03.08.2021 von Dr. Gabriele Kaiser

Magnesiumstearat – ein Material, unterschiedliche Zusammensetzungen: mit Dynamischer Differenzkalorimetrie (DSC) einfach differenzierbar

Magnesiumstearat ist einer der am häufigsten verwendeten pharmazeutischen Hilfsstoffe. Erfahren Sie mehr über den Hydratationszustand und wie dieser sichtbar gemacht werden kann.

Magnesiumstearat, kurz MgSt, ist einer der am häufigsten verwendeten pharmazeutischen Hilfsstoffe. Vor einigen Jahren war der Schmierstoff in mehr als der Hälfte der 200 wichtigsten pharmazeutischen Rezepturen auf dem Markt zu finden [1].

Obwohl pharmazeutische Schmiermittel festen Darreichungsformen nur in geringer Menge zugesetzt werden (typischerweise zu einem Anteil von 0,2 bis 5 wt %), können sie unter anderem die Reibung zwischen der gepressten Tablette und der Pressform während des Tablettierens wirksam verringern [1]. Daher spielen sie eine wichtige Rolle im Herstellungsprozess.

Trotz seiner Beliebtheit ist Magnesiumstearat nicht genau definiert. In einem US-amerikanischen Arzneibuch ([2]) wird es als eine Verbindung von Magnesium mit einer Mixtur aus festen organischen Säuren beschrieben, die hauptsächlich aus Magnesiumstearat und Magnesiumpalmitat in unterschiedlichen Anteilen besteht. Infolgedessen entsprechen viele handelsübliche Magnesiumstearate nicht der in der Literatur angegebenen Formel (MgC36H70O4) und der Molekularmasse (591,2 g/mol) eines reinen Magnesiumstearats.

Pseudo-Polymorphie und ihre Auswirkung auf die Materialeigenschaften

Magnesiumstearat existiert in seiner wasserfreien Form, als geordnetes Monohydrat, ungeordnetes Monohydrat, Dihydrat und als Trihydrat [1]. Je nach Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit kann es zu einer Umwandlung der Hydrate kommen [3]. Daher bestehen viele handelsübliche Magnesiumstearat-Typen nicht nur aus einem Hydrat, sondern aus einer Mischung dieser Hydrate [4].

Die Schmiertauglichkeit und Tablettierbarkeit von Magnesiumstearat hängt jedoch von den physikalisch-chemischen Eigenschaften des Materials und somit auch von seinem Hydratationszustand ab [5]. Daher ist es wichtig, das Magnesiumstearat auszuwählen, das den Anforderungen der jeweiligen Formulierung entspricht, um eine konstante Qualität sicher zu stellen. Hier hilft die Dynamische Differenzkalorimetrie (DSC).

Zusammensetzung auf einen Blick sichtbar

Abbildung 1 zeigt die ersten Aufheizungen, die während der DSC-Messungen an zwei handelsüblichen Magnesiumstearat-Typen für Pharmazie-Anwendungen durchgeführt wurden. Die sichtbaren thermischen Effekte verdeutlichen die Entwässerung (sowie das Schmelzen) der Probe. TGA-FT-IR-Untersuchungen (hier nicht gezeigt) haben bestätigt, dass in dem angegebenen Temperaturbereich bis 170 °C tatsächlich nur Wasser freigesetzt wird.

Die komplexen DSC-Kurvenformen lassen vermuten, dass wir es in beiden Fällen mit einem Hydratgemisch zu tun haben. Die Kurven zeigen jedoch auch, dass sich das Wasser an ganz unterschiedlichen Stellen befindet. Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Probenmaterialien nicht den gleichen Hydratationszustand aufweisen.

Bild 1: DSC-Messungen von zwei handelsüblichen Magnesiumstearat-Materialien für die pharmazeutische Verwendung; dargestellt ist jeweils die erste Aufheizung; Probenmassen: 2,4 – 3 mg, Heizrate: 10 K/min, Al-Tiegel mit gelochtem Deckel, N2-Atmosphäre

Quellenangabe:

[1]        S.P. Delaney et al., Characterization of Synthesized and Commercial Forms of Magnesium  Stearate Using Differential Scanning Calorimetry, Thermogravimetric Analysis, Powder X-Ray Diffraction, and Solid-State NMR Spectroscopy, J. Pharm. Sci. 106 (2017), 338 – 347

[2]        Monograph text about Magnesium Stearate in USP, Stage 6 Harmonization, Official August 1, 2016

[3]        S.H. Wu, Effect of Magnesium Stearate Lubricant Attributes on Product Processibility and  Quality, presented in 2009 Land O´Lake Industrial Pharmacy Conference, available as slide share presentation under Attributes of Magesium Stearate as a Tablet Lubricant (slideshare.net)

[4]        J. Li and Y. Wu, Lubricants in Pharmaceutical Solid Dosage Forms, Lubricants(2014), 2, 21-43; doi:10.3390/lubricants2010021

[5]        J.L. Calahan, Correlating the Physicochemical Properties of Magnesium Stearate with Tablet Dissolution and Lubrication, University of Kentucky, Theses and Dissertations–Pharmacy. 117