Warum schlägt man auf den Boden einer Ketchupflasche? Analyse der Fließgrenze

Einleitung

Egal, ob Sie Mayonnaise, Ketchup oder Burgersauce bevorzugen, bei einem Burger mit Pommes Frites darf eine richtig gute Sauce nicht fehlen. Dabei ist nicht nur der Geschmack der Sauce für den Verbraucher wichtig; er hat unbewusst auch große Erwartungen an die „Konsistenz“, sowohl in der Flasche als auch auf dem Teller. Damit sich die Sauce kontrolliert auf die Pommes Frites bringen lässt, wird sie in der Regel aus einem Behälter gedrückt oder aus einer Glasflasche geschlagen. Möchten Sie zu Ihren Pommes Frites einen Dip, sollte die Sauce an Ort und Stelle bleiben, ohne dabei auf dem Teller zu verlaufen. 

Einige Saucen in Flaschen lassen sich einfach ausgießen und erfordern dabei weder Druck noch Kraftaufwand. Dies trifft häufig auf Salatdressing zu, eine oft vernachlässigte Beilage zu Burger und Pommes Frites!

Quantifizierung des erforderlichen Drucks; Analyse der Fließgrenze

Die Fließgrenze ist die SpannungSpannung ist definiert als Kraftniveau, das auf eine Probe mit definiertem Querschnitt aufgebracht wird (Spannung = Kraft/Fläche). Proben mit runden oder rechteckigen Querschnitten können komprimiert oder gestreckt werden. Elastische Materialien, wie Elastomere, können bis um das 5- oder 10-fache ihrer ursprünglichen Länge gedehnt werden.Spannung, die erforderlich ist, um ein Material zum Fließen zu bringen. Eine Methode zur Bestimmung der Fließgrenze ist ein „rotierendes Drücken“ auf die Probe, indem man die Schubspannung über eine bestimmte Zeit allmählich erhöht. Bevor die Probe fließt, dehnt sich die Probenstruktur aus und widersetzt sich dem Fließen, was einen Anstieg der Scherviskosität zur Folge hat, wenn die Schubspannung ansteigt. An der Fließgrenze, dem Übergangspunkt zwischen dem festen und flüssigen Materialverhalten, bricht die Struktur zusammen und die Sauce beginnt zu fließen. Dies führt zu einer deutlichen Erniedrigung der Scherviskosität.

In Tabelle 1 sind die Messbedingungen zur Analyse der Fließgrenze an Mayonnaise, Ketchup, Burgersauce und Salatdressing zusammengefasst.

Rotationsmessung

Die obere Platte rotiert mit einer definierten Schubspannung σ [Pa]. Die für diese Rotation benötigte Scherrate ·γ [s-1] wird bestimmt. Ergebnis: Die Scherviskosität ŋ [Pa·s] (d.h. der Widerstand gegen das Fließen) wird berechnet

Tab.1 Messbedingungen – Analyse der Fließgrenze

 Burgersauce, Mayonnaise, Ketchup

Salatdressing

Geometrie

Platte-Platte, Durchmesser: 40 mm, geriffelt

Platte-Platte, Durchmesser 60 mm, glatt

Messspalt

3 mm

500 μm

Temperatur

25 °C

25 °C

Fließgrenze

0 bis max. 200 Pa

0 bis max. 200 Pa

 

Abbildung 1 zeigt die Messergebnisse zur Fließgrenze sowohl in linearer als auch logarithmischer Skalierung. Die rSpace-Software analysiert automatisch die Ergebnisse des Fließens am Ende jeder Messung. 

Ketchup erfordert die größte Spannung, bevor er zu fließen beginnt (21,8 Pa, siehe Tabelle in Abbildung 1), d.h. er ist bei identischen Flaschen am schwierigsten zu pumpen. Die Scherviskosität, die vor dem Fließen erzielt wird, ist bei dieser Probe mit nahezu 800 Pa·s am höchsten, verglichen mit nur 400 Pa·s für Mayonnaise! Dies bedeutet im Vergleich zu anderen Saucen, dass das Ketchup vor dem Fließen den meisten Belastungen standhalten kann. Außerdem ist der starke Viskositätsabfall von Ketchup durch eine einheitliche Mikrostruktur zu erklären, die gleichzeitig abnimmt, wenn die angewandte Spannung hoch genug ist.

Der Peak der Kurve der Mayonnaise ist breiter und ihr Abfall nach dem Peak ist eher stufenartig, was auf Unregelmäßigkeiten in der Struktur der Emulsion hinweist. Möglicherweise ist die Dispersion der Öltröpfchen (bestehend aus Ei, Senf und Wasser) in der Phase nicht gleichmäßig. 

Bis auf Salatdressing (schwarze Kurve in Abb.1 unten) zeigen alle Saucen, dass bereits eine geringe Schubspannung von nur 1 Pa·s genügt, um ein Fließen zu initieren. Salatdressing, bestehend aus Öl und Essig, zeigt normalerweise keine Fließgrenze und verhält sich rheologisch wie eine Newtonsche Flüssigkeit. Das hier gemessene Salatdressing deutet jedoch eine schwache Fließgrenze an. Diese ist auf den Zusatz des Verdickungsmittels Xanthan zurückzuführen.

1) Analyse der Fließgrenze an fünf unterschiedlichen Saucen. Oben: lineare Skalierung. Unten: logarithmische Skalierung.

Fließgrenze und Viskositätskurve

Ein Indikator für das Auftreten einer Fließgrenze kann auch die Viskositätskurve sein. Eine unendlich ansteigende Viskosität bei niedrigen Scherraten ist ein Anzeichen dafür, dass das Material im Ruhezustand nicht fließt, es sei denn, es wird eine Spannung ausgeübt, die ausreicht, um die Fließgrenze zu überwinden. 

Tabelle 2 und Abbildung 2 zeigen die Messbedingungen bzw. Viskositätskurven aller Proben. Alle Saucen sind von Natur aus scherverdünnend. Bei niedrigen Scherraten weisen Mayonnaise, Ketchup und Burgersauce eine ähnliche Viskosität auf. Sie unterschieden sich leicht in ihrem Scherverdünnungsverhalten: Die Scherviskosität von Ketchup (grüne Kurve) nimmt mit zunehmender Scherrate schneller ab als die der anderen Saucen. Dies ist höchstwahrscheinlich auf dessen einheitliche Struktur zurückzuführen. Desweiteren ist die Viskosität des Salatdressings im gesamten gemessenen Scherratenbereich etwa eine Dekade niedriger als die aller anderen Saucen. Diese Eigenschaft spiegelt sich im Mundgefühl der Saucen wider. Eine Mayonnaise schmeckt cremiger und hat mehr Konsistenz als ein Dressing aus Öl und Essig. Ein Dressing, das leichter fließt, bedeckt Lebensmittel oder Salat gleichmäßiger, während eine zähflüssigere, ergiebigere Sauce sich besser verteilen oder zum Dippen verwenden lässt.

Tab. 2 Messbededingungen – Viskositätskurve

 

Burgersauce, Mayonnaise, Ketchup

Salatdressing

Geometrie

Platte-Platte, Durchmesser: 40 mm, geriffelt

Platte-Platte, Durchmesser: 60 mm, glatt

Messspalt

1 mm

500 μm

Temperatur

25 °C

25 °C

Scherraten

0.1 bis100 s-1

0.1 bis 100 s-1

 

2) Viskositätskurven der vier verschiedenen Saucen

Zusammenfassung

Die Beurteilung von Saucen wird nicht nur aufgrund des rheologischen Fließverhaltens bestimmt, sondern auch das Gefühl im Mund trägt dazu bei. Somit kann man auch quantifizierte Antworten auf Verbraucherfragen und Wünsche erhalten: Wie stark muss ich meine Flasche für das Fließen drücken oder schlagen? Wie cremig ist meine Mayonnaise? 

Außerdem ermöglicht die in die Software integrierte automatische Analyse einfachere Vergleiche und schnellere Auswertungen.