Einleitung
Mit der dynamischen Differenzkalorimetrie (engl. Differential Scanning Calorimetry, DSC) ist neben der Bestimmung von Phasenumwandlungstemperaturen und Umwandlungsenthalpien auch die Untersuchung von Aushärtereaktionen möglich. Generell werden die Proben in einem Tiegel mit gelochtem Deckel unter Normaldruck mit konstanter Spülgasrate untersucht. Kombiniert man die DSC mit einer UV-Lampe können Untersuchungen zu lichthärtenden Reaktionen durchgeführt werden. Abbildung 1 zeigt die hier verwendete DSC 204 F1 Phoenix® direkt über den Ofendeckel verbunden mit einer UV-Lampe.

Ergebnisse
UV-härtende Systeme: „Gut-schlecht“-Vergleich von 2 Druckfarben
Die Probe wurden in einem offenen Tiegel dem UV-Licht ausgesetzt. Intensität und Belichtungszeit können im Rahmen eines Temperaturprogramms variiert werden. Im Allgemeinen werden isotherme Bedingungen oder ein dynamisches Temperaturprogramm verwendet. Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse der Photo-DSC für die Aushärtung einer Siebdruckfarbe auf Acrylatbasis. Es wurden zwei unterschiedliche Probenchargen bei einer konstanten Temperatur von 35 °C in Stickstoffatmosphäre untersucht. Die Belichtung erfolgte im Pulsbetrieb mit einer Intensität von 1 W/cm² und einer Pulszeit von 1 s. Aus der Messung wurde die Umsatzkurve unter der Annahme berechnet, dass während der letzten Belichtungsstufe keine Aushärtung mehr auftritt. Die letzte Belichtungsstufe wurde von den vorherigen subtrahiert und die Enthalpie der einzelnen Stufe in Relation zur Gesamtenthalpie gesetzt.

Die Umsatzkurve in Abbildung 3 zeigt während der ersten beiden Belichtungsstufen ein leicht unterschiedliches Aushärteverhalten der „guten Probe“ im Vergleich zur „schlechten Probe“.

In Abbildung 4 sind die Gesamtreaktionsenthalpien für die beiden Farbproben dargestellt. Sie unterscheiden sich signifikant voneinander. Im Vergleich zur „schlechten Probe“ weist die „gute Probe“ eine höhere Reaktivität (Gesamtenthalpie) auf.

Einfluss der Gasatmosphäre
Der Einfluss von Sauerstoff auf das Aushärteverhalten von Acrylatsystemen ist hinlänglich bekannt. Dies spiegelt das Beispiel für die „gute Probe“ in Abbildung 5 wider. Dank der internen Massendurchflussregler für einen präzisen Spülgasstrom konnten in der DSC 204 F1 Phoenix® UV-DSC-Messungen mit verschiedenen Atmosphären auf einfache Weise realisiert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Enthalpie für die Aushärtung in synthetischer Luft im Vergleich zur Messung unter Stickstoffatmosphäre niedriger ist. Der vorhandene Sauerstoff agiert als Inhibitor für den UV-Aushärteprozess [2].

Einfluss des Farbtons auf das Aushärteverhalten
Die blauen Kurven in Abbildung 6 zeigen die UV-DSC-Ergebnisse für zwei blaue Farben und die roten Kurven für rote Farben. Verglichen mit den roten Farben weisen beide blaue Farben (unterschiedliche Chargen) eine wesentlich höhere Enthalpie für die UV-Aushärtung auf. Wiederum konnten geringe Unterschiede im Aushärteverhalten der beiden gleichfarbigen Probenchargen aufgrund der UV-DSC-Ergebnisse aufgezeichnet werden. Bei der Entwicklung von neuen Formulierungen sind UV-DSC-Ergebnisse besonders hilfreich, um Formulierungen mit unterschiedlichem Farbton mit gleichem Aushärteverhalten zu erhalten. Dies ist für die spätere Anwendung ausschlaggebend.

Ergebnisse für ein dual-härtendes System
Neben Systemen mit nur einem Vernetzungsmechanismus können mit der UV-DSC auch dual-härtende Systeme [3], wie z. B. spezielle Arten von Klebstoffen, untersucht werden. Diese Klebstoffe härten nicht nur unter UV-Belichtung, sie zeigen auch einen thermischen Nachhärteeffekt. Ein solches System ist in Abbildung 7 dargestellt. Die UV-Belichtung für 1 s bei Raumtemperatur zeigt einen exothermen Aushärteeffekt mit einer Enthalpie von 251 J/g. Durch Aufheizung der Probe bis 200 °C konnte der thermische Aushärteeffekt bei 164 °C (Peaktemperatur) mit einer Enthalpie von 55 J/g beobachtet werden. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass es möglich ist, das Aushärteverhalten mit einer einzigen UV-DSC-Untersuchung vollständig zu charakterisieren.

Zusammenfassung
Die dynamische Differenzkalorimetrie (engl. Differential Scanning Calorimetry, DSC) in Verbindung mit einer UV-Lampe erlaubt die Untersuchung von fotoinitiierten Aushärteprozessen. Die erhaltenen Ergebnisse helfen, einen Einblick in die Aushärtemechanismen und die Kinetik von Aushärtereaktionen zu gewinnen. Zusätzlich kann die Untersuchung dual-härtender Systeme mit nur einer einzigen Messung realisiert werden.