DSC-Tiegel – mehr als nur Probenaufnahme

Einleitung

Die Qualität von DSC-Resultaten entscheidet sich häufig bereits während der Probenvorbereitung und der Wahl der Messparameter. Eine große Rolle spielt dabei der Tiegel, der für die Messung eingesetzt wird. Aspekte wie Tiegelmaterial, -form, -volumen, -masse oder -deckel (ja/nein/gelocht/geschlossen) sind wichtige Einflussfaktoren. Die ersten beiden Punkte – Tiegelmaterial und -form – werden nachfolgend näher behandelt. 

Der Tiegel dient bei DSC-Untersuchungen primar als Behälter für die Probe und das Referenzmaterial und hat die Aufgabe – ähnlich wie ein Kochtopf auf dem Herd – den Sensor vor einer Kontamination zu bewahren und die Wärme in der Probe möglichst gleichmäßig zu verteilen, ohne dabei mit der Probe bzw. dem Referenzmaterial zu reagieren. Zusätzlich sollte der Tiegel einen guten Wärmeübergang zum Sensor schaffen, damit dort auch kleinste Änderungen in der Probe erfasst werden können. Maßgebend dafür sind die WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit des Tiegelmaterials sowie der Kontakt zwischen Tiegelboden und Sensor.

Eine gute Wärmeleitfähigkeit sorgt für einen gutenWärmetransport

Die WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit eines Materials (Symbol: λ) beschreibt den Transport von Energie – in Form von Wärme – durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgradienten. Je höher die Wärmeleitfähigkeit, desto mehr Energie wird transportiert und desto effektiver ist der Wärmeaustausch. In Tabelle 1 sind die Wärmeleitfähigkeiten verschiedener Tiegelmaterialien zusammengefasst. Die Auflistung zeigt, dass Metalle einen höheren λ-Wert besitzen als z.B. Keramiken (Aluminiumoxid) und damit die Wärme besser leiten. Aluminium liegt mit einer Wärmeleitfähigkeit von 237 W/(m·K) höher als Platin und weit über Aluminiumoxid, aber noch deutlich unter Gold, Kupfer und Silber.

Aluminium Tabelle 1: Thermophysikalische Daten einiger typischer Tiegelmaterialien bei RT

Material

Wärmeleitfähigkeit λ

(W/(m·K))

TemperaturleitfähigkeitDie Temperaturleitfähigkeit (a mit der Einheit mm2/s) ist eine materialabhängige Stoffeigenschaft zur Charakterisierung des instationären Wärmetransports. Sie gibt an, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert.Temperaturleitfähigkeit

(mm²/s)

Spezifische Wärmekapazität cp

(J/(g·K))

Aluminium237(1)98,8(3)0,9(1)
Platin71,6(1)25(3)0,13(1)
Al2O3 (α)28(3)10,2(2)0,76(2)
Kupfer404(1)117(3)0,39(1)
Silber429(1)173(3)0,23(1)
Gold317(1)127,2(3)0,13(1)

Abbildung 1 illustriert die genannten Wärmeleitfähigkeitsunterschiede anhand dreier Indiummessungen in Aluminium-, Al2O3- und Platin/Rhodium-Tiegeln. Bei gleicher Einwaage und ansonsten identischen Messbedingungen ist der größte Peak (rot) der Messung im Aluminiumtiegel zuzuordnen, gefolgt vom Schmelzpeak in Pt/Rh-Tiegeln (blau). Die schwarzgestrichelte Kurve weist den kleinsten Peak auf und repräsentiert die Messung im Al2O3-Tiegel. Silber und Gold bilden mit Indium Legierungen und wurden daher nicht in die Testreihe einbezogen. 

Doch die guten Wärmetransporteigenschaften der Metalle schlagen sich nicht nur in der jeweiligen Peakhöhe, sondern auch in der sogenannten Zeitkonstante nieder. Darunter versteht man die Zeit, die ein Messsignal benötigt, um ausgehend von der Peakspitze auf 1/e der Intensität (entspricht einem Abfall um ca. 63 %) abzusinken.

Auch ohne konkrete Zahlenangaben ist aus Abbildung 1 erkennbar, dass der Schmelzpeak in Al2O3-Tiegeln eine wesentlich langsamer abklingende Flanke aufweist als die beiden Peaks, die aus Messungen in Metalltiegeln resultieren. Je schmäler ein Peak (d.h. je kürzer die Zeitkonstante), desto besser die Auftrennung zu benachbarten Effekten und damit die Auflösung. Ausschlaggebend in diesem Zusammenhang sind die TemperaturleitfähigkeitDie Temperaturleitfähigkeit (a mit der Einheit mm2/s) ist eine materialabhängige Stoffeigenschaft zur Charakterisierung des instationären Wärmetransports. Sie gibt an, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert.Temperaturleitfähigkeit (Symbol: α), die angibt, wie schnell ein Material auf eine Temperaturänderung reagiert sowie die thermische Masse (m·Spezifische Wärmekapazität (cp)Die spezifische Wärmekapazität oder Wärmekapazität ist eine messbare physikalische Größe, die dem Verhältnis der einem Objekt zugeführten Wärme zur resultierenden Temperaturänderung entspricht.cp) (α und Spezifische Wärmekapazität (cp)Die spezifische Wärmekapazität oder Wärmekapazität ist eine messbare physikalische Größe, die dem Verhältnis der einem Objekt zugeführten Wärme zur resultierenden Temperaturänderung entspricht.cp siehe ebenfalls Tabelle 1).

1) DSC-Messung an Indium, Einwaage: ca. 7,2 mg, Heizrate: 10 K/min, N2-Atmosphäre; dargestellt sind jeweils die 2. Aufheizungen (4)

Eine reale Probenmessung an dem Polymer PET, durchgeführt einmal in Aluminiumtiegeln (in diesem Fall Concavus®- Tiegel, blau) und ein zweites Mal in Al2O3-Tiegeln (rot, gestrichelte Linie) zeigt Abbildung 2. Auch hier ist die DSC-Kurve, die den Test in Aluminiumtiegeln widerspiegelt, in Peakintensität (größer) und Peakbreite (schmäler) der Messung in Al2O3-Tiegeln überlegen.

Die Tatsache, dass Aluminium wesentlich kostengünstiger ist als die Edelmetalle Gold und Silber und außerdem im Gegensatz zu Kupfer nicht katalytisch auf organische Materialien wirkt (Stichwort: Oxidationsstabilität von Kabelummantelungen in Kupfertiegeln) ließ Aluminium für Messungen an Polymeren, vielen Pharmazeutika oder Lebensmitteln zum Standardtiegelmaterial werden. Der Schmelzpunkt von reinem Aluminium liegt bei 660,3 °C. Der Temperaturbereich für die Verwendung von Alu-Tiegeln ist daher auf 610 °C begrenzt.

2) DSC-Messung an Polyethylenterephthalat (PET), Einwaage: ca. 7,4 mg bis 8,2 mg, Heizrate: 20 K/min, N2-Atmosphäre; dargestellt ist die 2. bzw. 3. Aufheizung (4)

Tiegelform – Die Form folgt der Funktion

Ein weiterer Faktor zur Optimierung der Wärmeübertragung ist ein guter Kontakt zwischen Tiegelboden und Sensor. Aus theoretischen Überlegungen heraus bietet sich dafür die Kombination aus einem flachen, ebenen Boden mit einem flachen, ebenen Sensor an. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass selbst makroskopisch ebene Metallflächen aufgrund ihrer Rauigkeit mikroskopisch aus Erhebungen und Vertiefungen bestehen, so dass sich an der Kontaktstelle Tiegel/Sensor immer nur einige Punkte berühren. Je mehr dies sind, desto besser ist der Wärmeübergang. 

Vor allem bei Tiegeln mit relativ dünnen Böden sind außerdem Fertigungstoleranzen nicht zu vernachlässigen. Selbst leichte Abweichungen des jeweiligen Tiegelbodens von einer ebenen Fläche können bei diesen Tiegeln die Wiederholbarkeit der Messergebnisse beträchtlich herabsetzen.

Ein neuer Ansatz, um diese Herausforderungen zu meistern ist eine konkave Form des Tiegelbodens, d.h. die bewusste Wölbung des äußeren Tiegelbodens nach innen, wie sie im Concavus®-Tiegel aus Aluminium realisiert ist (Abbildung 3). In Verbindung mit einem flachen Sensor entsteht dadurch eine gleichmäßige, ringförmige Kontaktzone, die zu einer merklich verbesserten Reproduzierbarkeit führt.

3) Schema eines Concavus®-Tiegels auf einem Corona-Sensor Die konkave Form des Alumiumtiegels ist überzeichnet dargestellt; in der Realität ist der Boden nur um ca. 10 μm nach innen gewölbt.

Der Concavus®-Tiegel ist zwar speziell auf den Corona-Sensor der DSC 214 Polyma abgestimmt, kann aber auch in allen anderen NETZSCH DSC- oder STA-Geräten mit DSC-Probenträger eingesetzt werden. 

Was die Höhe der DSC-Tiegel angeht, so sind sie mit einigen Millimetern in der Regel recht flach. Dadurch kann nur wenig Wärme über die umgebende Gasatmosphäre verloren gehen, was einen entsprechend positiven Effekt auf die Empfindlichkeit des Systems hat.

Fazit

Aluminium stellt durch die vergleichsweise günstigen Material- und Herstellungskosten bei trotzdem sehr guten Materialeigenschaften für die meisten Messaufgaben im Temperaturbereich bis 610 °C das ideale Tiegelmaterial dar. Die spezielle Form des Concavus®-Tiegels in Verbindung mit dem Corona-Sensor setzt dabei neue Maßstäbe.

Generell ist es wichtig, immer das Tiegelmaterial zu wählen, das keine Wechselwirkungen mit der Probe eingeht. In allen Fällen, in denen es möglich ist, sind für DSC-Untersuchungen aufgrund der besseren Wärmeübertragungseigenschaften Metalltiegel zu favorisieren.

Literatur

  1. [1]
    NETZSCH poster: Thermal Properties of the Elements 
  2. [2]
    Values of the NETZSCH-Al2O3 reference materials 
  3. [3]
    www.wikipedia.de 
  4. [4]
    Special thanks to my colleagues Andrea Kesselboth und Claire Straßer for providing the measurements.