Polymererkennung mittels KIMW-Datenbank und Identify

Einleitung

Das Kunststoff-Institut Lüdenscheid [1], ein erfahrener Ansprechpartner in allen Kunststoff-Fragestellungen, hat über Jahre hinweg eine Materialdatenbank mit inzwischen mehr als 600 DSC-Kurven von handelsüblichen Polymeren aufgebaut. Dank einer Kooperation zwischen dem Kunststoff-Institut und NETZSCH-Gerätebau GmbH kann diese umfangreiche Datenbank jetzt in die Kurvenerkennungs- Software Identify innerhalb der Proteus®-Analyse eingebunden werden. Zusammen mit der automatischen, benutzerunabhängigen Auswertung von DSC-Messungen mittels AutoEvaluation wird dadurch Polymeranalytik, z.B. zur Identifizierung, Schadensanalyse und Qualitätskontrolle, nicht nur einfacher, sondern auch aussagekräftiger [2].

Was bietet Identify?

Das Datenbanksystem Identify wurde zum direkten Abgleich und damit zur Zuordnung und Interpretation von DSC-Kurven eingeführt, kann aber inzwischen auch für ΔL/L0-Messungen, die von DIL und TMA-Geräten stammen), für Spezifische Wärmekapazität (cp)Die spezifische Wärmekapazität oder Wärmekapazität ist eine messbare physikalische Größe, die dem Verhältnis der einem Objekt zugeführten Wärme zur resultierenden Temperaturänderung entspricht.cp-Daten von DSC-Geräten und seit Kurzem für TG-Messungen verwendet werden [3]. Ist Identify einmal innerhalb Proteus® verfügbar, kann es automatisch für alle Signaltypen der unterstützten Geräte genutzt werden und der Anwender hat immer Zugriff auf die gesamte Datenbank mit all ihren Möglichkeiten, wie z.B. die Überlagerung der aktuellen Messkurve mit beliebigen Datenbankkurven – auch von unterschiedlichem Daten-Typ. 

Der gesamte NETZSCH-Teil der Datenbank umfasst bereits mehr als 1100 Einträge aus den Feldern Polymere, Organik, Nahrungsmittel und Pharma, Keramik und Anorganik, Metalle und Legierungen, sowie chemische Elemente (siehe Abbildung 1). Diese Einträge setzen sich aus Messungen und Literaturdaten zusammen, welche von unterschiedlichem Daten-Typ sind (DSC, TG, DIL/TMA und cp). Anwender können selbstverständlich Bibliotheken mit eigenen Messungen und Literaturdaten anlegen bzw. erweitern und über das Computer-Netzwerk zusammen mit anderen Anwendern gleichzeitig nutzen. 

Grundsätzlich bietet Identify verschiedene Such-Algorithmen, die Datenbanksuche lässt sich auf bestimmte Temperaturbereiche einschränken und die Ergebnisse lassen sich nach verschiedenen Kriterien, wie z.B. den Messbedingungen, filtern.

1) Bibliotheken innerhalb von Identify (Stand: 12/2016)

Die Vorteile der KIMW-Datenbank

Während der NETZSCH-Teil der Identify-Datenbank vor allem durch seine Material- und Methodenvielfalt überzeugt, bringt der optionale KIMW-Teil zusätzlich eine bisher unerreichte Tiefe im Bereich DSC an Polymeren: Er beinhaltet 600 DSC-Messungen, die etwa 130 verschiedene Polymertypen und Blends widerspiegeln. Das heißt, zu vielen Polymertypen liegen Messungen an verschiedenen Produkten desselben Typs vor, die durchaus signifikant unterschiedliche DSC-Profile aufweisen können. Zu der Fülle an DSC-Kurven kommt der Vorteil hinzu, dass zu jedem der 600 Polymere der genaue Handels- und Herstellername sowie die Farbe und der Füllstoffgehalt hinterlegt sind. 

In der Summe werden die 600 DSC-Kurven der KIMW-Datenbank durch die Integration in Identify direkt und intelligent nutzbar – entweder durch rein visuellen Vergleich oder zur automatischen Erkennung eines Polymers, wie im folgenden Beispiel gezeigt.

Erkennung eines Polymerblends

Die Abbildungen 2 und 3 illustrieren eine exemplarische Datenbanksuche, wobei als Input-Kurve eine in der KIMW-Datenbank bereits hinterlegte Messung am Polymerblend „PEI-PTFE Ultem 4001“ dient. Die Ergebnisse von AutoEvaluation und Identify erscheinen nach nur einem Klick: Zunächst erfolgt eine automatische Detektion und Auswertung der Effekte, wobei in diesem Fall ein endothermer Effekt im Temperaturbereich zwischen etwa 0 °C und 30 °C, ein Glasübergang bei etwa 216 °C und ein weiterer endothermer (Schmelz-)Effekt bei 324 °C Peak-Temperatur gefunden wurden. Die Datenbanksuche ergab als ähnlichste Treffer dieselbe Kurve sowie ein weiteres PEI-PTFE-Blend, aber auch Messungen an reinem PTFE bzw. PEI (siehe Abbildung 3). Im Gegensatz dazu wurden die DSC-Kurven der meisten anderen Polymertypen wegen sehr viel geringerer Ähnlichkeit diskriminiert, d.h. sie wurden ausgeschlossen. Für weitere Details wie Messbedingungen oder Interpretation der Effekte sei auf Referenz [2] verwiesen.

2) Vergleich der DSC-Kurven des Polymerblends „PEI-PTFE Ultem 4001“ (grün) mit der Datenbankkurve für „PEI-PTFE Luvocom 11067223“ (rot) und mit typischen Datenbankkurven für PTFE (blau) und PEI (schwarz). Die Kurven wurden zur besseren Darstellung in y-Richtung gegeneinander verschoben
3) Ergebnisse der Identify-Datenbanksuche bzgl. der Probe „PEI-PTFE Ultem 4001“. Die linke Trefferliste bezieht sich auf den Vergleich mit Einzelmessungen, die rechte Trefferliste auf Klassen, d.h. definierte Gruppierungen (die Zahl in Klammern gibt jeweils die Anzahl der Messungen in der Klasse an).

Zusammenfassung

Die in Identify integrierte KIMW-Datenbank ermöglicht den direkten Abgleich einer Messung mit vielen Hundert DSC-Kurven der meisten handelsüblichen Polymere. Dadurch wird Polymer-Erkennung sowohl einfacher als auch zuverlässiger!

Literatur

  1. [1]
    http://kunststoff-institut-luedenscheid.de/
  2. [2]
    M. Doedt, A. Schindler, T. Pflock. DSC-Auswertung mit einem Klick – Datenbank-Integration und Evaluationssoftware vereinfachen Polymeridentifizierung. Kunststoffe 10/2016. S.189-191
  3. [3]
    A. Schindler, C. Strasser, S. Schmölzer, M. Bodek, R. Seniuta, X. Wang. Database-Supported Thermal Analysis Involving Automatic Evaluation, Identification and Classification of Measurement Curves. Journal of Thermal Analysis and Calorimetry, DOI 10.1007/s10973-015-5026-x