Einleitung
Polymerblends sind eine Kombination aus zwei oder mehreren Polymeren. Sie werden kombiniert, um ein neues Material mit anderen physikalischen Eigenschaften als ihre Rohstoffe herzustellen. Sie können kostengünstige Alternativen zu teuren technischen Polymeren darstellen. Blends aus ABS und PC werden häufig als Gehäuse für elektrische Geräte und Applikationen sowie bei Innenverkleidungen in der Automobilindustrie eingesetzt. Diese Blends vereinen hervorragende Verarbeitungseigenschaften mit hoher Wärmebeständigkeit und Schlagzähigkeit, die den Einzelkomponenten überlegen sind. Für eine noch höhere Belastbarkeit können Blends aus PA6 und ABS verwendet werden. Ein weiteres interessantes Beispiel ist die Kombination aus POM and PTFE. Dieses Blend kombiniert die Eigenschaften selbstschmierender Materialien mit einem geringen Reibungswiderstand und verbesserten Verschleißeigenschaften durch Zugabe geringer Mengen an PTFE zu POM. Deshalb werden diese Blends in tribologischen Applikationen wie z.B. Getrieben eingesetzt.
Während Blends im Laufe ihrer Nutzungsdauer erhebliche Vorteile bieten, erschweren sie das Recycling am Ende ihrer Lebensdauer. Probleme sind die Identifizierung als Blend sowie dessen Zusammensetzung. Die Identifizierung stellt sicher, dass es richtig sortiert und, wenn möglich, wieder verwendet werden kann.
TG-FT-IR-Messung und Interpretation
Die Identifizierung der Komponenten eines Blends erfolgt häufig mittels spektroskopischer oder chromatografischer Analyse. Auch die Kombination von TG und FT-IR kann ein hilfreiches Werkzeug bei der Charakterisierung von Blends sein. Einerseits geben die Massenverluststufen Aufschluss über den Polymeranteil und andererseits dienen die mittels FT-IR detektierten Pyrolysegase als Fingerabdruck des Polymers und sind hilfreich bei der Identifizierung.
Unterschiedliche Blends wurden mit der PERSEUS® TG 209 F1 Libra® unter den in Tabelle 1 gelisteten Messbedingungen untersucht.
Tabelle 1: Messbedingungen
Probe | POM/PTFE | PA6/ABS | PC/ABS |
---|---|---|---|
Probeneinwaage | 10,57 mg | 9,72 mg | 10,38 mg |
Temperaturprogramm | RT - 850 °C | RT - 850 °C | RT - 850 °C |
Heizrate | 10 K/min | 10 K/min | 10 K/min |
Gasatmosphäre | Stickstoff | Stickstoff | Stickstoff |
Gasflussrate | 40 ml/min | 40 ml/min | 40 ml/min |
Tiegel | Al2O3 (85 μl), offen | Al2O3 (85 μl), offen | Al2O3 (85 μl), offen |
Abbildung 1 zeigt die erhaltenen TG-FT-IR-Daten des POM/PTFE-Blends. Es wurden zwei Massenverluststufen von 92,6 % und 1,3 % mit Peaks in der DTG-Kurve bei 366 °C und 582 °C detektiert. Das Gram Schmidt-Signal, das sämtliche IR-Änderungen zeigt, verhält sich wie das Spiegelbild der DTG-Kurve. Maxima wurden im gleichen Temperaturbereich beobachtet.
Die vollständigen IR-Daten des POM/PFTE-Blends sind in Abbildung 2 in einem temperatur- und wellenzahlenabhängigen 3D-Plot dargestellt. Die TG Kurve ist im Hintergrund rot eingezeichnet und zeigt die Korrelation des Massenverlusts mit dem Anstieg der IR-Intensität. Zur Identifizierung der freigesetzten Gase werden die einzelnen Spektren extrahiert und mit der NETZSCH-FT-IR-Datenbank für Polymere verglichen, die aus Pyrolysespektren gängiger Polymere besteht. Das 2D-Spektrum während der ersten Massenverluststufe stimmt gut mit den Pyrolysegasen von POM (grün) überein.
Während der zweiten Massenverluststufe wurden PTFE Zersetzungsprodukte (orange) detektiert, vergleiche Abbildung 3. Aus dieser Analyse lässt sich ableiten, dass das untersuchte Blend hauptsächlich aus POM mit geringen Anteilen an PTFE bestand.
Das zweite untersuchte Blend war einen Mischung aus PA6 und ABS. Abbildung 4 zeigt die TG-Kurve mit einem Massenverlust von 98 % und die Gram Schmidt-Kurve mit einem Peak bei 462 °C. Aus diesen Kurven war nicht ersichtlich, dass die untersuchte Probe aus mehr als nur einem Material besteht. Ein tieferer Einblick lässt sich hier nur mittels Emissionsgasanalyse gewinnen.
Das 2D-Spektrum wurde bei 456 °C (rot) extrahiert und mit der NETZSCH-FT-IR-Datenbank für Polymere verglichen, siehe Abbildung 6. Dieser Vergleich zeigt deutlich, dass das gemessene Spektrum eine Mischung aus mehr als nur einem Polymer ist. Die höchste Ähnlichkeit wurde für PA6 nachgewiesen. Nach Subtraktion des Spektrums wurde ABS als zweiter Bestandteil dieser Mischung gefunden. Die roten Kreise zeigen charakteristische Vibrationsbanden für PA6 im gemessenen Spektrum, während die blauen Kreise charakteristische Banden für ABS darstellen.
Auch die dritte Mischung aus ABS und PC konnte einfach mittels TG-FTIR-Kopplung identifiziert werden. Abbildungen 7 und 8 zeigen die erhaltenen Messdaten. Es wurden zwei sich überlappende Massenverluststufen von 30,0 % und 45,7 % mit Peaks in der DTG-Kurve bei 438 °C und 520 °C detektiert. Die Gram Schmidt-Kurve zeigt Peaks bei den gleichen Temperaturen. Der Vergleich der gemessenen Spektren bei diesen Temperaturen mit der NETZSCH FT-IR-Datenbank für Polymere ergaben eine gute Übereinstimmung mit ABS für die erste Massenverluststufe und mit PC für die zweite Massenverluststufe.
Zusammenfassung
Diese Beispiele belegen die Vorteile einer Kombination von TG und FT-IR, die sich als gut geeignetes Werkzeug zur Identifizierung von Polymerblends bewährt. Mittels TG-Kurven lässt sich der Polymergehalt quantifizieren, während die Identifizierung der Polymere mit Hilfe der Pyrolysegase im Vergleich zur Gasphasenbibliothek NETZSCH-FT-IR-Datenbank für Polymere erfolgt. Dies eignet sich als gute Lösung, wenn quantifizierbare Ergebnisse benötigt werden. Auch besonders dann, wenn das Polymer schwarz vorliegt und sich dadurch eine FT-IR-Analyse mittels ATR erschwert. Einschränkungen können auftreten, wenn Pyrolysegase miteinander wechselwirken, die sich von den freigesetzten Verbindungen aus reinen Polymeren unterscheiden.