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Πάντα ῥεῖ (Panta Rhei) "Alles fließt" – Thermische Analyse an Flüssigkeiten

In der Literatur ist öfter zu lesen, dass sich neben Feststoffen (kompakte Proben, Pulver etc.) und hochviskosen Materialien (wie z.B. Gelen oder Pasten) auch niederviskose Flüssigkeiten als Proben eignen.

Der folgende Beitrag möchte einige Hinweise geben, welche Stoffeigenschaften bei der Probenpräparation zu beachten und welche Messbedingungen für Untersuchungen zu empfehlen sind. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Dynamischen-Differenzkalorimetrie (DSC), der thermogravimetrischen Analyse (TGA) sowie der Laser-Flash Analyse (LFA).

Dynamische Differenz-Kalorimetrie (DSC):

Bei DSC ist der Kontakt zwischen Probe und Tiegelboden entscheidend für die Signalintensität. Viele Flüssigkeiten zeigen jedoch, wenn sie mit der Tiegelwand in Berührung kommen, eine Kapillaraszension, d.h. es bildet sich eine konkave Oberfläche aus und die Flüssigkeit wird (aufgrund der stärkeren Adhäsionskräfte zwischen der Flüssigkeit und dem Festkörper gegenüber den intermolekularen Adhäsionskräften in der Flüssigkeit selbst) an der Wandung hochgezogen. Als Folge davon bleibt auf dem Tiegelboden oft nur wenig Substanz zurück. 

Um diesen Effekt zu umgehen ist es ratsam (siehe Abb. 1), mit einer Spritze oder einer Pipette nur wenig Flüssigkeit einzufüllen, damit lediglich der Boden bedeckt ist.

Abbildung 2 spiegelt das thermische Verhalten von Butylacetat wieder, einem farblosen Lösemittel mit der Summenformel C6H12O2 . Nach dem Abkühlen der Flüssigkeit auf -170 °C bleibt der entstandene Feststoff zunächst amorph, kristallisiert anschließend bei -109°C (Peaktemperatur) und schmilzt bei -77 °C (extrapolierte Onset-Temperatur) auf.

Eine weitere zu berücksichtigende Größe ist der Dampfdruck der Probenkomponenten in Abhängigkeit von der Temperatur. Ein hoher Dampfdruck führt in offenen Tiegeln während des Aufheizens zu einem frühzeitigen Beginn der VerdampfungVerdampfung beschreibt die Phasenumwandlung eines Stoffes von der flüssigen in die gasförmige Phase. Beim Verdampfen eines Stoffes unterscheidet man grundsätzlich zwei Formen, Sieden und Verdunstung.Verdampfung und zu breiten endothermen Peaks, wodurch – wie z.B. bei manchen flüssigen Harzen – andere Effekte eventuell überlagert werden.

Bei Reinstoffen kann die molare Verdampfungsenthalpie (unter Berücksichtigung der Molmasse auch die Verdampfungswärme in J/g) aus Dampfdruckmessungen, z.B. mittels Hochdruck-DSC (nach ASTM E 1782) bestimmt werden. Bei hermetisch verschlossenen Aluminiumtiegeln kann es zu einem Druckaufbau im Inneren kommen, was schließlich eine Verformung oder sogar ein Aufplatzen des Tiegels zur Folge haben kann. In Abhängigkeit vom gewünschten Temperaturbereich und vom Untersuchungsziel ist es deshalb manchmal notwendig, auf druckdichtere Tiegel auszuweichen. Außer sogenannten Niederdrucktiegeln aus Aluminium stehen für diese Zwecke Mitteldrucktiegel aus Edelstahl oder Hochdrucktiegel aus Edelstahl bzw. Titan® zur Verfügung.

Thermogravimetrische Analyse (TGA):

Das beschriebene frühzeitige Einsetzen einer Verdampfung manifestiert sich in einer Masseänderung bei einer Temperatur, die weit unterhalb des Siedepunktes liegt (Abb. 3). Arbeitet man dagegen mit einem Deckel mit extrem kleinem Loch, verzögert sich die Verdampfung bis in die Nähe des Siedepunkts (ebenfalls Abb. 3). Die Masseabnahme selbst verläuft in diesem Fall wesentlich rascher; die zugehörige TG-Kurve weist einen scharfen Abfall auf. Für derartige Untersuchungen können z.B. Aluminiumdeckel mit 50 µm-Löchern zur Anwendung kommen.

In Abbildung 3 sind zwei Messungen an Wasser dargestellt: Eine in einem offenen Tiegel (blau), eine zweite in einem Tiegel inkl. Deckel (rot) mit Mikroloch. Die beiden Kurvenprofile unterscheiden sich deutlich voneinander.

Laser Flash Analyse (LFA):

Zur Bestimmung der TemperaturleitfähigkeitDie Temperaturleitfähigkeit (a mit der Einheit mm2/s) ist eine materialabhängige Stoffeigenschaft zur Charakterisierung des instationären Wärmetransports. Sie gibt an, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert.Temperaturleitfähigkeit an Flüssigkeiten mittels LFA werden Container eingesetzt, die eine gleichmäßige Schichtdicke der Probe gewährleisten. Dies ist notwendig, da die Dicke der Probe quadratisch in die Berechnungsformel eingeht.

Völlig neu in diesem Zusammenhang ist der in Abb. 4 gezeigte Probenhalter, der sich durch eine besonders einfache Handhabung, eine hohe Messgenauigkeit und eine hohe Reproduzierbarkeit der Ergebnisse auszeichnet. Der Probenhalter besteht 12 – von unten nach oben – aus einem Tragring, zwei Dichtscheiben aus Edelstahl, einem dazwischen  liegenden Probenring aus Kunststoff mit zwei Einfüllöffnungen für die flüssigen Proben und einer oberen Abdeckplatte. Der Kunststoffring und die Edelstahlscheiben sind kostengünstig austauschbar.

Der Probenhalter eignet sich vor allem für wasserbasierende Flüssigkeiten, Öle oder Harze, aber auch für höher viskose Materialien wie z.B. Fette.

In Abbildung 5 sind drei Messungen an Wasser, aufgenommen mit unterschiedlichen Probenhaltern des neuen in Abbildung 4 gezeigten Typs im Temperaturbereich von RT bis ca. 80/85 °C zu sehen. Die Auswertung erfolgte jeweils unter Anwendung eines 3-Schicht-Modelsl. Alle Resultate liefern innerhalb eines Toleranzbandes von +/- 5 % zu Literaturdaten.

In Abbildung 6 ist das entsprechende Detektorsignal zusammen mit einer Modellanpassung bei 60 °C dargestellt. Es ist deutlich zu sehen, dass die experimentellen Daten gut übereinstimmen.