NETZSCH Proteus® zur Qualitätskontrolle

Einleitung

Für Routineanwendungen im Rahmen der Wareneingangskontrolle oder der Qualitätssicherung steht weniger die Materialidentifizierung als vielmehr die Ermittlung von Kennwerten im Vordergrund. Dazu werden an bekannten Materialien die immer gleichen Auswerteroutinen angewandt, um die Materialien mit Rückstellmustern zu vergleichen und nach Qualitätsvorgaben zu bewerten. Materialchargen, die nicht den Ansprüchen genügen sollen so rechtzeitig erkannt und aussortiert werden.

Mit der Einführung der thermoanalytischen Datenbank NETZSCH Proteus® Identify können unbekannte Proben schnell und zuverlässig erkannt und identifiziert werden [1]. Natürlich kann auch diese Datenbank bekannte Proben danach beurteilen, wie ähnlich das thermische Verhalten im Vergleich zu Rückstellmustern oder Referenzsubstanzen ist. Dieser Ähnlichkeitsvergleich berücksichtigt eine Vielzahl meist automatisch ausgewerteter Effekte und bewertet die zu untersuchende Probe auch danach, ob alle für dieses Material typischen Effekte auch wirklich detektiert wurden. Diese Vorgehensweise ist gerade auch zur Identifikation von Mischungen und Mischungsverhältnissen von Vorteil [2].

Eine weitere Möglichkeit der Bewertung von Proben bietet die NETZSCH Proteus®-Auswertesoftware im Rahmen der Erstellung von Messmethoden. Im Folgenden wird beschrieben, wie Messmethoden inklusive der angesprochenen Qualitätskriterien programmiert und wie sie zur Bewertung eingesetzt werden können.

Programmierung einer Messmethode

Messmethoden dienen als Vorlage für Routineaufgaben, bei denen für eine Vielzahl von zu untersuchenden Proben die identischen Messbedingungen sowie das identische Messprogramm zum Einsatz kommen sollen. Für die Programmierung von Messmethoden gibt es mehrere Möglichkeiten.

A) Analog einer Einzelmessung werden alle Messparameter in der Messsoftware programmiert, jedoch nicht als Messfile, sondern als Methode abgelegt. Sie kann jederzeit als Vorlage für diese Art von Messung wieder herangezogen werden. Auch besteht die Möglichkeit die Methode zu öffnen, zu variieren und unter einem anderen Namen wieder zu speichern.

B) Die Messmethode wird nicht im Messprogramm sondern im Auswerteprogramm der NETZSCH Proteus®-Software erstellt. Eine bereits bestehende Messung dient hierbei als Vorlage für die Methode. Die einzelnen Bearbeitungsschritte, die in der Auswertesoftware mit der bereits bestehenden Messung durchgeführt wurden, wie etwa das Auswählen einzelner Segmente, das Glätten der Messdaten, die Wahl des dargestellten Messbereichs, die Auswertung von Ergebnissen wie die Peakfläche oder die Bestimmung der GlasübergangstemperaturDer Glasübergang gilt als eine der wichtigsten Eigenschaften amorpher und teilkristalliner Materialien, wie z.B. anorganische Gläser, amorphe Metalle, Polymere, Pharmazeutika und Lebensmittel, usw., und bezeichnet den Temperaturbereich, in dem sich die mechanischen Eigenschaften des Material von einem harten und spröden Zustand in einen weicheren, verformbaren oder gummiartigen Zustand ändern.Glasübergangstemperatur werden somit in die Methode übernommen. Wird basierend auf dieser Methode eine weitere Probenmessung durchgeführt, so werden nach Abschluss der Messung alle Auswerteschritte automatisch durchgeführt.

C) Wie unter B) beschrieben wird eine Methode aus einer bereits bestehenden Messung inklusive der Auswerteschritte erstellt. Zusätzlich werden Qualitätskriterien festgelegt, die die erhaltenen Ergebnisse der Probe nach der Messung und der Auswertung zusätzlich bewerten. So kann sichergestellt werden, dass alle Messungen mit dem identischen Messprogramm und unter den identischen Messbedingungen durchgeführt wurden, dass auf alle Messdaten die identischen Auswerteschritte angewandt wurden, dass alle Messergebnisse auf den identischen Auswertebereichen (Positionen der Cursoren) beruhen und dass den Bewertungen der Ergebnisse die identischen Kriterien zugrunde liegen und diese somit ideal vergleichbar sind.

Ergebnisse und Diskussion

Für die Bewertung von verschiedenen Polypropylenproben wird das Schmelzverhalten mit Hilfe der NETZSCH DSC 214 Polyma analysiert. Dazu wird eine Vergleichsprobe ausgewählt, die allen folgenden Proben als Maßstab dienen soll. Die Granulatlinse dieser Vergleichsprobe wird in Längsrichtung halbiert und mit der glatten Schnittfläche in einen NETZSCH Concavus®-Tiegel aus Aluminium überführt. 

Mit einer Aufheiz- und Abkühlrate von 10 K/min wird die 5,319 mg schwere Probe zwei Mal auf 200 °C erwärmt. Das Schmelzverhalten des zweiten Aufheizsegments ist in Abbildung 1 dargestellt. Die ausgewertete Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelzenthalpie von 98,2 J/g und die Peaktemperatur von 164,2 °C stellen die Richtwerte dar, anhand derer die Qualitätskriterien für die folgenden Untersuchungen festgelegt werden.

1) Schmelzverhalten von Polypropylen

In Abbildung 2 ist dargestellt, wie eine Messmethode aus der Auswertesoftware NETZSCH Proteus® erstellt werden kann, wobei die Methodenerstellung hierbei auf dem aktuellen Auswertezustand basiert. Zusätzlich können Qualitätskriterien für die ausgewerteten Ergebnisse definiert werden. Exemplarisch legen wir diese mit ± 2 K für die Peaktemperatur und ± 5 % im Falle der Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelzenthalpie fest. Abbildung 3 zeigt die dafür notwendigen Einträge in die Software.

2) Erstellung einer Messmethode
3) Festlegen der Qualitätskriterien für die Peaktemperatur (links) und die Schmelzenthalpie (rechts)

Mit der so erstellten Messmethode werden 10 andere Polypropylenproben mit der NETZSCH DSC 214 Polyma und automatischem Probenwechsler (ASC) untersucht. Schon während der Messungen erhält man einen Hinweis darauf, ob die untersuchten Proben die definierten Qualitätskriterien erfüllen der nicht. Das Symbol im Verlaufsprotokoll des automatischen Probenwechslers (Abbildung 4) zeigt an, dass die Kriterien erfüllt sind, das Symbol hingegen weist auf Proben hin, die in mindestens einem Kriterium nicht den vorgegebenen Ansprüchen genügen.

4) Verlaufsprotokoll des automatischen Probenwechslers

Die Darstellung der nach jeder Messung automatisch ausgewerteten Ergebnisse enthält keinen gesonderten Hinweis für den Fall, dass alle Qualitätskriterien erfüllt sind. Liegt jedoch ein ausgewerteter Wert außerhalb der definierten Bereiche, so befindet sich hinter der Ergebnisdarstellung ein Ausrufezeichen. Das in Abbildung 5 gezeigte Messergebnis erfüllt somit das Kriterium der Peaktemperatur, nicht jedoch das der Schmelzenthalpie.

5) Automatisch ausgewertetes Ergebnis mit Kennzeichnung der nicht erfüllten Kriterien

Eine Zusammenstellung der Ergebnisse aller Polypropylenproben ist für die Schmelzenthalpie in Abbildung 6 und für die Peaktemperatur in Abbildung 7 dargestellt.

6) Ergebnisse der Schmelzenthalpie aller Polypropylenproben
7) Ergebnisse der Peaktemperatur aller Polypropylenproben

Der Farbübergang von blau nach rot veranschaulicht dabei die jeweils untere Grenze der Qualitätskriterien, die obere Grenze wurde in keinem der Messbeispiele überschritten. Es ist schnell erkennbar, dass die Polypropylenproben PP#5, PP#6 und PP#10 durch zu geringe Schmelztemperaturen und SchmelzenthalpienDie Schmelzenthalpie einer Substanz, auch bekannt als latente Wärme, stellt ein Maß der Energiezufuhr dar, typischerweise Wärme, welche notwendig ist, um eine Substanz vom festen in den flüssigen Zustand zu überführen. Der Schmelzpunkt einer Substanz ist die Temperatur, bei der die Substanz von einem festen (kristallinen) in den flüssigen Zustand (isotrope Schmelze) übergeht.Schmelzenthalpien die geforderten Qualitätskriterien nicht erfüllen. Verursacht werden kann dies etwa durch unterschiedliche Mengen an inerten Füllstoffen, die wiederum die Änderung der mechanischen Eigenschaften zur Folge haben. Die Peaktemperaturen wurden hingegen für alle Proben innerhalb der Qualitätskriterien detektiert, einzig die Probe PP#8 zeigt hier einen zu niedrigen Wert. Die Gründe dafür können in Beimengungen von Fremdmaterial wie etwa anderen Polyolefinen liegen.

Zusammenfassung

Die NETZSCH Proteus®-Auswertesoftware bietet zahlreiche Möglichkeiten im Hinblick auf die automatisierte Probenanalyse und die automatisierte Auswertung der Messergebnisse.

Mit der Einführung der ersten thermoanalytischen Software Datenbank Identify besteht nunmehr erstmalig die Möglichkeit einer ganzheitlichen Bewertung der Messergebnisse hinsichtlich Temperatur und Intensität der detektierten Signale, wie auch hinsichtlich eventuell fehlender, für das jeweilige Material jedoch charakteristischer, Signale.

Die in dieser Arbeit diskutierten Möglichkeiten der automatischen Bewertung von Resultaten stützen sich hingegen auf einzelne Messwerte wie die Peaktemperatur oder die Schmelzenthalpie. Natürlich illustrieren diese Beispiele die Vorgehensweise nur exemplarisch. Es ist ebenso gut möglich, andere Messwerte, wie die GlasübergangstemperaturDer Glasübergang gilt als eine der wichtigsten Eigenschaften amorpher und teilkristalliner Materialien, wie z.B. anorganische Gläser, amorphe Metalle, Polymere, Pharmazeutika und Lebensmittel, usw., und bezeichnet den Temperaturbereich, in dem sich die mechanischen Eigenschaften des Material von einem harten und spröden Zustand in einen weicheren, verformbaren oder gummiartigen Zustand ändern.Glasübergangstemperatur amorpher Substanzen oder den extrapolierten Onset einer beginnenden Reaktion mit Qualitätskriterien in ähnlicher Weise zu belegen. Auch die Übertragung auf andere Materialien wie Metalle, Pharmazeutika oder Lebensmittel ist selbstverständlich möglich. Da die Qualitätskriterien frei wählbar sind, lassen sich die zu untersuchenden Materialien sehr selektiv bewerten, beispielsweise mit sehr eng gefassten Kriterien. Somit konnte gezeigt werden, dass die NETZSCH-Proteus®-Software neben der automatisierten Probenmessung und -auswertung auch sehr individuelle probenspezifische Anpassungen der automatischen Ergebnisbewertung ermöglicht.

Literatur

  1. [1]
    (a) A. Schindler, „Automatic Evaluation and Identification of DSC Curves“, Plastics Engineering, 2014, www.plasticsengineering.org/ProductFocus/productfocus.aspx?ItemNumber=20498
    (b) A. Schindler, NETZSCH Application Note 059, „Analysis of 200 
    Unknown DSC Curves by Means of Identify Using its Polymer Libraries“, 2014
    (c) A. Schindler, C. Strasser, Application Note 060, „Stability of 
    Identify Database Search Results with Regard to Sample Mass and Heating Rate“, 2014
    (d) A. Schindler, NETZSCH Application Note 061, „The Identify 
    Database as an Archive for NETZSCH and User Data“, 2014
  2. [2]
    (a) E. Füglein, E. Kaisersberger, “About the development of databases in thermal analysis”, J Therm Anal Calorim, 2015, 1, 23(DOI: 10.1007/s10973-014-4381-3).
    (b) Füglein E., Kaisersberger E., NETZSCH Application Note 078,
    „Identifizierung von Polymermischungen (PE/PP) mittels Identify“, 2015