Einleitung
Ein aus PET und PC bestehendes Blend weist im Vergleich mit den einzelnen Homopolymeren deutlich bessere mechanischen Eigenschaften und eine bessere Verarbeitbarkeit auf. Entscheidend in einem PET/PC-Blend ist die Kenntnis des Verhältnisses der einzelnen Polymere zueinander, da dieses die Produkteigenschaften beeinflusst.
Zur Ermittlung der einzelnen Polymeranteile wurden an drei PET/PC-Mischungen mit unterschiedlichen Verhältnissen Messungen mittels der temperaturmodulierten dynamischen Differenz-Kalorimetrie durchgeführt.
DSC-Messungen (konventionell)
Experimenteller Teil
Bei den untersuchten Proben handelte es sich um drei Blends aus Polycarbonat (PC) und Polyethylenterephthalat (PET) in drei unterschiedlichen Verhältnissen. Sie waren frei von Zusatzstoffen oder weiteren Komponenten, und wurden auf genau dieselbe Art und Weise hergestellt sowie vor den Messungen unter denselben Bedingungen gelagert.
Die drei Proben wurden im Folgenden als PET/PC1, PET/PC2 und PET/PC3 bezeichnet.
Die Messbedingungen sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tabelle 1: Experimentelle Bedingungen der konventionellen DSC-Messungen
Gerät | DSC 204 F1 Phoenix® (NETZSCH-Gerätebau GmbH) | |
Atmosphäre | Stickstoff (Durchfluss: 40 ml/min) | |
Probeneinwaage | Zwischen 11 mg und 12 mg | |
Tiegel | Kaltverschweißte Aluminiumtiegel mit gelochtem Deckel | |
Temperaturprogramm | ↗ 0 °C ... 280 °C mit einer Heizrate von 10 K/min ↓280 °C ... 0 °C mit einer Kühlrate von 20 K/min ↗ 0 °C ... 280 °C mit einer Heizrate von 10 K/min |
Ergebnisse und Diskussion
In den Abbildungen 1, 2 und 3 ist die Umwandlungsenergetik von PET/PC1, PET/PC2 und PET/PC3 während der beiden Aufheizungen aufgezeigt; die erste Aufheizung ist grün, die zweite rot dargestellt.
Die DSC-Kurve der ersten Aufheizung zeigt die thermische Vorgeschichte des Polymers vor der Messung: Sie hängt von den Vorbereitungs-, Kühl- und Lagerbedingungen usw. ab. Nach Bereinigung der thermischen Vorschichte durch die ersten Aufheizung trägt die zweite Aufheizung zur Identifizierung des Polymers bei. Das Schmelzen des Polymers in der ersten Aufheizung “löscht” dessen Vorgeschichte. Nach geregelter Abkühlung unter definierten Bedingungen liefert eine zweite Aufheizung Informationen über die Probe selbst.
In beiden Aufheizzyklen aller Proben wurde die typische endotherme Stufe (Glasübergang) von PET zwischen 70 °C und 85 °C zusammen mit dessen Schmelzpeak zwischen 200 °C und 270 °C detektiert. Bei allen Proben ist die ΔSpezifische Wärmekapazität (cp)Die spezifische Wärmekapazität oder Wärmekapazität ist eine messbare physikalische Größe, die dem Verhältnis der einem Objekt zugeführten Wärme zur resultierenden Temperaturänderung entspricht.cp-Stufe während der Glasumwandlung von PET in der zweiten Aufheizung kleiner als in der ersten Aufheizung, was auf die Bildung einer geringeren amorphen Phase während der Abkühlung hinweist.
Dies wird durch den Nachkristallisationspeak von PET, der nur in der Aufheizung bei 120,6 °C (Peaktemperatur) aufgezeichnet wurde, bestätigt: Dieser Effekt ist auf die Umstrukturierung der amorphen Struktur zur Bildung von Kristalliten zurückzuführen und wird nur bei niederkristallinem PET festgestellt. Der Glasübergang von Polycarbonat liegt zwischen 140 bis 145 °C und überlappt in der ersten Aufheizung mit dem Nachkristallisationspeak von PET. Damit ist die genaue Auswertung des Glasübergangs von Polycarbonat mittels konventioneller DSC nicht möglich.
Wie oben erläutert, wird für die Identifizierung einer Polymersubstanz typischerweise die 2. Aufheizung herangezogen. Die Berechnung des Anteils eines jeden Polymers erfolgt jedoch über die Auswertung der mit dem Glasübergang einhergehenden Spezifische Wärmekapazität (cp)Die spezifische Wärmekapazität oder Wärmekapazität ist eine messbare physikalische Größe, die dem Verhältnis der einem Objekt zugeführten Wärme zur resultierenden Temperaturänderung entspricht.cp-Stufe. Die cp- Stufe von PET ist in allen drei Fällen in der ersten Aufheizung höher als in der zweiten Aufheizung, sodass ihre Auswertung mit der ersten Aufheizung genauer gelingt. Zudem hatten die angelieferten Proben die gleiche thermische Vorgeschichte sowie die gleiche Vorbereitung für die anstehenden DSC-Messungen. Daher ist es auch möglich, die erste Aufheizung für die Auswertung des Anteils der einzelnen Polymere in den Blends heranzuziehen.
Temperatur-modulierte DSC-Messungen
Bei einer temperatur-modulierten DSC-Messung ist das Temperatursignal nicht linear, sondern sinusfömig: auf die zugrundeliegende Heizrate wird eine oszillierende Heizrate mit definierter Amplitude und Periode angewendet. Dadurch wird das DSC-Signal in zwei Teile geteilt: den sogenannten oszillierenden Teil, auch als reversierendes Signal bezeichnet, der Informationen über die mit der Temperatur oszillierenden Prozesse ( z.B. Wärmekapazitätsänderungen) gibt, und den nicht reversierenden Wärmestrom, der sich auf zeitabhängige Vorgänge (z.B. VerdampfungVerdampfung beschreibt die Phasenumwandlung eines Stoffes von der flüssigen in die gasförmige Phase. Beim Verdampfen eines Stoffes unterscheidet man grundsätzlich zwei Formen, Sieden und Verdunstung.Verdampfung oder KristallisationAls Kristallisation bezeichnet man den physikalischen Vorgang der Verhärtung bei der Bildung und beim Wachstum von Kristallen. Bei diesem Prozess wird Kristallisationswärme frei.Kristallisation) bezieht (siehe auch Tabelle 2).
Die temperaturmodulierte Messung soll den Kristallisationspeak von PET vom Glasübergang von PC trennen, um eine genaue Auswertung des Glasübergangs zu ermöglichen.
Experimenteller Teil
Die Bedingungen des modulierten Tests sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
Ergebnisse und Diskussion
Die Bedingungen des modulierten Tests sind in Tabelle 3 zusammengefasst.
Abbildungen 4 bis 6 zeigen die Ergebnisse der temperaturmodulierten Messungen an den drei PET/PC-Blends. Erwartungsgemäß ist der Glasübergang beider Polymere im reversierenden Signal sichtbar, während die Nachkristallisation von PET im nicht-reversierenden Signal auftritt. Darüber hinaus sind die endothermen Effekte nach jedem Glasübergang, die auf die Relaxationseffekte der Proben zurückzuführen sind, auch nur im nicht-reversierenden Signal zu beobachten.
Die Stufe in der DSC-Kurve während des Glasübergangs, Δcp, lässt sich in den reversierenden DSC-Kurven mit hoher Genauigkeit auswerten. In Abbildung 7 sind die reversierenden Signale aller Proben dargestellt.
Tabelle 2: Typische Verteilung der gemessenen Effekte in reversierende und nicht-reversierende Signale
Reversierendes Signal | Nicht-reversierendes Signal (zeitabhängiger Prozess) | |
Glasumwandlung | ||
Fest/Fest-Umwandlung | ||
Aushärtung |
Tabelle 3: Experimentelle Bedingungen der konventionellen DSC-Messungen
Gerät | DSC 204 F1 Phoenix® (NETZSCH-Gerätebau GmbH) | |
Atmosphäre | Stickstoff (Durchfluss: 40 ml/min) | |
Probeneinwaage | zwischen 11 und 12 mg | |
Tiegel | Aluminiumtiegel mit gelochtem Deckel | |
Temperaturprogramm | 20 °C - 280 °C Heizrate: 1,5 K/min Amplitude: 0,5 K Periode: 120 s |
Mit dieser genauen Auswertung des Δcp-Werts können der PET- und PC-Anteil in jedem der Blends mittels folgenden Gleichungen bestimmt werden:
wobei PET1, PET2, PET3 die jeweiligen PET-Anteile in Proben 1, 2 und 3 und PC1, PC2 und PC3 die PC-Anteile in Proben 1, 2 und 3 sind. Diese Berechnungn können natürlich nur akkurat durchgeführt werden, wenn die Proben keine weiteren Komponenten (Füllstoff, Farbbatch usw.) aufweisen und die thermische Vorgeschichte für alle drei Blends identisch ist.
Dann können die genannten Berechnungen bestimmt werden:
Daraus ergeben sich folgende Ergebnisse:
PET1 = 19,1 %
PET2 = 23,8 %
PET3 = 31,3 %
PC1 = 80,9 %
PC2 = 76,3 %
PC3 = 68,7 %
Zusammenfassung
Drei PET/PC-Blends wurden mit der DSC 204 F1 Phoenix® untersucht. In Standard-DSC-Messungen (ohne Temperaturmodulation) überlagert sich die Δcp-Stufe von Polycarbonat mit dem Nachkristallisationspeak von PET und somit ist eine genaue Auswertung nicht möglich.
Um beide Effekte aufzutrennen, wurden weitere Messungen mittels temperaturmodulierter DSC durchgeführt. Die so erhaltenen „freien“ Δcp-Stufen erlauben die genaue Bestimmung der PET- und PC-Anteile in jeder Probe.