Umfassende thermische Charakterisierung von PTFE – Die Kombination von DSC, DMA und Rotationsrheometrie

Einleitung

PTFE (Polyethylenterephthalat), allgemein bekannt als Teflon, ist ein Polymer, mit spiralförmiger, linearer Struktur, bei der die Fluoratome die Kohlenstoffatome umgeben und eine Schutzschicht bilden (siehe Strukturformel). Dies erklärt seine außergewöhnlichen Eigenschaften in Bezug auf Thermische StabilitätEin Material ist thermisch stabil, wenn es sich unter Temperatureinfluss nicht zersetzt. Eine Möglichkeit, die thermische Stabilität einer Substanz zu bestimmen ist die Verwendung eines TGA (thermogravimetrischer Analysator).thermische Stabilität, Isolierungsvermögen und chemische Beständigkeit usw. [1]. 

Die Eigenschaften von PTFE sind temperaturabhängig und schließen die für teilkristalline Materialien typische Eigenschaften wie z.B. Glasübergang und Schmelzen ein. Außerdem scheint die spiralförmige Struktur verantwortlich für das Auftreten von Kristall-Kristall-Übergängen bei Raumtemperatur zu sein [2]. 

Im Folgenden wurde eine PTFE-Probe mittels DSC, DMA und Rotationsrheometrie untersucht. Diese drei Methoden gehen Hand in Hand: Während die DSC Aufschluss über die thermischen Eigenschaften eines Materials gibt, können mit der DMA und Rotationsrheometrie die viskoelastischen Eigenschaften einer Probe durch Auswertung der Antwort auf ein oszillierendes Signal bestimmt werden.

Definitionen

DMA:
E*: Komplexer Elastizitätsmodul
E': Speichermodul, elastischer Beitrag zu E*
E": Verlustmodul, viskoser Beitrag zu E*
tan δ: Verlustfaktor

Rheometrie:
G*: Komplexer Schubmodul
G': Speicherschubmodul, elastischer Beitrag zu G*
G": Verlustschubmodul, viskoser Beitrag zu G*
δ: Phasenwinkel

Dynamische Differenzkalorimetrie (DSC) – Funktionsprinzip

DSC ist eine Technik, bei der der Unterschied zwischen der Wärmeflussrate in einen Probentiegel und der Wärmeflussrate in einen Referenztiegel in Abhängigkeit von der Zeit und/oder Temperatur gemessen wird. Dabei werden Probe und Referenz demselben geregelten Temperaturprogramm und einer definierten Atmosphäre ausgesetzt.

Ergebnis: Bestimmung der thermischen Eigenschaften wie Schmelzen, KristallisationAls Kristallisation bezeichnet man den physikalischen Vorgang der Verhärtung bei der Bildung und beim Wachstum von Kristallen. Bei diesem Prozess wird Kristallisationswärme frei.Kristallisation, Glasübergang, Kristallinitätsgrad und Vernetzungsreaktionen (Aushärtung)1 usw.

Dynamisch-mechanische Analyse (DMA) – Funktionsprinzip

Auf die Probe wird eine sinusförmige Kraft (SpannungSpannung ist definiert als Kraftniveau, das auf eine Probe mit definiertem Querschnitt aufgebracht wird (Spannung = Kraft/Fläche). Proben mit runden oder rechteckigen Querschnitten können komprimiert oder gestreckt werden. Elastische Materialien, wie Elastomere, können bis um das 5- oder 10-fache ihrer ursprünglichen Länge gedehnt werden.Spannung σ, Eingang) aufgebracht, was eine sinusförmige Verformung (DehnungDehnung beschreibt die Deformation eines Materials, das durch eine von außen einwirkende Kraft oder Spannung mechanisch belastet wird. Gummimischungen zeigen Kriech-Eigenschaften, wenn eine statische Last aufgebracht wird.Dehnung ε, Ausgang) zur Folge hat. 

Das Antwortsignal (Dehnung ε) wird in einen "In-Phase" und einen "Außer-Phase"-Anteil aufgeteilt. Der “In- Phase”-Anteil bezieht sich auf die elastischen Eigenschaften (→ E´, Speichermodul), der "Außer-Phase"-Anteil (→ E”, Verlustmodul) auf die viskoelastischen Eigenschaften. 

Ergebnis: Bestimmung der viskoelastischen Eigenschaften einer Probe, insbesondere ihr komplexer Modul E*2.

1 Weitere Information über die dynamische Differenz-Kalorimetrie unter DSC
2 Weitere Informationen über die dynamisch-mechanische Analyse unter DMA

1) Funktionsprinzip DMA

Rotationsrheometrie (Oszillationsmessung) – Funktionsprinzip

Die obere Geometrie oszilliert bei einer definierten Frequenz f [Hz] (oder ω [rad/s]) und Amplitude [%] (oder Scherdeformation γ [%]). 

Die für diese Oszillation erforderliche komplexe Schubspannung σ* [Pa] wird bestimmt und in einen "In-Phase"- und einen "Außer-Phase"-Anteil aufgeteilt. 

Der “In-phase”-Anteil bezieht sich auf die elastischen Eigenshaften der Probe (→ G´, Speicherschubmodul), der "Außer-Phase"-Anteil auf die viskosen Eigenschaften (→ G”, Verlustschubmodul) des viskoelastischen Materials.

Ergebnis: Bestimmung der viskoelastischen Eigenschaften der Probe, insbesondere ihres komplexen Schubmoduls G* und ihrer komplexen Scherviskosität ŋ* [Pa·s]3:

2) Funktionsprinzip Rotationsrheometrie

In Tabelle 1 sind die Bedingungen der drei Messungen zusammengefasst.

Tab.1 Messbedingungen

 Methode

DSC

DMA

Rotationsrheometrie

Tiegel/Geometrie

Concavus® (Aluminium),

geschlossen mit gelochtem Deckel

3-Punkt-Biegung, 40 mm

Torsion

Probeneinwaage/-

dimensionen

11,88 mg

Länge: 40 mm

Breite: 9,98 mm

Höhe: 2,1 mm

Länge: 42,5 mm

Breite: 10,01 mm

Höhe: 2,09 mm

Temperaturbereich

-70 °C bis 380 °C

-170 °C bis 150 °C

5 °C bis 150 °C

Heizrate

10 K/min

2 K/min

1 K/min

Amplitude/

Schubspannung

-

60 μm

4,10-3 %4

Frequenz

-

1 Hz

1 Hz

Atmosphäre

Stickstoff (100 ml/min)

Luft, statisch

Stickstoff (2 l/min)

3 Weitere Informationen zur Rheometrie unter RHEOMETER 

4 Durch einen vorherigen Amplitudensweep-Test, bei dem eine geeignete Scherdeformation aufgebracht wurde, wurde sichergestellt, dass die Oszillationsmessungen zerstörungsfrei sind. Während der gesamten Frequenzmessung blieb die Deformation im linearen viskoelastischen Bereich (Linear Viscoelastic Region (LVER)In the LVER, applied stresses are insufficient to cause structural breakdown (yielding) of the structure and hence important micro-structural properties are being measured.LVER) des Materials, in dem Schubspannung und Deformation proportional sind.

In Abbildungen 3 bis 5 sind die Ergebnisse der Messungen mit DSC, DMA und Rotationsrheometer dargestellt.

Phasenübergäng im Tieftemperaturbereich

Die DMA-Messung (Abbildung 3) zeigt, dass sich der Elastizitätsmodul des Polymers -160 °C auf nahezu 6500 MPa beläuft. Während der Aufheizung auf -100 °C fällt er auf mehr als die Hälfte seines ursprünglichen Werts ab. Diese starke Abnahme, verbunden mit Peaks bei -110 °C und -105 °C in der Kurve des Verlustmoduls E" (blau) bzw. Verlustfaktors tan δ (grün), ist wahrscheinlich auf eine Strukturänderung im rein amorphen Bereich zurückzuführen und wird γ-RelaxationWhen a constant strain is applied to a rubber compound, the force necessary to maintain that strain is not constant but decreases with time; this behavior is known as stress relaxation. The process responsible for stress relaxation can be physical or chemical, and under normal conditions, both will occur at the same time. Relaxation genannt [3].

Kristall-Kristall Übergänge bei Raumtemperatur

Die in Abbildung 4 dargestellte DSC-Messung zeigt einen Peak bei 21°C mit einer Schulter bei 30 °C. Dies ist auf die zwei Kristall-Kristall-Übergänge (von gut geordneter zu teilweise geordneter hexagonalen Struktur und von teilweise geordneter zu ungeordneter Struktur) zurückzuführen [4]. Dies entspricht einem Abfall im E'-Modul, verbunden mit einem Peak bei 34°C im tan δ der DMAMessung (Abbildung 3).

Die Messung mit dem Rotationsrheometer stimmt gut mit diesen Ergebnissen überein (Abbildung 5). Die Fest- Fest-Übergänge führen zu einer Abnahme der G´Kurve (rot) sowie zu einem Doppelpeak in den G"- (blau) und δ-Kurven (grün).

Amorpher und kristalliner Bereich: Glasübergang und Schmelzen

Ein weiterer Peak wurde bei 134 °C in der Verlustfaktorkurve, tan δ (Abbildung 3), und bei 127 °C in der Phasenwinkelkurve δ (Abbildung 5) detektiert. Dies entspricht dem Glasübergang von PTFE, bei der der amorphe Anteil des Polymers von einem glasartigen in einen gummiartigen Zustand übergeht.

3) DMA-Messung. Rot: Speichermodul E´. Blau: Verlustmodul. Grün: Verlustfaktor tan δ.
4) DSC-Messung: Der Kristallinitätsgrad errechnet sich aus der gemessenen Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelzenthalpie dividiert durch die Enthalpie eines 100% rein amorphen PTFE-Materials.

 

Des Weiteren ist der bei 337 °C detektierte endotherme Peak (Abb. 4) auf das Schmelzen der kristallien Phase von PTFE zurückzuführen [4]. Durch Auswertung der Schmelzenthalpie (73 J/g) lässt sich der Kristallinitätsgrad des Materials bestimmen. Dieses PTFE weist eine Kristallinität von nahezu 90 % auf. Der amorphe Antei ist demnach mit 10 % nur schwach ausgeprägt. 

Der Glasübergang ist aufgrund des geringen amorphen Anteils mittels DSC nicht ohne weiteres detektierbar. Jedoch eignen sich hier die alternativen Methoden DMA sowie Rotationsrheometrie. Der Glasübergang wird sowohl durch einen Peak im Verlustfaktor bei 134 °C als auch in einem Peak in der Phasenwinkelkurve bei 127 °C deutlich angezeigt. Abbildung 6 vereint die mit allen drei Methoden erhaltenen Ergebnisse.

 

5) Oszillationsmessung mit dem Rotationsrheometer. Rot: Elastischer Schubmodul G´, blau: Viskoser Schubmodul G”, grün: Phasenwinkel δ
6) DSC-, DMA- und Rheometer-Messergebnisse: schwarz: DSC; rot: Speichermodul E' (DMA); grün: Verlustfaktor tan δ (DMA); blau: Phasenwinkel δ (Rotationsrheometer).

Wie verknüpft man E’ und G’? Komplexe Methoden – einfache Antworten

Wie bereits erwähnt (siehe 4 ), lagen die aufgebrachten Deformationen im linear-viskoelastischen (LVR) Bereich des Materials. In diesem Fall sind Elastizitätsmodul E' (DMA) und elastischer Schubmodul G' (Rotationsrheometrie) durch folgende Gleichung verbunden: 

E' = 2 · G’ · (1 + n)

wobei n die Poissonzahl ist und für PTFE 0,42 beträgt [5].

Bei 5 °C → E´ = 1789 MPa

Bei 5 °C → G´= 661 MPa

2 · G’ (1 + n) = 1876 MPa

Der gemessene E'-Wert stimmt gut mit dem Wert überein, der aus dem Verhältnis zwischen Speichermodul und Poissonzahl berechnet wurde.

Zusammenfassung

Ein ungefülltes, hochkristallines PTFE-Material wurde mittels DSC, DMA und Rotationsrheometrie untersucht. Mit allen drei Methoden konnten die Kristall-KristallÜbergänge identifiziert werden. Der sehr schwache Glasübergang ließ sich mittels DMA und Rotationsrheometrie detektieren. Darüber hinaus konnte eine gute Korrelation zwischen den mittels DMA bestimmten Elastizitätsmodul und dem mittels Rheometer ermittelten elastischen Schubmodul festgestellt werden. 

Auch die Charakterisierung des γ-Übergangs, des Schmelzens und des Kristallinitätsgrads war möglich. 

Die Kombination der mit unterschiedlichen Methoden erhaltenenen Ergebnisse bestätigt nicht nur die Gültigkeit der Resultate, sondern liefert auch tiefere Einblicke in die thermischen und mechanischen Eigenschaften des Materials.

Literatur

  1. [1]
    Structure and properties of polytetrafluoroethylene (PTFE) fibers, Ruiliu Wang, Guangbiao Xu und Yuechao He (e-Polymers)
  2. [2]
    Polymer Characterization, Vincent J. Mcbrierty, in Comprehensive Polymer Science and Supplements, 1989, 19.8.1 Fluorocarbon Polymers
  3. [3]
    Analyse der viskoelastischen Eigenschaften im Bereich des β-Übergangs, Klaus Hying, Pd.D. thesis, 2003 https://d-nb.info/969582668/34 
  4. [4]
    Characterization of PTFE Using Advanced Thermal Analysis Techniques, Int J Thermophys 31, 1919–1927 (2010), J. Blumm, A. Lindemann, M. Meyer, C. Strasser
  5. [5]
    Relations Between Moduli (polymerdatabase.com)