TG-Messungen und c-DTA®-Bestimmung an Polymeren

Einleitung

Untersucht man Polymere mit der Thermowaage, ist man hauptsächlich an der Information über die temperaturabhängigen Massenänderungen interessiert. So können Informationen über mögliche Zusätze von Additiven und Füllstoffen sowie über den Polymeranteil erhalten werden. Der Gaswechsel von Inertgas zu oxidierender Atmosphäre ermöglicht die gezielte Verbrennung von zugesetztem Ruß oder Pyrolyseruß, die Restmasse gibt Auskunft über Art und Menge der verwendeten Füllstoffe und liefert den AschegehaltAsche ist ein Maß für den Mineraloxidgehalt basierend auf dem Gewicht. Die thermogravimetrische Analyse (TGA) in oxidativer Atmosphäre ist eine bewährte Methode zur Bestimmung des anorganischen Rückstands, allgemein als Asche bezeichnet, in organischen Materialien wie Polymere, Kautschuke usw. Mittels TG-Messung lässt sich charakterisieren, ob ein Material gefüllt ist, und der gesamte Füllstoffgehalt kann berechnet werden.Aschegehalt. Für die vollständige Beschreibung der Probeneigenschaften, oder auch für eine Identifizierung eines unbekannten Polymers, fehlt jedoch u.a. die Information der Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelztemperatur. Denn im Gegensatz zu einer DSC-Apparatur oder einer DTA-Apparatur besitzen thermogravimetrische Messgeräte in der Regel nur eine Probenposition im Probenraum. Damit steht üblicherweise auch nur ein Thermoelement zur Bestimmung der Probentemperatur zur Verfügung. Der Probenhalter der TG 209 F1 Libra® zur Aufnahme eines Probentiegels ist in Abbildung 1 dargestellt.

Damit ist, anders als bei Geräten mit zwei Messpositionen im Probenraum (DSC, DTA), die Auswertung eines gemessenen Differenzsignals nicht möglich. Wärmetönungen, wie die Auswertung der Schmelztemperatur, können somit nicht erfasst werden. Diese Lücke kann mit Hilfe des c-DTA-Signals geschlossen werden. Dadurch erfährt die TG-Apparatur eine deutliche Aufwertung, denn zusätzlich zu den rein thermogravimetrischen Informationen ist nunmehr der Zugang zu DTA-analogen Informationen gegeben.

1) Probenhalter der TG 209 F1 Libra®

Messbedingungen für die in Abbildung 3 gezeigten Untersuchungen

ProbePEPPPA6
Einwaage7.3 mg10.47 mg8.77 mg
TiegelAl2O3Al2O3Al2O3
AtmosphäreStickstoffStickstoffStickstoff
Gasflussrate40 ml/min40 ml/min40 ml/min
Heizrate20 K/min20 K/min20 K/min

Funktionsweise der c-DTA-Auswertung

Die c-DTA®-Auswertung vergleicht das gemessene Signal der Probentemperatur mit der Sollwertvorgabe, also dem berechneten Temperatur-Zeit-Regime. Zu dem Zeitpunkt, an dem in der Probe eine kalorische Umwandlung stattfindet, wird die gemessene Probentemperatur von dem linearen Verlauf vor der Umwandlung abweichen. Schmilzt die Probe beispielsweise (endothermer Effekt), wird die zugeführte Energie für den Schmelzvorgang benötigt und führt deshalb kurzzeitig nicht zu einer Temperaturerhöhung, die Probentemperatur bleibt also hinter der programmierten linearen Heizrate zurück. Eine vergleichende Darstellung des gemessenen Temperatursignals mit dem berechneten Sollwert des Temperaturprogramms ist schematisch in Abbildung 2 gezeigt.

2) Schematische Darstellung zur Berechnung des c-DTA®-Signals

Das daraus resultierende Differenzsignal wird als berechnetes DTA-Signal (c-DTA) bezeichnet. Es hat aus den oben beschriebenen Gründen nicht die Qualität eines gemessenen DSC-Signals, kann aber dennoch wertvolle Hinweise zur Identifizierung von unbekannten Proben liefern, wie im Folgenden gezeigt wird. Eine zweite wichtige Anwendung besteht in der Möglichkeit, über das c-DTA-Signal die Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelztemperaturen von Kalibrierstandards zu bestimmen. Damit ist, ähnlich wie bei den Messgeräten mit einem Zwillingsaufbau (DSC), die Temperaturkalibrierung mit Hilfe der etablierten Schmelzstandards möglich.

Ergebnisse

Abbildung 3 zeigt den Vergleich der Untersuchungsergebnisse dreier gängiger Thermoplaste, Polyethylen (HD-PE), Polypropylen (PP) und Polyamid 6 (PA6). 

Zusätzlich zu den thermogravimetrischen Informationen sind für jede Probe im Bereich der Schmelztemperatur die c-DTA®- Signale gestrichelt dargestellt. Sie weisen mit dem extrapolierten Onset und der Peaktemperatur den Schmelzbereich der Proben auf. Am Vergleich der Materialien HD-PE, PP und PA6 wird deutlich, dass so zusätzliche Informationen zur Identifizierung unbekannter Proben erhalten werden können. 

Neben der Schmelzpunktbestimmung der zu untersuchenden Proben steht mit Hilfe der c-DTA-Auswertung auch eine elegante Möglichkeit der Temperaturkalibrierung zur Verfügung. Während ohne die c-DTA-Auswertung die Untersuchung des Schmelzverhaltens schlichtweg unmöglich ist, können mit dieser Funktion die Schmelztemperaturen der üblichen Kalibriermaterialien bestimmt werden. Diese Resultate fließen im Rahmen einer Temperaturkalibrierung in die Berechnung eines Temperaturpolynoms ein und sorgen bei allen nachfolgenden Untersuchungen für eine verlässliche Temperaturauswertung.

3) Vergleich der TG-Ergebnisse von Polyethylen (blau), Polypropylen (grün) und Polyamid 6 (rot) mit c-DTA®-Signal (gestrichelte Kurven)

In Abbildung 4 ist eine Zusammenstellung der Schmelztemperaturbestimmung verschiedener Kalibriermaterialien mit Hilfe der c-DTA-Methode gezeigt.

4) Zusammenstellung der Schmelztemperaturbestimmung mittels c-DTA®

Für die Temperaturkalibrierung einer Thermowaage sollte eine Auswahl an Kalibriersubstanzen verwendet werden, die den Temperaturbereich zwischen 25 °C und 1100 °C möglichst gleichmäßig abdeckt. Für die Berechnung des Polynoms sind mindestens drei Substanzen erforderlich.

Tabelle 1: Zusammenfassung der Schmelztemperaturbestimmung der Kalibriersubstanzen

ProbeIndiumZinnBismutZinkAluminiumSilberGold
Einwaage/mg4,6895,2688,3926,1595,4255,0784,564
Tnom./°C156,6231,9271,4419,5660,3961,81064,2
Texp./°C156,8232,8273,7419,6660,1962,01064,0