05.04.2023 von Dr. Gabriele Kaiser

Wie viel Vanillin steckt im Vanillinzucker?

EIN ÖSTERLICHER BLOGARTIKEL

Mit dem Frühling hält auch die Osterzeit Einzug, die für viele Menschen Gelegenheit bietet, ihre Lieblings-Backrezepte aus der Schublade zu holen und in der Küche kreativ zu werden. Vielfach verleiht dabei das blumig-süße Vanille-Aroma Kuchen, Keksen und anderen Leckereien eine ganz besondere Note. Kein Wunder, dass Vanille zu den am häufigsten verwendeten Aromen gehört - kaum ein Speiseeis, ein Gebäck oder eine Süßspeise kommen ohne Vanille aus.

Zum Backen wird das Aroma meist in Form von Vanillezucker oder Vanillinzucker eingesetzt. Lesen Sie im Folgenden, worin sich die beiden aromatisierten Zuckerarten unterscheiden und wie der Gehalt an Vanillin in einer handelsüblichen Vanillinzucker-Packung sich mittels dynamischer Differenzkalorimetrie (engl. Differential Scanning Calorimetry, DSC) bestimmen lässt.

Vanille ist ein sehr komplexer Aromastoff. Bisher wurden mehr als 200 verschiedene aromaaktive Substanzen darin gefunden. Die Haupt-Geschmacks- bzw. Duftkomponente ist Vanillin, chemisch als 4-Hydroxy-3-methoxybenzaldehyd bezeichnet.  

Neben Lebensmitteln ist Vanillin übrigens auch ein beliebter Zusatzstoff für Kosmetika und Arzneimittel. Insgesamt aromatisiert es ca. 18.000 verschiedenen Konsum- und Verbrauchsgüter. [1]

Der jährliche Bedarf an Vanillin weltweit liegt schätzungsweise bei 15.000 Tonnen. Doch nur ca. 35 Tonnen können aus Vanilleschoten (eigentlich Vanillekapseln) gewonnen werden [1]. Die Vanillepflanze ist sehr anspruchsvoll und der Vanillin-Gehalt der Kapseln liegt in der Regel unter 2,5 % [2]. Deshalb handelt es sich meist um synthetisch oder mikrobiologisch hergestelltes Vanillin [1].

Vanillezucker oder Vanillinzucker?

Während Vanillezucker aus Saccharose (Haushaltszucker) und zerkleinerten Vanille-Schoten und/oder Vanille-Extrakt hergestellt wird, stellt Vanillinzucker eine Mischung aus Saccharose und Vanillin dar [3]. Letzteres ist wesentlich preisgünstiger und findet sich als Standard-Backzutat in nahezu jedem Supermarkt.   

Nach der BLL-Richtlinie [3] muss Vanillinzucker in Deutschland unmittelbar nach der Herstellung auf je 8 g Gesamtinhalt mindestens 0,1 g Vanillin enthalten, also 1,25%. Dieser Gehalt kann sich bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums auf 0,085 g (= 1,06%) reduzieren.

Abb. 1: DSC-Messung an reinem Vanillin; Probenmasse: 4,49 mg, Al-Tiegel mit gelochtem Deckel, Heizrate: 10 K/min, Stickstoff-Atmosphäre
Vanillin in Vanillinzucker

Abbildung 2 gibt das Ergebnis einer DSC-Messung an einer kommerziell erhältlichen Vanillinzuckerprobe wieder. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Schmelzbereiche des Vanillins (extrapolierte Onset-Temperatur: 81,8°C) und des Zuckers (extrapolierte Onset-Temperatur: 184,2°C) lassen sich beide Komponenten gut voneinander unterscheiden. 

Durch Vergleich der in diesem Experiment ermittelten Schmelzwärme des Vanillins mit der Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelzenthalpie der Reinsubstanz ergibt sich rechnerisch ein Vanillingehalt von ca. 1,6%.

Um ein repräsentatives Ergebnis zu erhalten, wurden aus einem Beutel Vanillinzucker insgesamt 10 Proben entnommen und mit einer Probenmenge zwischen 5,1 mg und 6,1 mg gemessen (hier nicht gezeigt). Der Durchschnittsanteil an Vanillin lag dabei sogar bei ca. 1,86%, also etwas höher als der geforderte Mindestgehalt.

 

Abb. 2: DSC-Messung an einem handelsüblichen Vanillinzucker; Probenmasse: 5,29 mg, Al-Tiegel mit gelochtem Deckel, Heizrate: 10 K/min, Stickstoff-Atmosphäre

Fazit

Liegen die charakteristischen Effekte der Komponenten einer Mischung weit genug auseinander und gehen diese keine Verbindung miteinander ein, so dass sich die zugehörigen Temperaturen und Peakflächen unabhängig voneinander berechnen lassen, können mittels DSC durch Vergleich mit den Daten der Reinmaterialien die jeweiligen Gehalte abgeschätzt werden.

Trotz des geringen Anteils an Vanillin in Vanillinzucker (< 2%), reicht die Menge aus, um dem Kuchen den gewünschten Geschmack zu geben.
 

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Backen und ein frohes Osterfest!

 

Literatur:

[1]        Aromawissen kompakt – der Aromastoff Vanillin, Deutscher Verband der Aromenindustrie e.V.

[2]        Woher kommt Vanillin und wie stellt man es her? Schrift des Deutschen Verbandes der Aromenindustrie e.V.

[3]        Richtlinie für Vanille-Zucker und Vanillin-Zucker (2007), Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V.

[4]        Wikipedia

[5]        NIST chemistry webbook, 
             https:// webbook.nist.gov/cgi/cbook.cgi?ID=C121335&Units=SI&Mask=4#Thermo-Phase