Einkristalline Quarzwerkstoffe als ideale Materialien zur Temperaturkalibrierung für den neuen Hochtemperatur-Eplexor®

Einleitung

Quarz, auch Tiefquarz oder α-Quarz genannt, ist ein Mineral mit der chemischen Zusammensetzung SiO2 und trigonaler Symmetrie. Er ist die auf der Erdoberfläche stabile Form des Siliziumdioxids und eines der häufigsten Minerale der Erdkruste. Es tritt als gesteinsbildendes Material sowohl im Erdmantel als auch der Erdkruste auf. [1]

Quarz beeinflusst das tektonische Verhalten eines quarzhaltigen Untergrundes als Träger seismischer Wellen bei Erdbeben durch seine dynamisch-mechanischen und thermischen Eigenschaften nachhaltig. [2]

Bei 573 °C und Normaldruck wandelt sich die Tieftemperaturmodifikation von trigonal nach hexagonal (Hochtemperaturmodifikation) um. Dieser Modifikationswechsel ist displaziv, sehr schnell und reversibel. Dabei ändern sich physikalische Eigenschaften (Volumen, WärmeleitfähigkeitDie Wärmeleitfähigkeit (λ mit der Einheit W/(m•K)) beschreibt den Transport von Energie - in Form von Wärme - durch einen Körper aufgrund eines Temperaturgefälles.Wärmeleitfähigkeit, dynamisch-mechanische Parameter etc.) drastisch, wodurch diese Umwandlungstemperatur zur Temperaturkalibrierung Verwendung finden kann. [3]

Ein weiteres Kennzeichen der Quarze ist ihre Sauerstoffbeständigkeit bis hin zu hohen Temperaturen. Eine sehr willkommene Eigenschaft, die das Handling in der Praxis doch sehr vereinfacht. Spülgase sind nicht erforderlich. [4]

Natürliche Quarzkristalle bestehen aus Si und O2, die Verknüpfungen aus [SiO4]4-Tetraedern bilden. Andere Elemente sind nur in Spuren im Kristallgitter vorhanden. Quarz-Einkristalle weisen eine ausgeprägte Anisotropie unter anderem in ihren optischen und mechanisch elastischen Eigenschaften auf. Besteht ein Werkstoff hingegen aus einer Vielzahl unterschiedlich orientierter Einzelkristalle, so schwächt sich die Anisotropie bei weniger ausgeprägter Vorzugsorientierung der einzelnen Kristallite deutlich ab. Zwischen makroskopisch isotropen Quarzvielkristallen und stark anisotropen synthetischen Einkristallen treten eine Vielzahl von Übergangsformen auf. Das Spektrum reicht z.B. vom amorphen Kieselglas (=Quarzglas) über Sandstein (Quarzgehalt über 50 % und NICHT durch Versinterung gebundene Quarzite (Gesteine mit hohen Quarzgehalten (≈98%+), aber versinterten Quarzkristallen), Bergkristall als Naturversion des Einkristalls bis hin zu synthetischen Quarzeinkristallen, die weitverbreiteten Einsatz finden.

So werden Quarzeinkristalle schon seit langem wegen seiner piezo-elektrischen und optischen Eigenschaften z.B. als Schwingquarze (Zeitgeber) oder Anzünder eingesetzt. In der Mikroelektronik haben Quarzkristalle u.a. als dielektrische Schicht in Transistoren, Kondensatoren, Hartmaske in der Fotolithographie oder als Mikro-Elektro-Mechanische-Systeme (MEMS) für industrielle und Biomedizinische Anwendungen Eingang gefunden. [5]

Für den Einsatz von stark anisotropen Quarzeinkristallen als Temperaturkalibrierung in der Hochtemperatur DMA (HT-Eplexor®) sind aufgrund der ausgeprägten Anisotropie einige Vorsichtsmaßnahmen erforderlich. Die naturgemäß während eines Temperatursweeps (z.B. Temperaturrampe mit 10 K/min) zunehmende thermische Ausdehnung führt zu inneren mechanischen Spannungen im Quarz. Ist die Quarzprobe zusätzlich einem Temperaturgradienten innerhalb des Messraums (HT-Ofen) ausgesetzt, führen diese inneren Spannungen unweigerlich zu Rissbildung bzw. Bruch der Probe. Es ist daher erforderlich, den Temperaturgradienten in Ofen durch geeignete Maßnahmen so gering wie möglich zu halten.

Der HT-Eplexor® ausgestattet mit einem abgetrennten Probenraum und einem zusätzlichen Temperaturschild erfüllt die gestellten Anforderungen. So kann die Phasenumwandlung / PhasenänderungDer Begriff Phasenumwandlung (oder Phasenänderung) wird am häufigsten verwendet, um Übergänge zwischen dem festen, flüssigen und gasförmigen Zustand zu beschreiben. Eine Phase eines thermodynamischen Systems und die Zustände haben einheitliche physikalische Eigenschaften.Phasenumwandlung bei 573°C sogar mehrfach, ohne aufgrund des Temperaturgradienten die Probe zu zerstören, an der gleichen Probe durchlaufen werden. Zu den konstruktiven Maßnahmen gehört die Abgrenzung eines Bereichs im Ofenraum mit einem gut wärmeleitenden zylindrischen Schutzschild um die Probe.

Experimenteller Teil

1) Selbstzerstörte Quarwaferprobe
2) Thermisches Schutzschild (Cu), links, und kardanisch wirkender Druckstempel, rechts
3) Unbeschädigte Waferprobe nach mehreren Tests

Zur Homogenisierung der Temperaturverteilung und zur Reduktion von Temperaturgradienten im Prüfling wird ein zylindrisches Temperaturschild aus Kupfer eingesetzt (Abbildung 2, links), welches das Saphir-Biegelager (links) und den kardanisch auf die Probe wirkenden Druckstempel (Abbildung 2, rechts) auf halber Höhe umschließt. Die im HT-Eplexor® verbauten Kraftachsen bestehen aus polykristallinem Al2O3.

Die Kraftachsen sind als 3-Punkt-Biegehalter ausgeführt (Lagerabstand hier 20 mm). Als Probenauflagesystem kommt ein quaderförmiger Saphirträger mit 15 mm Breite, 7 mm Höhe und ca. 50 mm Länge zum Einsatz. Auf der Oberseite des Trägers eignen sich zwei Saphir-Rollen sehr gut als Auflager der Probe an vordefinierten Stellen. Der Abstand der Rollen zueinander ist so in 5 mm-Schritten wählbar, so dass 3-Punkt-Biegeauflager mit 10 mm bis 35 mm Auflagerabstand realisierbar sind. Auf der Oberseite der Probe wird mittig die dritte Saphir-Rolle als Druckstempel (Abbildung 2, rechts) aufgesetzt. Die Rollen sind 15 mm lang und weisen einen Durchmesser von 4 mm auf. Die Rollenlagerung verhindert das Auftreten nennenswerter Zuglasten bei Durchbiegung, während die kardanische Lagerung im Stempel stets Linienkontakt zwischen Stempel und Probe sicherstellt.

Bei Einsatz von T-Schutzschild und der „kardanischen Rollenlagerung“ unterbleibt (Abbildung 3) die Selbstzerstörung der Probe sogar unter Prüflast (Fstst = 0,25 N, Fdyn = 0,15N). Das gilt auch bei mehrfachem Durchlauf (Erwärmen/Kühlen) der α/β-Phasenumwandlung.

Unter derartigen experimentellen Bedingungen lassen sich Temperatursweeps, die den Temperaturbereich der α/β-Umwandlung überstreichen, erfolgreich an Quarzwafern durchführen. Nach Abschluss der Messungen kann die Probe schädigungsfrei entnommen werden.

Messergebnisse

Erstmalig lässt sich mit Hilfe der Hochtemperatur-DMA in Form eines Temperatursweeps (Abbildung 4) die α/β-Phasenumwandlung von Quarzkristallen mechanisch zuverlässig nachweisen. Die Übergangstemperaturbestimmung erfolgt aus der Temperaturabhängigkeit des E-Moduls |E*| und/oder der Dämpfung (tan δ). Damit ist auch die am Probenort herrschende Temperatur bekannt und lässt sich als Kalibriernormal verwenden.

In diesen Untersuchungen wurde Priorität auf die Erfassung des Verhaltens nahe der α/β-Umwandlung gelegt. Dazu ist es erforderlich, niedrige Prüflasten (hier: Fstatisch = 0,25 N, Fdynamisch = ± 0,15 N) und kleine Heizraten (2 K/min) anzuwenden.

Der HT-Eplexor® ist durch seine dem Bedarfsfall entsprechend mögliche Auswahl an Kraftmessköpfen geeigneter Nennlast prädestiniert, derartige dynamischmechanische Untersuchungen durchzuführen.

4) Temperaturabhängigkeit von E-Modul (|E*|) und Dämpfung (tanδ) ober- und unterhalb der Temperatur der α/β-Phasenumwandlung (573 °C) des Quarzeinkristalls

Zusammenfassung

Die dem Werkstoffverhalten im Temperaturbereich um 550 °C angepassten Lasten verhindern bei niedrigeren Temperaturen eine ausreichend gute Ankopplung der Probe an das Biegelager. Folge ist ein im RT-Bereich betragsmäßig unterschätzter E-Modul |E*|. Gute Ankopplung erfordert bei Probenabmessungen von 1,03 mm x 10,81 mm x 35 mm statische Kräfte von mindestens 5 N und separate Messungen. Lägen diese Lasten im Temperaturbereich der α/β-Umwandlung an, käme es unweigerlich zur Zerstörung der Probe. Daher erfolgte hier bei höheren Temperaturen eine Lastreduzierung.

Literatur

  1. [1]
    https://www.spektrum.de/lexikon/geowissenschaften/mineralhaeufigkeit/10489
  2. [2]
    Elasticity and Viscoelasticity of Solid SiO2 as a Functionof Frequency and Temperature, Steffen Klumbach, DissertationKarlsruher Instituts für Technologie (KIT), 2015
  3. [3]
    Methoden der Thermischen Analyse, W.F. Hemminger,H.K. Cammenga
    Springer-Verlag, Berlin 1989
  4. [4]
    Keramik, Teil:1 Allgemeine Grundlagen und wichtigeEigenschaften, H. Salmang, H. ScholzeSpringer Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1982
  5. [5]
    Einführung in die Kristallographie, Will Kleber,Hans-Joachim Bautsch, Joachim Bohm, Detlef KlimmOldenburg Wissenschaftsverlag GmbH, 19. Auflage, 2010