Was bedeutet Kompatibilität von Wirkstoffen und Hilfsstoffen?
Ein Medikament besteht üblicherweise nicht nur aus einem einzigen Wirkstoff, sondern aus einer Mischung aus Wirkstoff und unterschiedlichen Hilfsstoffen.
In einer Tablette werden beispielsweise Hilfsstoffe verwendet, um Aussehen und Geschmack des Endprodukts zu verbessern, um ein Verkleben der Tablettenmasse mit dem Stempel der Tablettiermaschine zu verhindern oder um zu deren Auflösung in Wasser beizutragen, usw. Viele Hilfsstoffe sind pharmakologisch inert. Physikalische und chemische Wechselwirkungen zwischen Wirkstoff und Hilfsstoffen können jedoch die Stabilität, Sicherheit und therapeutische Wirksamkeit des Medikaments beeinträchtigen. In diesem Fall wird der Begriff Unverträglichkeit zwischen Wirk- und Hilfsstoff verwendet. Im umgekehrten Fall, wenn der Hilfsstoff den Wirkstoff nicht beeinflusst, sind beide Substanzen kompatibel.
Erste Informationen über Verträglichkeit von Wirk- und Hilfsstoff werden mittels thermoanalytischer Methoden gewonnen:
dynamische Differenz-Kalorimetrie (DSC) und/oder
Thermogravimetrie (TG).
Beispiel: Verträglichkeit zwischen Wirk- und Hilfsstoff mittels DSC
Die DSC-Messungen wurde mit der DSC 204 F1 Nevio durchgeführt an:
Diclofenac-Natrium (Wirkstoff)
Magnesiumstearat (Hilfsstoff)
Physikalische Mischung aus beiden Komponenten (Gewichtsverhältnis: 1:1)
Diclofenac-Natrium (blau, untere Kurve): Der Peak bei 280,6 °C (extrapolierter Onset) wird durch das Schmelzen von Diclofenac verursacht. Die Zersetzung beginnt unmittelbar nach dem Schmelzen (exothermer Effekt).
Mischung aus Diclofenac-Natrium + Magnesiumstearat (grün, mittlere Kurve): Die charakteristischen Peaks für Magnesiumstearat wurden detektiert. Schmelzen und Zersetzung von Diclofenac sind jedoch zu niedrigeren Temperaturen verschoben. Dies deutet auf eine Wechselwirkung zwischen Wirk- und Hilfsstoff hin.
--> Hinweis auf eventuelle Inkompatibilität
Beispiel: Inkompatibilität von Medikament und Hilfsstoff mittels TG
Die TG-Messungen wurden mit der TG 209 F1 Nevio durchgeführt an:
Diclofenac-Natrium (Wirkstoff)
Magnesiumstearat (Hilfsstoff)
Physikalische Mischung aus beiden Komponenten (Gewichtsverhältnis: 1:1)
Diclofenac-Natrium (blaue Kurve): Der Massenverlust der Probe beginnt bei 303,1 °C (extrapolierte Onset-Temperatur); ein Indiz für die Zersetzung von Diclofenac.
Magnesiumstearat (orange Kurve): Der Massenverlust von 3,9 % ist auf Freisetzung von Oberflächenwasser und gebundenem Wasser zurückzuführen. Die Zersetzung beginnt bei 351 °C (extrapolierte Onset-Temperatur).
Mischung aus Diclofenac-Natrium + Magnesiumstearat (grüne Kurve): Die Verdampfung des im Magnesiumstearat enthaltenen Wassers erfolgt im gleichen Temperaturbereich wie bei reinem Magnesiumstearat. Die Zersetzung der Mischung beginnt jedoch bei niedrigeren Temperaturen (379 °C) als bei den Einzelkomponenten. Dies deutet auf eine Wechselwirkung zwischen Wirkstoff und Hilfsstoff hin.