Die richtige Wahl – Vergleich von Zug-, Biegung- und Dual Cantilever-Messmodi in der DMA am Beispiel von PE

Einleitung

In der DMA werden unterschiedliche Belastungsarten verwendet. So wird die Probe entweder in Zug, Druck, Biegung oder Scherung belastet. Häufig bestimmt sich die verwendete Belastung aus der späteren Anwendung, mitunter kann die Belastungsart jedoch auch frei gewählt werden. In jedem Fall stellt sich die Frage, inwieweit die Ergebnisse vergleichbar sind. In dieser Veröffentlichung werden die für Polymeranwendungen besonders relevanten Belastungsmoden Zug, freie Biegung (3-Punkt-Biegung) und geklemmte Biegung (Dual Cantilever) miteinander verglichen.

Vergleichende Messung von PE-HD

Als Beispiel wird hier ein teilkristalliner Thermoplast, PE-HD (Abbildung 1), in einem DMA GABO Eplexor® 500 N untersucht. Das Material lag als homogenes Plattenmaterial vor und wurde mit einer Fräse in maßhaltige Proben mit den Abmessung 55 x 5 x 2 mm unterteilt. 

Um einen maximalen Messeffekt zu erzielen, wird die Zugprobe auf eine Länge von 35 mm eingespannt. In 3-Punkt-Biegung wird eine Auflagerbreite von 30 mm gewählt, da dies einen guten Kompromiss zwischen verschiedenen Faktoren darstellt: Bei noch kleineren Auflagerbreiten spielen unerwünschte Kontakteffekte an den Lagerstellen eine größere Rolle. Bei größeren Lagerbreiten biegt sich die Probe im Erweichungsbereich zu sehr durch, wodurch zunehmend Zugspannungen überlagert

Bei identischem Material und gleichen Abmessungen ist die Probe in Zug sehr viel steifer als in Biegung. Entsprechend werden in Zug mehr als 50 N benötigt um die dynamische DehnungDehnung beschreibt die Deformation eines Materials, das durch eine von außen einwirkende Kraft oder Spannung mechanisch belastet wird. Gummimischungen zeigen Kriech-Eigenschaften, wenn eine statische Last aufgebracht wird.Dehnung von 0,1 % zu erreichen. In Biegung wurde eine etwas größere Zieldehnung von 0,15 % eingestellt, um die Messeffekte im Erweichungsbereich zu vergrößern und auch um in den Auflagern der freien Biegung eine hinreichende Pressung zu erzielen. Dennoch reichen in geklemmter Biegung (Dual Cantilever) 9 N, in freier Biegung sogar 5 N aus, um die Zieldehnung zu erreichen. Damit liegen die dynamischen Dehnungen stets im linear elastischen Bereich (in ISO 6721 wird eine typische Maximaldehnung von 0,2 % angegeben). Für die statische Last wird in allen Fällen eine Proportionalregelung (FStat = PF * FDyn) verwendet. Die Messungen erfolgen im Temperaturbereich von -150 °C bis +150 °C mit einer Heizrate von 2 K/min. Die Messparameter sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

1) PE HD-Probe mit Abmessungen 55 x 5 x 2 mm in den verwendeten Probenhaltern

Wie in Abbildung 2 zu sehen, verläuft der E-Modul über der Temperatur für die verschiedenen Belastungsmodi weitgehend identisch – für ein homogenes Material muss also nicht zwischen einem Biege- und einem Zugmodul unterschieden werden. Dabei wird der Speichermodul E‘ in Zug bei -150 °C zunächst etwas geringer gemessen als in Biegung, danach verlaufen die Speichermoduln in Zug und freier Biegung aber weitgehend deckungsgleich. Im Erweichungsbereich wird die Probe in den Biegeprobenhaltern stark verformt. Deshalb ist es hier im Zugmodus möglich, noch etwas niedrigere Moduln zu messen.

In geklemmter Biegung (Dual Cantilever) liegt der gemessene Speichermodul ab ca. -50 °C etwas niedriger. Dieses Verhalten zeigt sich auch im Verlustmodul E“: Während die Werte in Zug und Biegung sehr ähnlich sind, weichen die in geklemmter Biegung gemessenen Werte etwas ab (grüne Kurve). Als ursächlich dafür wird angesehen, dass bereits während der Klemmung ein komplexer Spannungszustand in der Probe auftritt und, anders als im Zug, zusätzliche Längsdehnungen der Probe nicht mehr ausgeglichen werden können. Gerade bei einem Temperatursweep entstehen zudem weitere thermische Spannungen, die die Probe noch weiter verspannen.

2) Temperatursweeps an PE HD

Tab. 1 Verwendete Messparameter und benötigte Kraft

 Zug3-Punkt-Biegung (30 mm)Dual Cantilever (30 mm)
Dynamische DehnungDehnung beschreibt die Deformation eines Materials, das durch eine von außen einwirkende Kraft oder Spannung mechanisch belastet wird. Gummimischungen zeigen Kriech-Eigenschaften, wenn eine statische Last aufgebracht wird.Dehnung0,1 % bei 1 Hz

0,15 % bei 1 Hz

Statische Last1,1 PF1,5 PFFStat = 0 N
Heizrate2 K/min2 K/min2 K/min
Resultierende Messkraft>50 N5 N9 N

Allgemeines zur Verwendung der Belastungsmodi

Wenn eine Probe gebogen wird, stellt sich eine über den Querschnitt veränderliche SpannungSpannung ist definiert als Kraftniveau, das auf eine Probe mit definiertem Querschnitt aufgebracht wird (Spannung = Kraft/Fläche). Proben mit runden oder rechteckigen Querschnitten können komprimiert oder gestreckt werden. Elastische Materialien, wie Elastomere, können bis um das 5- oder 10-fache ihrer ursprünglichen Länge gedehnt werden.Spannung ein. In dem in Abbildung 3 dargestellten Fall wirkt auf der Oberseite der Probe eine Druckspannung, an der Unterseite eine Zugspannung. Daneben ist auch über der Länge der Probe das Biegemoment und damit ebenfalls die SpannungSpannung ist definiert als Kraftniveau, das auf eine Probe mit definiertem Querschnitt aufgebracht wird (Spannung = Kraft/Fläche). Proben mit runden oder rechteckigen Querschnitten können komprimiert oder gestreckt werden. Elastische Materialien, wie Elastomere, können bis um das 5- oder 10-fache ihrer ursprünglichen Länge gedehnt werden.Spannung veränderlich. Insofern gelten angegebene Dehnungen oder Spannungen in Biegung immer nur in den äußeren Fasern und der Länge nach in der Mitte der Probe.

3) Spannungsverteilung in der Probe bei Biegung: - Druck, + Zug

 

Wenn das Materialverhalten von der Dehnung abhängig ist, macht es also grundsätzlich wenig Sinn, in Biegung zu messen. Deshalb empfiehlt ISO 6721 auch generell für nichtlineare Polymere einen Messmodus mit gleichmäßigem Spannungszustand, also Zug, Druck oder Scherung. Im Hinblick auf die Abmessungen der Probe werden in ISO 6721 einige Einschränkungen gemacht, die in Tabelle 2 zusammengefasst sind.

Tab. 2 Zulässige Probengeometrien nach ISO 6721

ZugLänge /Breite > 6
3-Punkt-Biegung

Auflagerbreite / Probenhöhe > 16

Auflagerbreite / Probenhöhe > 6

Dual Cantilever

Freie Probenlänge / Probenhöhe > 32

Freie Probenlänge / Probenhöhe > 12

Damit soll sichergestellt werden, dass die Einspannung bzw. Lagerung nur einen relativ kleinen Einfluss auf das Ergebnis hat. In der Praxis zeigen sich gerade in der geklemmten Biegung bei steiferen Proben häufig relativ starke Abweichungen. Daher wird empfohlen, im Dual Cantilever Probenhalter nur relativ dünne bzw. weiche Proben zu prüfen.

Fazit

Kunststoffe werden vorwiegend in Zug, freier oder geklemmter Biegung gemessen. Am Beispiel einer homogenen PE-HD Probe wurde gezeigt, dass in Zug und freier Biegung unter idealen Bedingungen beinahe identische Ergebnisse erzielt werden können, während es in der geklemmten Biegung (Dual Cantilever) zu leichten Abweichungen kommt. 

Sobald das Material amplitudenabhängig ist, sollte die Probe in Zug gemessen werden. Der DMA Gabo Eplexor® 500 N bietet dafür alle Möglichkeiten.