PTFE – Ein faszinierendes Polymer untersucht mit modernen Thermoanalyse-Methoden

Einleitung

Polytetrafluorethylen (PTFE), besser bekannt als Teflon®, dürfte wohl jedem aufgrund der Antihaft-Beschichtung in Pfannen und anderen Küchenutensilien ein Begriff sein. Es ist sehr reaktionsträge und chemisch widerstandsfähig. Aufgrund dieser Eigenschaften wird es nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Industrie, z.B. in Containern und Rohrleitungen für korrosive und reaktive Chemikalien, eingesetzt. Auch Bauteile, wie Führungsschienen, Gleitlager und Getriebe, bei denen Verschiebbarkeit eine Rolle spielt, werden aus PTFE hergestellt. 

Die thermische Charakterisierung eines PTFE-Materials wurde mit verschiedenen thermischen Analysemethoden und Techniken zur Bestimmung der thermophysikalischen Eigenschaften realisiert. Die Messungen wurden im Temperaturbereich von -170 °C bis 700 °C (abhängig von der jeweiligen Methode) durchgeführt. Die thermische Ausdehnung und DichteDie Massen-Dichte ist definiert als Verhältnis zwischen Masse und Volumen.Dichteänderung wurden durch Schubstangen-Dilatometrie (DIL, basierend z.B. auf ASTM E831, DIN 51045) bestimmt. Zur Bestimmung der viskoelastischen Eigenschaften (Speicherund Verlustmodul) wurde die dynamisch-mechanische Analyse (DMA) eingesetzt. Die TemperaturleitfähigkeitDie Temperaturleitfähigkeit (a mit der Einheit mm2/s) ist eine materialabhängige Stoffeigenschaft zur Charakterisierung des instationären Wärmetransports. Sie gibt an, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert.Temperaturleitfähigkeit wurde mit der Laserfl ash-Technik (LFA, basierend z.B. auf ASTM E1461, DIN EN821) gemessen. Die Kombination von Temperaturleitfähigkeitsdaten mit spezifi scher Wärme und Dichte ermöglichte die Berechnung der Wärme-leitfähigkeit des Polymers. Das Zersetzungsverhalten wurde mit der Simultanen Thermischen Analyse (STA, basierend z.B. auf ASTM E1131, ASTM D3850, DIN 51006, ISO 11357, DIN 51004, DIN 51007, etc.) bestimmt. Die freigesetzten Gase wurden mittels Massenspektrometer (QMS) und Fourier-Transform-Infrarot-Spektroskopie (FT-IR) analysiert. 

PTFE zeigt mehrere Übergänge über den gesamten Temperaturbereich. Unterhalb 19 °C ist eine geordnete, triklinische Phase zu sehen; zwischen 19 °C und 30 °C hingegen bildet es eine partiell geordnete hexagone Phase. Oberhalb 30 °C bis zum Schmelzpunkt (328 °C) zeigt das Material eine sehr ungeordnete pseudo-hexagonale Phase. Weitere Übergänge, die der amorphen Phase zuzuschreiben sind, wurden bei -115 °C und 131 °C gefunden. In einigen Literaturstellen [3], [4] wird der Phasenübergang bei 131 °C als Glasübergang beschrieben.

Polytetrafluorethylen = PTFE

  • Besser bekannt als Teflon®*
  • 1938 von Roy Plunkett entdeckt
  • Summenformel: CnF2n+2
  • Molekularmasse: 100.02 g/mol
  • Dichte: 2.2 g/cm³
  • Schmelzpunkt: 327°C

*Teflon® ist ein eingetragener Markenname von E.I. DuPont de Nemours and Company.

Das hier untersuchte Material wurde von ElringKlinger Kunststofftechnik GmbH, Heidenheim, bereitgestellt.

Messergebnisse

A) Viskoelastische Eigenschaften

In Abbildung 1 sind die ermittelten mechanischen Eigenschaften E´, E´´ und tanδ dargestellt. Die Stufe im Speichermodul bei -131 °C kann dem Glasübergang der amorphen Phase zugeordnet werden. Zwischen 20 °C und 40 °C sind zwei fest-fest-Übergänge zu sehen. Eine weitere Stufe in der E´ -Kurve tritt bei 115 °C auf; sie kann einem fest-flüssig-Übergang der amorphen Phase [1] zugeschrieben werden, der manchmal auch als Glasübergang [3], [4] charakterisiert wird.

1) Speichermodul E´ (schwarz), Verlustmodul E´´ (rot) und tanδ (blau) von PTFE bei 1 Hz (DMA 242)

Ein 3-D-Plot einer Multifrequenz- Messung (1, 2, 5 und 10 Hz) ist in Abbildung 2 gezeigt. Wie daraus zu entnehmen ist, steigt tanδ bei einer gegebenen Temperatur mit zunehmender Frequenz an.

2) 3-D-Plot des Speichermoduls E´ und tanδ bei Frequenzen von 1, 2, 5 und 10 Hz (DMA 242)

B) Thermische Ausdehnung, Dichteänderung

Zwischen -170 °C und 20 °C dehnt sich PTFE mit konstanter Ausdehnungsrate aus (Abbildung 3). Aufgrund des fest-fest-Übergangs zeigt sich bei Raumtemperatur ein sprunghafter Anstieg der thermischen Ausdehnung. Oberhalb des Phasenübergangs steigt die thermische Ausdehnung mit leicht steigender Ausdehnungsrate kontinuierlich an.

3) Thermische Ausdehnung (durchgezogene Linie, schwarz) und Ausdehnung (gestrichelte Linie, blau) von PTFE (DIL 402 C)

Die VolumenausdehnungDas Volumen von Gasen/Festkörpern/Flüssigkeiten ändert sich mit der Temperatur, dem Druck oder den Kräften, die auf die Gase/Festkörper/Flüssigkeiten einwirken. Im Fall von thermischer Analyse werden temperaturabhängige Änderungen untersucht.Volumenausdehnung und Dichteänderung von PTFE sind in Abbildung 4 dargestellt. Der fest-fest- Übergang entspricht einer Volumenänderung von über 1 %.

4) Volumenausdehnung (grüne Kurve), Dichteänderung (rote Kurve) und Ausdehnung (blaue Kurve) von PTFE (DIL 402 C)

C) Thermophysikalische Eigenschaften

Temperaturleitfähigkeit, Dichteänderung und spezifische Wärme

Die Temperaturleitfähigkeit, spezifische Wärme und Dichteänderung von PTFE sind in Abbildung 5 dargestellt. Die Temperaturleitfähigkeit steigt mit der Temperatur kontinuierlich an, wie es von der Festkörperphysik für Phonenenleiter erwartet wird. Der Fest-Fest-Übergang bei Raumtemperatur kann eindeutig identifiziert werden, während die weiteren Übergänge bei -131 °C und 115 °C nicht sichtbar sind.

5) Temperaturleitfähigkeit, spezifische Wärme und Dichteänderung von PTFE (LFA 457 MicroFlash®, STA 449 F1 Jupiter® und DIL 402 C)

WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit

Abbildung 6 zeigt die Wärmeleitfähigkeit, berechnet aus Temperaturleitfähigkeit, spezifischer Wärme und Dichte. Im Tieftemperaturbereich ist die Wärmeleitfähigkeit nahezu konstant (0,32 Wm-1K-1). Während des Phasenübergangs zwischen 10 °C und 40 °C nimmt sie um mehr als 10 % ab; bei höheren Temperaturen – nachdem das Signal wieder angestiegen ist – ist das Niveau der Wärmeleitfähigkeit deutlich niedriger als vor dem Phasenübergang.

6) Wärmeleitfähigkeit von PTFE (LFA 457 MicroFlash®)

D) Thermische Zersetzung, Gasanalyse

Die temperaturabhängigen Massenänderungen und Signale des Massenspektrometers sind in den Abbildungen 7 und 8 dargestellt. Bis zum Zersetzungsbeginn bei 587 °C zeigt das PTFE keinen Massenverlust. Mit dem Massenspektrometer können sich ändernde Ionenstromintensitäten für die Massenzahlen 31, 50, 69, 81, 100, 131, 150, 181, 200, 219 und 243 detektiert werden. Diese Massenzahlen geben die für PTFE charakteristischen Fragmente wider. Das Polytetrafluoroethylen zersetzt sich vollständig (in inerter Gasatmosphäre verbleibt keine Restmasse).

7) Temperaturabhängige Massenänderung (TGA) und Massenspektrometersignale (Massenzahlen 31, 50, 69, 81, 100 und 131) von PTFE (STA 449 F1 Jupiter® – QMS 403 C Aëolos®)
8) Massenspektrum bei 617 °C für PTFE (QMS 403 C Aëolos®)

Simultan zur TG-MS-Messung wurde auch eine FT-IR-Messung durchgeführt. Die detektierten IR-Spektren sind in Form eines 3-dimensionalen Würfels in Abbildung 9 dargestellt. In der y-z-Ebene ist zusätzlich die zugehörige TG-Kurve eingebunden.

9) 3-D-Ansicht aller detektieren IR-Spektren gegen die Temperatur, einschließlich TG-Ergebnisse von PTFE (STA 449 F1 Jupiter® – Bruker FT-IR TENSOR)

Aus diesem 3-D-Plot wurden einzelne Spektren bei einer Temperatur nahe der Maxima der sichtbaren Peaks (Abbildung 10) extrahiert und mit Literaturdaten verglichen. Es konnten HF und Tetrafluorethylen identifiziert werden.

10) Vergleich der extrahierten IR-Spektren bei 620 °C (rote Kurve) mit den Bibliotheksspektren von Tetrafluorethylen (blau) und HF (grüne Kurve) für PTFE

Zusammenfassung

Um ein besseres Verständnis von PTFE zu erhalten, wurden verschiedene thermophysikalische und thermomechanische Eigenschaften bestimmt. Der fest-fest-Übergang konnte mit allen eingesetzten Thermooanalysemethoden identifiziert werden; die Detektion von Übergängen in Verbindung mit der amorphen Phase ist jedoch nur mittels dynamisch-mechanischer Analyse gelungen.

Literatur

  1. [1]
    K. Hying, Analyse der viskoelastischen Eigenschaften von Polytetrafluorethylen im Bereich des β-Übergangs, Ph.D. thesis (RWTH Aachen, 2003)
  2. [2]
    V. Villani, Thermochim. Acta, 162, 189 (1990)
  3. [3]
    L. David, C. Sachot, G. Guenin and J. Perez, Journal de Physique III, Vol. 6, Dec 1996.
  4. [4]
    J.D. Menczel, R.B. Prime, Thermal Analysis of PolymersJohn Wiley & Sons, 2009.