur der Basislinie und Pulsform in Ein- und Mehrschichtsystemen berücksichtigen, kontinuierlich verbessert.

In diesem Anwendungsbeispiel wird das Modell Penetration gemäß McMasters [1] vorgestellt, das sich für LFA-Messungen an Materialien mit rauer Oberfläche und solchen mit extrem poröser Struktur eignet.

Poröse Materialien stellen eine Herausforderung dar– jedoch nicht für das Modell Penetration

Bei Standard-Flash-Messungen wird die gesamte Energie von der Probenoberfläche absorbiert. Eine thermische Welle durchläuft die Probe in Richtung ihrer Dicke, bevor sie auf der Rückseite (Abbildung 1 ) ankommt. Da poröse Proben ein anderes Verhalten zeigen als Proben mit glatter Oberfläche, hat NETZSCH speziell für solche Proben das Modell Penetration (Abbildung 2) eingeführt.

Es berücksichtigt folgende Punkte:

  • Die Absorption der Impulsenergie ist nicht länger auf die Vorderseite der Probe beschränkt. 
  • Die Absorption breitet sich über eine dünne Schicht in die Probendicke hinein. 
  • Die Absorptionsschichten können als die mittlere freie Weglänge im Material behandelt werden.

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte erhält man einen exponentiellen Abfall der anfänglichen Temperaturverteilung innerhalb des Probekörpers. Dadurch führt die Anwendung des Modells bei der Bestimmung der Temperaturleitfähigkeit, Wärmeleitfähigkeit und der spezifischen Wärmekapazität zu erhöhten Genauigkeitswerten.

1) Schema der LFA-Methode
2) Modell Penetration implementiert in der NETZSCH Proteus®-LFA-Software

Messbedingungen

Als Eignungstest des Modells Penetration wurden zwei gefüllte Polymere desselben Typs, jedoch mit unterschiedlicher Form untersucht. Eine Messung wurde an einem Probenkörper, dessen Oberfläche Bohrungen mit einem Durchmesser von 0,5 mm durchzogen war, durchgeführt (Abbildung 3). Für Vergleichszwecke wurde eine zweite Messung an der Originalprobe mit glatter Oberfläche herangezogen. Die Temperaturleitfähigkeit wurde an Proben mit einem Durchmesser von 12,7 mm und einer Dicke von 1,96 mm bei Raumtemperatur bestimmt.

3) Links: Gefüllte Polymerscheibe, rechts: Polymerscheibe mit Bohrungen

Messergebnisse

Abbildungen 4 und 5 zeigen die Messung an der Probe mit Bohrungen. In Abbildung 4 wurde der Modellfit des Detektorsignalanstiegs mit dem Standardmodell nach Cowan [2] berechnet. Der grüne Kreis deutet auf die Abweichungen zwischen Fit und Messkurve (blau) hin. Mit diesem – offensichtlich ungenügenden – Modellfit errechnet sich die Temperaturleitfähigkeit zu 0,395 mm2/s. Die auf dem Modell Penetration basierende Berechnung führt zu einer Temperaturleitfähigkeit von 0,329 mm2/s. Dieser Wert liegt nahezu um 17% niedriger als der herkömmlich bestimmte Wert über das Cowan-Modell (Abbildung 5).

4) Probekörper mit Bohrungen; Bestimmung des Fits der Signalanstiegskurve mit dem Standardmodell
5) Probekörper mit Bohrungen; Bestimmung des Fits der Singalanstiegskurve mit dem Modell Penetration

Abbildung 6 zeigt den Anstieg des Detektorsignals der Messung an dem originalen Polymer mit glatter Oberfläche. Die Verwendung des Standardmodells von Cowan zur Bestimmung der Temperaturleitfähigkeit ergibt nahezu die gleichen Messergebnisse, wie die an den mit dem Modell Penetration erhaltenen Proben mit Bohrungen (Abbildung 5). Die Abweichung beträgt ca. 3 %. Dies belegt, dass sich mittels Berechnung der Temperaturleitfähigkeit basierend auf dem Modell Penetration korrekte Ergebnisse erzielen lassen.

6) Messungen an dem Originalprobekörper ohne Bohrungen; Fit der Detektoranstiegskurve, erhalten mittels Cowan-Standardmodell

Zusammenfassung

Neben verschiedenen klassischen Modellen (z.B. Cowan 5 / 10, Parker, verbesserte Cape-Lehman usw.) enthält die NETZSCH-Proteus®-LFA-Software viele unterschiedliche Berechnungsmodelle und mathematische Verfahren. Das Modell Penetration eignet sich speziell für poröse Materialien und Materialien mit rauer Oberfläche. Diese Besonderheit der Proteus®-LFA-Software berücksichtigt das Eindringen des Licht/Laserblitzes in die Probe neben der tatsächlich beheizten Oberfläche.

Es bezieht die Probenporosität mit ein, die dazu beiträgt, dass sich die Laserflash-Energie im Probenkörper anreichert. Das bedeutet, dass das Modell Penetration die Absorption der Pulsenergie in einer dünnen Schicht in der Probendicke in Betracht zieht. Messungen an Proben desselben Probenkörpers, jedoch mit unterschiedlicher Oberflächenstruktur (glatt und porös) bestätigen die Richtigkeit des Modells Penetration.

Literatur

  1. [1]
    McMasters, Beck, Dinwiddie, Wang (1999): “Accounting for Penetration of Laser Heating in Flash Thermal Diffusivity Experiments”, Journal of Heat Transfer, 121,15-21
  2. [2]
    Cowan, Robert D.; Journal of Applied Physics, Vol. 34, Number 4 (Part 1), April 1963