STA-Messungen mit Stahlofen

Einleitung

Das Plattformkonzept bei NETZSCH-Gerätebau GmbH

Das Plattformkonzept umfasst derzeit drei Grundgeräte (DSC, STA und TMA) in je zwei Ausstattungsvarianten (F1 und F3 ). In einem einheitlichen Gehäuse sind alle zum Betrieb der Geräte notwendigen elektronischen Komponenten sowie die Gasversorgungseinrichtung enthalten. Zudem sind Öfen und Probenhalterungen vom Bediener leicht und schnell austauschbar. Dieser modulare Aufbau sorgt nicht nur für ein einheitliches Erscheinungsbild der Messgeräte, sondern ermöglicht auch eine maximale Flexibilität hinsichtlich der Anpassung auf wechselnde analytische Fragestellungen und der damit wechselnden Einsatzbedingungen der Messgeräte. Abbildung 1 zeigt die Gerätevarianten des Plattformkonzepts. 

Ein Ofensystem, der Stahlofen, ist für alle drei Gerätetypen verfügbar. Damit ist es möglich, an der Probe einen Temperaturbereich von -150 °C bis 1000 °C abzudecken. Die vorliegende Arbeit stellt Messergebnisse vor, wie sie für Polymere (Thermoplaste, Elastomere) und kristalline organische Substanzen, wie Zucker, in diesem Temperaturbereich typisch sind.

1) Hochtemperatur-Plattformkonzept (HTP) mit den Gerätevarianten DSC, STA und TMA

STA 449 F1 Jupiter® mit Stahlofen

Für die Simultane Thermische Analyse (STA) stehen neben den oben genannten Ausstattungsvarianten zahlreiche Erweiterungen, wie die Kopplungsmethoden, PulseTA® oder Wasserdampfgenerator zur Verfügung. Darüber hinaus sind für die STA 449 derzeit neun Ofensysteme erhältlich, die einen Temperaturbereich an der Probe von -150 °C bis 2400 °C abdecken (Abbildung 2).

2) STA 449 mit neun verschiedenen Öfen

Messbedingungen

Im Folgenden werden Messergebnisse für eine Polymerfolie aus Polyethylenterephthalat (PET), zwei Elastomerproben und Sorbitol, ein C6-Zucker, vorgestellt. Für alle Untersuchungen wurden Standardbedingungen verwendet, die in Tabelle 1 zusammengefasst sind.

Tabelle 1: Messbedingungen

 ElastomerPETSorbitol
MessgerätSTA 449 F3 Jupiter®STA 449 F3 Jupiter®STA 449 F3 Jupiter®
OfentypStahlofenStahlofenStahlofen
ProbenträgerOktagon (ASC)Oktagon (ASC)Oktagon (ASC)
ThermoelementPPP
Sample Temperature Control (STC)OffOffOff
KühlparameterGN2, autoGN2, autoGN2, auto
Einwaage

13.493 mg;

12.292 mg

4.945 mg6.724 mg
TiegelmaterialPlatinPlatinPlatin
AtmosphäreHeliumHeliumHelium
Gasflussrate70 ml/min70 ml/min70 ml/min
Heiz-/Kühlrate10 K/min10 K/min10 K/min

Messergebnisse

Für die Charakterisierung von Elastomeren ist die Untersuchung in einem Temperaturbereich unterhalb Raumtemperatur notwendig. Da Elastomere keine kristallinen Anteile besitzen, existiert für diese Substanzen kein Schmelzpunkt oder Schmelzbereich. Elastomere sind rein amorphe, also unstrukturiert erstarrte Festkörper. Dennoch lassen sich mit Hilfe der DSC wichtige Informationen über die Materialeigenschaften gewinnen, beispielsweise durch die Bestimmung der GlasübergangstemperaturDer Glasübergang gilt als eine der wichtigsten Eigenschaften amorpher und teilkristalliner Materialien, wie z.B. anorganische Gläser, amorphe Metalle, Polymere, Pharmazeutika und Lebensmittel, usw., und bezeichnet den Temperaturbereich, in dem sich die mechanischen Eigenschaften des Material von einem harten und spröden Zustand in einen weicheren, verformbaren oder gummiartigen Zustand ändern.Glasübergangstemperatur. Bei dieser Temperatur ändern sich die mechanischen Eigenschaften der Probe drastisch. Bei Temperaturen unterhalb der Glasübergangstemperatur (Tg) ist ein amorphes Material spröde und brüchig, oberhalb der Glasübergangstemperatur ist es hingegen elastisch und flexibel. Diese mechanische Eigenschaftsänderung ist sehr leicht mit mechanischen Testverfahren, wie DIL, TMA oder DMA messbar. Weil sich während dieser mechanischen Eigenschaftsänderung auch die spezifischen Wärmekapazität der Probe ändert, ist auch eine kalorische Methode, wie die Differential Scanning Calorimetry (DSC) in der Lage, die Glasübergangstemperatur zu bestimmen. In den Ergebnissen einer DSC-Messung ist die Glasübergangstemperatur als Stufe zu erkennen, die Stufenhöhe gibt direkt die Änderung der spezifischen Wärme in der Einheit J/gK an.

3) Bestimmung der Glasübergangstemperaturen zweier Elastomere in einem Temperaturbereich von -80 °C bis 10 °C

Untersucht man Polyisopren (NR, natural rubber), so ist diese Glasübergangstemperatur bei etwa -50 °C zu erwarten. Je nach Gummimischung und der Auswahl von Additiven wie Weichmachern lässt sich diese Glasübergangstemperatur jedoch variieren und so den jeweiligen Einsatzbedürfnissen anpassen. Abbildung 3 zeigt die Ergebnisse der Bestimmung der Glasübergangstemperatur für zwei Elastomerproben. 

Bei teilkristallinen Materialien existieren amorphe Bereiche neben kristallinen Bereichen (Domänen). Die amorphen Bereiche werden durch die bereits beschriebene Glasübergangstemperatur charakterisiert, die kristallinen Bereiche zeichnen sich durch ihr Schmelzverhalten aus. Da mechanische und thermische Behandlungsschritte dieses Verhältnis von amorphen zu kristallinen Bereichen verändern können, werden im Rahmen von DSC-Untersuchungen meist zwei Aufheizsegmente miteinander verglichen. Zwischen diesen beiden Aufheizschritten werden die Proben in der DSC-Apparatur mit einem geregelten Abkühlprogramm linear abgekühlt, um keine neuen Spannungszustände in das Material einzubringen. Abbildung 4 beschreibt den Vergleich der beiden Aufheizsegmente (rot: erste Aufheizung, grün: zweite Aufheizung) sowie das zeitlich zwischen diesen beiden Aufheizungen durchgeführte Abkühlsegment (blau). 

Es ist deutlich zu erkennen, dass die transparente PET-Folie vor der ersten Aufheizung weitgehend amorph vorlag und sich nach der geregelten Abkühlung mit einer Abkühlrate von 10 K/min durch einen größeren kristallinen Anteil auszeichnet.

4) Messergebnisse einer Polyethylenterephthalatfolie (PET), 1. Aufheizung (rot), zweite Aufheizung (grün) und Abkühlung (blau)

Ein typischer Temperatur-Zeit-Verlauf für eine solche zyklische Behandlung der Probe ist für die Untersuchung von Sorbitol in Abbildung 5 dargestellt.

5) Temperaturprogramm für die Untersuchung von Sorbitol, bestehend aus den Segmenten Aufheizung-Abkühlung-Aufheizung im Temperaturbereich zwischen -50 °C und 150 °C

Die Messergebnisse der Sorbitolprobe sind in Abbildung 6 gezeigt. Die Substanz war vor der Untersuchung vollständig kristallin, weshalb während der ersten Aufheizung (rot) kein Glasübergang im Bereich um 0 °C zu erkennen ist. Das Schmelzen der Probe wird bei einer Peaktemperatur von 101 °C detektiert. Die Abkühlung (blau) der flüssigen Sorbitolprobe zeigt keine KristallisationAls Kristallisation bezeichnet man den physikalischen Vorgang der Verhärtung bei der Bildung und beim Wachstum von Kristallen. Bei diesem Prozess wird Kristallisationswärme frei.Kristallisation, stattdessen erstarrt die Probe amorph, was durch den bei -3,6 °C (Midpoint) detektierten Glasübergang angezeigt wird. Während der zweiten Aufheizung (grün) wird erneut der Glasübergang (Midpoint: -0,3 °C) detektiert, die nun vollständig amorphe Probe zeigt folglich kein Schmelzen. Durch die zyklische Temperaturbehandlung mit Aufheiz- und Abkühlraten von 10 K/min änderte sich der Zustand der Probe von vollständig kristallin zu vollständig amorph.

6) Messergebnisse einer Sorbitolprobe, erste Aufheizung (rot), zweite Aufheizung (grün) und Abkühlung (blau)

Fazit

Anhand der Messbeispiele konnte gezeigt werden, dass mit einer STA, die vorrangig für den Hochtemperaturbereich konzipiert ist, durch Wechseln des Ofens auch Proben untersucht werden können, für die üblicherweise eine DSC 204 F1 Phoenix® oder eine DSC 200 F3 Maia zum Einsatz käme.