DMA GABO Eplexor® 500 N – Die geeignetsten Prüfverfahren für Thermoplaste

Ein Vergleich zwischen 3-Punkt-Biege- und Zugmodus

Das Material Polycarbonat

Polycarbonat ist ein thermoplastisches Material, das – ohne Verstärkung durch Partikel oder Fasern – bei hohen Temperaturen extrem erweicht. Die Bestimmung der Temperaturabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften oder der Glasumwandlungstemperatur setzt bestimmte Prüfgeometrien und spezielle Prüfbedingungen voraus.

Versuchsbedingungen

Zur Untersuchung von Polycarbonat (PC weiß) wurde der Eplexor® 500 N (Abbildung 1), ausgestattet mit einem 500 N-Kraftsensor und Wärmekammer (-160 °C bis 500 °C), verwendet.

1) DMA GABO EXPLEXOR 500 N

3-Punkt-Biegung – Erweichung unterhalb des Glasübergangs

Für viele Applikationen wird üblicherweise der 3-Punkt-Biegetest eingesetzt. Da PC sehr “früh” zu erweichen beginnt, d.h. bereits mehrere Grade unterhalb der Glasumwandlungstemperatur (Tg), neigt die PC-Probe aufgrund ihres Eigengewichts dazu den Boden zu berühren, bevor die Glasumwandlungstemperatur erreicht ist (Abbildung 2). Dabei kann sie die Form des 3-Punkt-Biegehalters (hier: Spannweite 30 mm) annehmen! Dieser Effekt lässt sich bei allen Biegehaltern beobachten – unabhängig von der Spannweite. 

Die den Biegetests unterzogenen PC-Proben werden in Temperatursweeps komplexen Deformationen (simultane DehnungDehnung beschreibt die Deformation eines Materials, das durch eine von außen einwirkende Kraft oder Spannung mechanisch belastet wird. Gummimischungen zeigen Kriech-Eigenschaften, wenn eine statische Last aufgebracht wird.Dehnung-Scherung-Biegung) ausgesetzt. Je nach Material kann die Verformung bereits bei Temperaturen von 10 °C bis 30 °C unterhalb der Glastemperatur einsetzen. Verformungsprozesse, die eine Probe im Biegeversuch bei unterschiedlichen Temperaturen durchläuft, unterschieden sich von denen im Zugversuch. Die Energieabgabe ist in Biegetests höher als bei Zugversuchen, da es mehr Prozesse gibt, bei denen Energie abgegeben wird. Dies wird der Erwartung gerecht, dass im Biegemodus höhere tanδ-Werte auftreten als in Zugtests, selbst wenn es sich um das gleiche Prüfmaterial handelt.

Zugtests

Für die dynamisch-mechanische Analyse von PC ist der Zugversuch die bessere Alternative. Alle Zugversuche müssen folgende Anforderungen erfüllen:

  1. Überwindung der inhärenten Tendenz der Probenkontraktion bei höheren Temperaturen
  2. Sicherstellung der Ebenflächigkeit der Probe (= Verhinderung des Ausbauchens)

Entsprechend konfigurierte PC-Zugversuche minimierenden Einfluss der Schwerkraft auf die Probenform. Bei konventionellen Zugversuchen kommen höhere statische Belastungen als dynamischen Belastungen vor. Dadurch kann ein Auftreten von alternierenden Belastungen während der Testzyklen und somit auch ein Ausbauchen der Proben vermieden werden. Kann man mit bestimmten Maßnahmen die Möglichkeit des Ausbauchens umgehen, dann braucht dies nicht befolgt werden! In diesem Fall kann sowohl die statische als auch die dynamische Last frei gewählt werden, um den Anforderungen des Experiments gerecht zu werden.

Ein Ausbauchen tritt dann tatsächlich nicht auf, wenn im Zugversuch kurze Proben (mit einer Messlänge von wenigen Millimetern) und kleine Verformungen (im mikrometrischen Maßstab) verwendet werden. Solche Konfigurationen werden dann angewandt, wenn an Polycarbonat Temperatursweeps durchgeführt werden.

Versuchsbedingungen für die Messungen im Zugmodus

Die für die Zugversuche verwendeten Proben waren 9,5 mm breit, 3 mm dick und 30 mm lang. Eine Messlänge von ca. 10 mm erweist sich geeignet für dehnungsgesteuerte dynamische Belastungen. Eine geringe statische Kraftamplitude (Anpresskraft) hält die PC-Probe zu jeder Zeit der Prüfung gerade, wenn keine Datenpunkte erfasst werden. Zum Vergleich wurde auch ein 3-Punkt- Biegetest (statische Belastung 3 %, dynamische Belastung 1 %, Anpresskraft ± 0,5 N, Spannweite 30 mm) durchgeführt.

Abbildung 3 zeigt den signifikanten Einfluss der Zugkraft auf die Probenform anhand von 3 Beispielen. Kontraktion muss verhindert werden und die PC-Probe darf nicht wesentlich verlängert werden. Es ist offensichtlich, dass Anpresskräfte von 0,5 N (Abbildung 3 links und Abbildung 3 Mitte) und 0.75 N nicht ausreichend sind. Eine Anpresskraft von 1 N (Abbildng 3 rechts) hält die Probe gerade und dehnt diese nicht zu stark aus. 

Tatsächlich hängt die erforderliche Kraftbegrenzung der Schrumpfung vom Material und der Querschnittsfläche der Probe ab.

Statische Deformationen von 50 μm (0,5% statische Dehnung) und dynamische Deformationen von 10 μm (0,1 % dynamische Dehnung) können ebenso detektiert werden und haben keine Ausbauchung in Zugtests zur Folge. Der gewählte Dehnungsregelmodus hält die Verformungsamplituden bei allen Temperaturen konstant, indem er die entsprechenden statischen und dynamischen Kraftniveaus mit sich ändernder Temperatur (2 °C/min, Frequenz 10 Hz) variiert.

2) Probendeformation im 3-Point-Biegehalter (Spannweite 30 mm) aufgrund des Eigengewichts von Polycarbonat
3) Die Amplitude der Anpresskraft ist ausschlaggebend, dass der Probekörper eine plane Form beibehält (links: 0.5 N, Mitte: 0.75 N; rechts: 1 N; ± 0,5 N)

Messergebnisse

Die Temperaturabhängigkeit von Elastizitätsmodul |E*| und tanδ für einen Zug- und einen 3-Punkt-Biegetest ist in Abbildung 4 dargestellt.

4) Temperaturabhängigkeit des elastische Moduls |E*| und der mechanischen Dämpfung tanδ für ‘PC weiß’ im Zug- und 3-Punkt-Biegetest; Temperaturbereich: -40 °C bis 200 °C; Heizrate: 2 °C/min; Frequenz: 10 Hz; Zug: statische Dehnung 0,5 %, dynamische Dehnung 0,1 %, Anpresskraft 1 N ±0.5 N, Zuglänge: 9,5 mm; Biegung: Statische Dehnung 3 %, dynamische Dehnung 1 %, Anpresskraft 1 N ±0,5 N, Spanne 30 mm

Bei niedriger Temperatur weist der Elastizitätsmodul in beiden Fällen einen Wert von ca. 2300 MPa auf. Das Maximim in der tanδ-Kurve liegt bei ca. 166,5° C (Tg). Bei Temperaturen unterhalb von 25 °C unterscheiden sich die dargestellten Module |E*| erheblich. Die Dämpfung tanδbending ist höher, da mehr unterschiedliche Deformationsprozesse aktiv sind als in Zugversuchen. Die Biegemodule |E*| sind weniger aussagekräftig, da die anfänglichen Probendimensionen zur ihrer Berechnung herangezogen werden, doch die tatsächliche Form stark davon abweicht. 

Im Zugmodus nimmt die Querschnittsfläche der Probe bei erhöhten Temperaturen aufgrund der Probenausdehnung allmählich ab. Unter Annahme eines konstanten Probenvolumens bei der Dehnungsbelastung kann die reale (=korrigierte) Querschnittsfläche bei Messung der Dehnung bestimmt werden. Die resultierenden Module |E*| beziehen sich auf die korrigierte Querschnittsfläche.

Zusammenfassung

Für dynamisch-mechanische Analysen an unverstärkten thermoplastischen Materialien, die bereits bei 20 °C oder 30 °C unter der Tg erweichen, bietet der Zugversuch besser definierte Messbedingungen. Im Zugmodus bleibt die Probenform über den gesamten Temperaturbereich viel leichter erhalten als in Biegetests. Die geometrische Annahmen zur Berechnung der dynamisch-mechanischen Eigenschaften werden in der Zugversuchsanordnung viel besser erfüllt – ein wichtiger Grund, Zugversuche in der experimentellen Praxis zu favorisieren.