Einfluss der Atmosphäre und Probenform auf das TG-Messergebnis

Einleitung

Mit Hilfe der Thermogravimetrie, z.B. nach ISO 11358 oder DIN 51006, werden vor allem Thermostabilität und Zusammensetzung verschiedenster Substanzen, Materialien und Mischungen untersucht, indem die Probe in einer Thermowaage unter definierten Bedingungen aufgeheizt wird. Dabei spielt die verwendete Atmosphäre eine große Rolle, handelt es sich doch vor allem um Adsorptions-, Desorptions-, Zersetzungs- und Oxidationsprozesse – also Wechselwirkungen der Probe mit ihrer Umgebung.

Beispielsweise wird unter inerten, pyrolytischen Bedingungen (z.B. in Stickstoffatmosphäre) ein völlig anderes Ergebnis erzielt als unter oxidativen Bedingungen – also bei Anwesenheit von Luft oder Sauerstoff .

Messergebnisse

Einfluss der Atmosphäre 

Abbildung 1 zeigt hierzu die Zersetzung des thermoplastischen Elastomer-Blends SEBS/PP (Styrol-Ethylen- Butadien-Styrol/Polypropylen) in Stickstoffatmosphäre (grüne Kurven) im Vergleich zur Messung unter Luft (blaue Kurven). Deutlich ist der wesentlich frühere Abbau des oxidationsempfindlichen Materials in Luft festzustellen: 312 °C gegenüber 391 °C (extrapolierter Onset) unter inerter Gasatmosphäre. Zudem verläuft die oxidative Zersetzung mehrstufig, was man anhand der ersten Ableitung (DTG, blaue gestrichelte Kurve) deutlich beobachten kann. In beiden Fällen betrugen die Heizrate 20 K/min und die Einwaage 10 mg.

1) Unterschiedliches Zersetzungsverhalten von SEBS/PP in Stickstoff atmosphäre (grüne Kurven) und Luft (blaue Kurven)

Unter reduziertem Atmosphärendruck (Vakuum) wird eine Siedepunktserniedrigung leichtflüchtiger Bestandteile in einer Polymermischung erzielt, die eine bessere Abtrennung von der Polymerzersetzung gestattet. Abbildung 2 demonstriert dazu Messungen an einer Mischung aus dem thermoplastischen Elastomer SEBS und einem niedermolekularen Weichmacher. Unter Vakuum (rote Kurven) verläuft die Abspaltung des Weichmachers bei deutlich tieferer Temperatur. Es kann somit der Weichmacheranteil von 61,2 % exakt bestimmt werden. Dagegen ist in Stickstoffatmosphäre die Abspaltung des Weichmachers von der Polymerzersetzung partiell überlagert: die DTG-Kurve (blaue gestrichelte Kurve) geht nicht auf 0 zurück. In beiden Fällen wurde eine Heizrate von 5 K/min eingesetzt.

2) Deutlich getrennte Weichmacherabspaltung einer SEBS-Mischung im Vakuum (rote Kurven) gegenüber Standardmessung in Stickstoff (blaue Kurven)

Einfluss der Probenform: Verhältnis Oberfläche zu Masse 

Bei der Zersetzungsanalyse ist zudem das Verhältnis Oberfläche zu Masse für ein reproduzierbares Messergebnis bedeutend. Eine höhere spezifische Oberfläche (z.B. bei Pulver) liefert eine Zersetzung bei deutlich niedrigerer Temperatur mit steileren Masseverluststufen als ein Bulkmaterial gleicher Masse. Selbst bei Polymeren, die als kompakte oder in kleine Stückchen geschnittene Proben vorliegen können, hat dies einen Einfluss auf den Verlauf der Zersetzung. Abbildung 3 zeigt hierzu das unterschiedliche Zersetzungsverhalten von zerstückeltem SEBS/PP, also mit höherer spezifischer Oberfläche (blaue Kurven) gegenüber einer Probe in einem Stück (rote Kurven) mit gleicher Einwaage von 10 mg.

3) Zersetzungsverhalten einer SEBS/PP-Probe; Messung im Al2O3-Tiegel rot: Probe 10 mg (1 Stück), blau: Probe 10 mg (20 Stückchen)