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Welchen Einfluss besitzen Tiegeldeckel auf das thermische Verhalten von Hydraten?

Hydrate sind eine Gruppe von kristallinen Feststoffen, die beim Erhitzen ihr Kristallwasser abgeben.

Die Freisetzungstemperatur hängt einerseits von der Bindungsenergie ab, mit der das Wasser in der Struktur gebunden ist. Damit ergibt sich die Möglichkeit, mit Hilfe der Thermischen Analyse Informationen über die Bindungsverhältnisse in der Kristallstruktur zu gewinnen. Andererseits wird die Freisetzungstemperatur auch vom verwendeten Tiegelsystem beeinflusst. Es ist zu erwarten, dass der Lochdurchmesser im Tiegeldeckel einen Einfluss auf die Freisetzungstemperatur hat. Effekte in DSC- oder TG-Kurven, die auf dieselbe Wasserabgabe aus einem Hydrat zurückzuführen sind, können daher – nur aufgrund der gewählten Messbedingungen – stark in ihrer Temperaturlage variieren.

Mit welchen Auswirkungen bei DSC-Kurven zu rechnen ist, soll im Folgenden am Beispiel von Amoxicillin-Trihydrat gezeigt werden. Amoxicillin ist ein Antibiotikum, das bei Menschen und Tieren zur Behandlung bakterieller Infektionen wie z.B. bei Mittelohrentzündung, Bronchitis oder bei Hautkrankheiten eingesetzt wird. Die Substanz wird von der Magensäure nicht angegriffen und kann daher sowohl als Infusion oder Injektion als auch als Tablette oder Suspension verabreicht werden. Die oralen Darreichungsformen enthalten meist Amoxicillin in Form des Trihydrats, ein weißes kristallines Pulver [1].

Voruntersuchungen mittels TG-FT-IR

Um zu verifizieren, dass die Wasserabgabe von Amoxicillin nicht mit der Zersetzung der Substanz überlagert ist, wurde zunächst eine Thermogravimetriemessung in Kombination mit einem Bruker FT-IR durchgeführt, deren Ergebnis Abbildung 1 wiedergibt.

Die Probe zeigt beim Aufheizen bis 600 °C mehrere Massenänderungen. Die erste Stufe mit einer DTGPeaktemperatur von 132 °C entspricht einem Massenverlust von 12,9 %. Dieser Wert stimmt gut mit dem theoretischen Massenverlust von 12,88 % überein, der sich auf der Basis einer Molmasse von Amoxicillin-Trihydrat von 419 g/mol und der Abgabe aller drei Wassermoleküle berechnen lässt. 

Abbildung 2 bestätigt, dass es sich bei dem freigesetzten Gas tatsächlich ausschließlich um Wasser handelt.

DSC-Untersuchungen mit unterschiedlich gelochten Tiegeldeckeln

Eine 2,25 mg Probe wurde jeweils in Concavus®-Aluminiumtiegel eingewogen und die Tiegel mit unterschiedlich gelochten Deckeln verschweißt.

Die Wasserabgabe zeigt sich in den DSC-Kurven in einem endothermen Peak. In Abbildung 3 ist deutlich zu erkennen, dass sich sowohl der Peakbeginn, besonders aber die jeweilige Peakspitze mit abnehmender Lochgröße zu höheren Temperaturen verschiebt. Eine Verkleinerung des Lochdurchmessers um den Faktor 11,5 (von ca. 727 μm auf ca. 63 μm) führt zu einer Verschiebung der Peaktemperatur um 37 K. Zusätzlich ändert sich die Peakform: je kleiner das Loch im Deckel, desto schmäler und steiler fällt der Peak aus.

727 µm
507 µm
386 µm
63 µm

Fazit

Werden Aluminiumtiegel mit gelochten Deckeln zur Prüfung von organischen oder anorganischen Hydraten benutzt, beeinflusst die Lochgröße die Temperaturlage des auftretenden endothermen Verdampfungspeaks maßgeblich. Eine gute Wiederholbarkeit der DSCMessergebnisse kann nur bei identischen Messbedingungen inkl. einer identischen Lochgröße erreicht werden. Analog kann ein ähnliches Verhalten für alle Reaktionen erwartet werden, bei denen Gase freigesetzt werden, wie etwa Verbrennungs- oder Zersetzungsreaktionen.