Das Modell Penetration in der NETZSCH LFA-Software − Sachgemäße Behandlung poröser Materialien!

Einleitung

Seit der Einführung der Laser Flash-Methode 1961 von Parker et al. gab es diverse Verbesserungen für die kontaktlose und zerstörungsfreie Bestimmung der TemperaturleitfähigkeitDie Temperaturleitfähigkeit (a mit der Einheit mm2/s) ist eine materialabhängige Stoffeigenschaft zur Charakterisierung des instationären Wärmetransports. Sie gibt an, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert.Temperaturleitfähigkeit. Die Hard- und Software sollten heutzutage Messungen an unterschiedlichen Probengeometrien und -formen erlauben. Die Laser-/ Licht-Flash-Apparatur (LFA) sollte nicht nur für die Untersuchung von Festkörpern, sondern auch von pulverförmigen, flüssigen, zermahlenen und porösen Probekörpern eingesetzt werden können. Aus diesem Grund war die Anpassung der Hardware (z.B. spezielle Probenhalter) notwendig. Auch Software-Modelle, die den Einfluss der Probenform und -art berücksichtigen, wurden immer wichtiger für die genaue Bestimmung der Temperaturleitfähigkeit (a), WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit (λ) und der spezifischen Wärmekapazität (cp). 

In den letzten Jahren hat NETZSCH Berechnungsmodelle, Korrekturen und mathematische Verfahren, die den Wärmeverlust in Kombination mit der Korrektur der Basislinie und der Pulsform in Ein- und Mehrschichtsystemen berücksichtigen, kontinuierlich verbessert. Ein Strahlungsmodell für transparente Proben und verschiedene In-Plane-Modelle sind ebenfalls verfügbar.

In diesem Application Note wird das Modell Penetration gemäß McMasters [2] für Messungen an porösen Materialien vorgestellt.

Poröse Materialien stellen eine Herausforderung dar– jedoch nicht für das Modell Penetration

Bei Standard-Flash-Messungen wird die gesamte Energie von der Probenoberfläche absorbiert. Eine thermische Welle durchläuft die Probe in Dickenrichtung, bevor Sie auf der Rückseite (Abbildung) 1 ankommt. Für poröse Materialien hat NETZSCH nun das Modell Penetration (Abbildung 2) eingeführt, das folgende Punkte mit berücksichtigt: 

  • Die Absorption der Impulsenergie ist nicht länger auf die Vorderseite der Probe beschränkt. 
  • Die Absorption breitet sich über eine dünne Schicht in die Probendicke aus. 
  • Die Absorptionsschichten können als die mittlere freie Weglänge im Material behandelt werden. 

Bei Berücksichtigung dieser Aspekte erhält man einen exponentiellen Abfall der anfänglichen Temperaturverteilung innerhalb des Probekörpers. Bei Anwendung dieses Ansatzes, der die Porosität des Materials berücksichtigt, erhält man eine erhöhte Genauigkeit bei der Bestimmung der Temperaturleitfähigkeit, der Wärmeleitfähigkeit und der spezifischen Wärmekapazität.

1) Schema der LFA-Methode
2) Das in der NETZSCH Proteus® LFA-Software implementierte Modell Penetration

Messbedingungen

Ein Grafitdämmfilz wurde zwischen Raumtemperatur und 90 °C mit der NETZSCH-LFA 427 und für Vergleichszwecke mit dem NETZSCH-Wärmeflussmesser HFM 436 gemessen. Die Probendicken betrugen 5,4 mm bzw. 20 mm. Die DichteDie Massen-Dichte ist definiert als Verhältnis zwischen Masse und Volumen.Dichte wurde zu 0,082 g/cm3 bei 20 °C bestimmt.

Messergebnisse

Dargestellt in Abbildung 3 sind die LFA-Messergebnisse, die den Verlauf der aufgezeichneten Temperaturleitfähigkeit auf Basis des Modells Penetration, die Literaturdaten der spezifischen Wärmekapazität von POCO-Grafit und die berechnete Wärmeleitfähigkeit basierend auf folgender Gleichung: 

λ = а · ρ · cp 

mit
λ = Wärmeleitfähigkeit
α = Temperaturleitfähigkeit
ρ = Dichte
cp = Spezifische Wärmekapazität (cp)Die spezifische Wärmekapazität oder Wärmekapazität ist eine messbare physikalische Größe, die dem Verhältnis der einem Objekt zugeführten Wärme zur resultierenden Temperaturänderung entspricht.spezifische Wärmekapazität

zeigen.

Die LFA-Messung wurde zunächst mit dem Standardmodell (Cowan, [4]) und ein zweites Mal mit dem Modell Penetration ausgewertet. Abbildung 4 zeigt deutlich, dass die gleiche Messung bei Anwendung verschiedener Berechnungsmodelle zu unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeitsergebnissen führt. Die Frage, welches das bessere Ergebnis ist, lässt sich durch Überprüfung des Signalanstiegs (Abbildung 5) beantworten. In Abbildung 5 ist der Anstieg des Detektorsignals dargestellt. Der linke Plot zeigt die Anwendung des Standardmodells. Es ist klar ersichtlich, dass durch Verwendung des Standardmodells ein nur ungenügender Fit erzielt wird. In diesem Fall wird die Temperaturleitfähigkeit mit 0,753 mm2/s bestimmt – ein zu hoher Wert für das untersuchte Material. Wendet man jedoch eine Anpassung auf Basis des Modells Penetration an (rechter Plot), erhält man einen ausgezeichneten Modellfit. Der erhaltene Temperaturleitfähigkeitswert a = 0,626 mm2/s ist ungefähr 17 % niedriger und aufgrund des verbesserten Modellfits auch als zuverlässiger zu bewerten als der durch Verwendung des Cowan-Modells (Standard) erhaltene Wert. Die Wärmeleitfähigkeit ist proportional zur Temperaturleitfähigkeit und somit sind auch die Werte für das Standardmodell höher. Die Zuverlässigkeit der mit dem Modell Penetration erhaltenen Werte wurde durch HFM-Messungen an demselben Material bestätigt. Die LFA und HFM-Ergebnisse liegen in guter Übereinstimmung, die maximale Abweichung beträgt weniger als ± 6 % (Abbildung 6).

3) LFA-Messung an der Grafitdämmfilzprobe zusammen mit den Literaturen der spezifischen Wärmekapazität für POCO-Grafit
4) Ein Vergleich des Standardmodells von Cowan und dem Modell Penetration zeigt, dass die unterschiedlichen Modelle zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können
5) links: Laserschuss, gefittet mit Standardmodell: 0,753 mm²/s, rechts: Laserschuss, gefittet mit dem Modell Penetration: 0,626 mm²/s
6) Wärmeleitfähigkeit bestimmt mittels LFA (rote Kurve) und HFM (blaue Kurve) unter Verwendung des Standardmodells und des Modells Penetration

Zusammenfassung

Neben verschiedenen klassischen Modellen (z.B. Cowan 5 / 10, Parker, verbesserte Cape-Lehman etc.) enthält die NETZSCH LFA-Proteus®-Software viele unterschiedliche Berechnungsmodelle, Korrekturen und mathematische Verfahren. Eines davon ist das Modell Penetration, das speziell für poröse Materialien und Materialien mit rauer Oberfläche geeignet ist. Diese besondere Eigenschaft der LFA Proteus®-Software berücksichtigt die Eindringung des Laserlichtes in die Probenstruktur. Weitere zuverlässige Methoden, wie der Wärmeflussmesser (HFM), bestätigen die LFA-Ergebnisse, die durch Anwendung des Modell Penetration für die Berechnung der Temperatur-/Wärmeleitfähigkeit bestimmt wurden.

Literatur

  1. [1]
    W.J. Parker; R.J. Jenkins; C.P. Butler; G.L. Abbott (1961).“Method of Determining Thermal Diffusivity, Heat Capacity and Thermal Conductivity”. Journal of Applied Physics. 32 (9): 1679.
  2. [2]
    McMasters, Beck, Dinwiddie, Wang (1999): “Accounting for Penetration of Laser Heating in Flash Thermal Diffusivity Experiments”, Journal of Heat Transfer, 121, 15-21
  3. [3]
    Cowan, Robert D.; Journal of Applied Physics, Vol. 34, Number 4 (Part 1), April 1963