Einleitung
Eudragit® ist der Handelsname für Copolymere auf Polymethacrylatbasis, die für eine kontrolliert verzögerte Arzneistofffreigabe in allen Magen- und Darmabschnitten eingesetzt werden. Eudragit® ist in mehreren Zusammensetzungen, die sich bezüglich der funktionellen Gruppen an den Seitenketten unterscheiden, erhältlich. Die chemische Zusammensetzung des Monomers und des Molekulargewichts oder der Kettenlänge des gesamten Polymers haben großen Einfluss auf die Glasumwandlungstemperatur [4].
Als Beispiel zeigt Abbildung 1 zwei sich wiederholende Einheiten von Eudragit®-Polymeren, die in ihrer chemischen Zusammensetzung sehr ähnlich sind. Sie unterscheiden sich jedoch stark in ihrer Glasumwandlungstemperatur: Diese beträgt 111 °C für Eudragit® L100-55 und 195 °C für Eudragit® L100 (Onset-Temperaturen des Glasübergangs, siehe [1]). Das erklärt die Tatsache, dass das Hauptziel bei der Qualitätskontrolle von Eudragit®-Polymeren die Bestimmung der Glasumwandlungstemperatur für eine zuverlässige Identifizierung des jeweiligen Produkts ist.
Zweitens ist die Kenntnis der Glasumwandlungstemperatur des Polymers für die Auswahl der optimalen Prozessbedingungen, z.B. für Schmelzextrusionen [3], erforderlich.
Im Folgenden wird ein unbekanntes Eudragit®-Polymer mittels dynamischer Differenzkalorimetrie identifiziert.
Grenzen von Standard-DSC-Messungen
Die Messung wurde an 3,38 mg Eudragit® L100-55 mit einem geschlossenen Aluminiumtiegel mit gelochtem Deckel durchgeführt. Die Probe wurde zwischen -50 °C und 250 °C mit 10 K/min in Stickstoffatmosphäre (40 ml/min) mit der DSC 204 F1 Nevio aufgeheizt.
Abbildung 2 zeigt die DSC-Kurve während der Aufheizung. Es wurden zwei endotherme Peaks mit Peaktemperaturen bei 81 °C und 207°C detektiert. Lage und Form des ersten Peaks deuten auf die VerdampfungVerdampfung beschreibt die Phasenumwandlung eines Stoffes von der flüssigen in die gasförmige Phase. Beim Verdampfen eines Stoffes unterscheidet man grundsätzlich zwei Formen, Sieden und Verdunstung.Verdampfung von Wasser hin. Dieses Ergebnis wurde durch die TG-FT-IR-Messungen an der Probe bestätigt [5]. Der zweite Peak ist wahrscheinlich auf die Zersetzung der Probe [1] zurückzuführen. Zwischen beiden Peaks wurde eine endotherme Stufe festgestellt, die auf den Glasübergang der Substanz hinweist. Eine exakte Auswertung erfordert jedoch eine Auftrennung dieses Effekts vom Verdampfungspeak. Zu diesem Zweck wurde eine modulierte DSC-Messung durchgeführt.
Für eine genaue Auswertung des Tg: Modulierte DSC
Es wurden 4,80 mg der unbekannten Eudragit®-Probe mit der DSC 204 F1 Nevio gemessen. Die Probe wurde von -40 °C bis 180 °C aufgeheizt. Der Temperaturanstieg war nicht linear, sondern oszillierend mit einer Amplitude von 0,5 K und einer Periode von 60 s. Die Schwingungen wurden von einer zugrunde liegenden Heizrate von 3 K/min überlagert.
Abbildung 3 zeigt das Ergebnis der Modulation: Das gesamte DSC-Signal liefert Informationen über alle Vorgänge in der Probe, d.h., es entspricht einer Standard- DSC-Kurve. Das gesamte Signal wird von der Proteus®-Software in das reversierende DSC-Signal, das sich auf die Wärmekapazität der Probe bezieht, und das nicht-reversierende DSC-Signal aufgeteilt.
Die Freisetzung von Wasser sowie die Zersetzung der Probe sind irreversible Prozesse und werden im nichtreversierenden DSC-Signal detektiert. Das reversierende Signal enthält nur die Informationen über den Glasübergang von Eudragit®. Diese Auftrennung des Glasübergangs von allen anderen Effekten erlaubt dessen genaue Auswertung. Sein Onset wurde bei 111 °C detektiert: Diese Temperatur ist charakteristisch für Eudragit® L100-55 (siehe Vergleichswerte der Glastemperatur- Onsets in [1]).
Zusammenfassung
Mit nur einer modulierten Aufheizung mit der DSC 204 F1 Nevio konnte die zuverlässige Bestimmung des Glasübergangs und somit die Charakterisierung der Probe realisiert werden. Das unbekannte Eudragit® wurde als Produkt L100-55 mit einer GlasübergangstemperaturDer Glasübergang gilt als eine der wichtigsten Eigenschaften amorpher und teilkristalliner Materialien, wie z.B. anorganische Gläser, amorphe Metalle, Polymere, Pharmazeutika und Lebensmittel, usw., und bezeichnet den Temperaturbereich, in dem sich die mechanischen Eigenschaften des Material von einem harten und spröden Zustand in einen weicheren, verformbaren oder gummiartigen Zustand ändern.Glasübergangstemperatur von 111 °C identifiziert.
Messungen mit der DSC 204 F1 Nevio sind wertvolle Hilfestellungen für die Qualitätskontrolle pharmazeutischer Substanzen: Dies stelt sicher, dass die richtigen Inhalts- und Hilfsstoffe verwendet werden.