Simulation des Druckverformungsverhaltens von Hochleistungs-Gummidichtungen unter realistischen Einsatzbedingungen mittels DMA

Einleitung

Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR, Strukturformel in Abbildung 1) ist ein Copolymer, das durch Polymerisation der Monomere Acrylnitril und Butadien hergestellt wird. Das Hauptverfahren zur Herstellung dieses Kautschuks ist die Niedertemperatur-Emulsionspolymerisation [1]. Der Acrylnitril-Anteil des Copolymers liegt typischerweise zwischen 18 und 50 mol.-% [1]. NBR weist im Allgemeinen eine gute Beständigkeit gegenüber unpolaren Lösungsmitteln, eine hohe Abriebfestigkeit, Gasundurchlässigkeit und eine gute Temperaturbeständigkeit auf. Es wird daher in großem Umfang zur Herstellung verschiedener, ölbeständiger Gummiprodukte wie Wellrohre, Dichtungen, Gummihandschuhe, ölabweisende Sohlen, Drucktücher usw. eingesetzt und ist zu einem unverzichtbaren, elastischen Werkstoff in der Automobil-, Luftfahrt-, Erdöl-, Verpackungs-, Lebensmittel-, Druck- und anderen Industrien geworden [2]. 

1) Strukturformel von Arcrylnitril-Butadien-Kautschuk [3]

Einige NBR-Produkte sind während der Anwendung konstanten Deformationen und hohen Temperaturen ausgesetzt. Daher ist die Kenntnis des Relaxationsverhaltens und der Verformungsrestwerte – entweder Zug- oder Druckverformungsrest – für den Kunden bei der Produktauslegung wichtig. Wird ein Werkstoff unter konstanter DehnungDehnung beschreibt die Deformation eines Materials, das durch eine von außen einwirkende Kraft oder Spannung mechanisch belastet wird. Gummimischungen zeigen Kriech-Eigenschaften, wenn eine statische Last aufgebracht wird.Dehnung eingesetzt, kann die mechanische Antwort des Werkstoffs über längere Zeiträume und/ oder bei höheren Temperaturen irreversibel werden.

Dies bedeutet, dass es zu einer bleibenden Verformung des Materials kommen kann - auch nach Wegnahme der Belastung. Dieser irreversible Anteil ist ein wichtiger Faktor bei der Bestimmung der Anwendbarkeit bestimmter Gummiwerkstoffe. Für die Prüfung der relevanten Relaxations- und Verformungsresteigenschaften von Elastomeren gibt es mehrere internationale und chinesische Normen, wie beispielsweise ASTM D395, GB/T 7759.1, GB/T 7759.2 und GB/T 1683. 

Auch für diese Eigenschaften können mit dem NETZSCH DMA 303 Eplexor® Informationen über das Materialverhalten gewonnen werden, indem dieses unter anwendungsrelevanten Bedingungen simuliert wird.

Messung von Relaxation und des Druckverformungsrestes an NBR im Anlieferungszustand und nach der Nachvulkanisation

Zwei unterschiedliche NBR-Proben wurden mit dem DMA 303 Eplexor® im Kompressionsmodus unter Verwendung des entsprechenden aus Stahl gefertigten Druckprobenhalters und Fühlstempels untersucht (siehe Abbildung 2). Es lag eine NBR-Probe im Anlieferungszustand vor, die einer primären Vulkanisation bei 170 °C in statischer Luft unterzogen wurde, eine weitere nach- vulkanisierte NBR-Probe wurde für zwei Stunden in einem Ofen bei 170 °C in statischer Luft wärmebehandelt. Der Durchmesser der Probe im Anlieferungszustand betrug 5,18 mm, der der nachvulkanisierten NBR-Probe 5,22 mm. Die Probenhöhe wurde durch die automatische Längenerkennung des DMA 303 Eplexor® bestimmt. Der Versuch wurde gemäß folgendem Verfahren in sechs Schritten durchgeführt: 

  1. Ein stabiler Kontakt zur Probe wurde mit einer Kraft von 0,05 N während der fünfminütigen isothermen Stabilisierungsphase bei 25 °C sichergestellt. Am Ende des Segments wurde die Ausgangsdicke L0 gemessen. 
  2. Anschließend wurde die Temperatur mit einer Heizrate von 10 K min-1 auf 100 °C erhöht. 
  3. Um die Temperatur zu stabilisieren und die gesamte Probe gleichmäßig auf 100 °C zu temperieren, wurde die Temperatur vor dem nächsten Schritt 5 Minuten IsothermUntersuchungen bei geregelter und konstanter Temperatur werden als isotherm bezeichnet.isotherm gehalten. 
  4. Es wurde eine statische Zieldehnung von 25 % auf der Grundlage der am Ende des vorherigen Segments gemessenen Länge angewendet. Die Dehnung wurde bei dieser Temperatur 60 Minuten lang konstant gehalten, und der Kraftabfall und der Relaxationsmodul wurden als Funktion der Zeit über das gesamte Segment hinweg beobachtet. 
  5. Die aufgebrachte Kraft wurde auf den vorherigen Wert von 0,05 N reduziert und der Probekörper mit 10 K min-1. auf 25 °C abgekühlt.
  6. Die Temperatur wurde isotherm auf 25 °C gehalten, um die Temperatur zu stabilisieren und der Probe Zeit zum Temperaturausgleich zu geben. Am Ende des Segments wurde die Probenlänge L1 erneut gemessen und die nicht-reversible Restdehnung ε = (L1 – L0)/L0 bestimmt.
2) Schematische Position einer Druckprobe zwischen Fühlstempel und Probenhalter für die Messung im Kompressionsmodus

Experimenteller Teil

Die am Ende des ersten Segments gemessene Probenlänge betragt L0 = 7,722 mm. Nach Aufbringen einer statischen Dehnung von -25 % zu Beginn des isothermen Segments bei 100 °C fällt die statische Kraft nach einer Stunde von ihrem Maximalwert von 24,97 N auf 20,41 N. Entsprechend verringert sich der Relaxationsmodul von 477 MPa zu 3,87 MPa. Am Ende der Messung weist die Probe eine Länge von L1 = 7,464 mm auf. Nach einer Stunde entspricht dies einer Restdehnung von ε = -3,34 %. 

Bei der nachvulkanisierten NBR-Probe wurde vor Beginn des Aufheizsegments eine Länge von L0 = 7,638 mm gemessen. Die statische Dehnung von -25 % erfordert eine Anfangskraft von 21,41 N, die nach 1 h bei 100 °C auf 17,10 N abfällt. Der Relaxationsmodul sinkt von einem Anfangswert von 4,06 MPa auf 3,19 MPa während des isothermen Segments ab. Am Versuchsende wurde eine Probenlänge von L1 = 7,509 mm gemessen. Die berechnete Restdehnung beträgt in diesem Fall ε = -1,69 %. 

Bei der nachvulkanisierten NBR-Probe wurde vor Beginn des Aufheizsegments eine Länge von L0 = 7,638 mm gemessen. Die statische Dehnung von -25 % erfordert eine Anfangskraft von 21,41 N, die nach 1 h bei 100 °C auf 17,10 N abfällt. Der Relaxationsmodul sinkt von einem Anfangswert von 4,06 MPa auf 3,19 MPa während des Isothermsegments ab. Am Versuchsende wurde eine Probenlänge von L1 = 7,509 mm gemessen. Die berechnete Restdehnung beträgt in diesem Fall ε = -1,69 %.

Messergebnisse

Während die NBR-Probe im Anlieferungszustand noch eine Restdehnung von -3,34 % aufweist, beträgt der Wert der nachvulkanisierten NBR-Probe nur noch -1,69 %. Dies zeigt den signifikanten Einfluss der Nachvulkanisationsbehandlung auf das NBR, der sich in einer Reduzierung der Restdehnung um 50,6 % gegenüber dem Ausgangszustand ausdrückt. 

Aus mikrostruktureller Sicht lässt sich der Unterschied in der Restdehnung durch den höheren Grad der intermolekularen chemischen Vernetzung der Polymerketten in der nachvulkanisierten NBR-Probe erklären. Infolgedessen sind ihre Beweglichkeit und ihre Fähigkeit, ihre Konfiguration bei höheren Temperaturen und/oder über längere Zeiträume zu ändern, drastisch reduziert. Da irreversibles viskoses Fließen die Umlagerung der Hauptpolymerketten in neue metastabile Strukturen erfordert, verringert ein erhöhter chemischer Vernetzungsgrad die Möglichkeit von Strukturänderungen während der Verformung der Probe. Die irreversiblen mikrostrukturellen Veränderungen spiegeln sich auf der makroskopischen Skala in der Kraftabnahme während der isothermen Relaxationsphase wider, wie in den Abbildungen 3 und 4 dargestellt.

3) Experimentelle Ergebnisse der NBR-Proben im nachvulkanisierten Zustand zusammen mit den Werten für die detektierte statische Kraft Fstat, die durchschnittliche Lange Lm, den Relaxationsmodul E und die Temperatur als Funktion der Zeit.
4) Experimentelle Ergebnisse der NBR-Probe im Anlieferungszustand zusammen mit den Werten für die detektierte statische Kraft Fstat, die durchschnittliche Lange Lm, den Relaxationsmodul E und die Temperatur als Funktion der Zeit.

Für den Produktentwickler besteht der Vorteil der Nachvulkanisation von Elastomeren darin, dass er weniger physikalische und chemische Veränderungen seines Produktes während der Anwendung zu erwarten hat, wie beispielsweise die hier gezeigte Restdehnung. Dadurch kann das Endprodukt besser auf den Einsatz des Werkstoffs abgestimmt werden.

Zusammenfassung

Im Vergleich zu den Relaxations- und Druckverformungsrestprüfungen, die gemäß verschiedener internationaler Normen durchgeführt werden, ermöglicht die dynamisch-mechanische Analyse auch die in situ-Beobachtung des Kraftabbaus bei konstanter Dehnung. Dies erlaubt dem Produktentwickler, zusätzliche Informationen über das Verhalten seines Materials während der Anwendung zu erhalten.

Literatur

  1. [1]
    „Acrylnitril-Butadien-Kautschuk“. [Online]. Verfügbar unter: https://www.rado.de/spezialitaeten/nbr/ 
  2. [2]
    „NBR: Acrylonitrile-butadiene rubber“.17. Juli 2024. [Online]. Verfügbar unter:: https://polymers.NETZSCH.com/Materials/Details/57
  3. [3]
    „Acrylnitril-Butadien-Kautschuk“. 17. Juli 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://en.wikipedia.org/wiki/Nitrile_rubber