Amoxicillin: Schmelzen oder Zersetzung? DSC und TG-FT-IR liefern die Antwort!

Einleitung

Amoxicillin (Abbildung 1) ist ein Antibiotikum der Amino-Pencillin-Gruppe und liegt als Trihydrat vor. Es wird zur Behandlung bakterieller Effekte wie Mittelohrund Lungenentzündungen oder Hauterkrankungen eingesetzt [2]. Im Folgenden wird Amoxcillintrihydrat mittels DSC und TG-FT-IR bezüglich seiner thermischen Eigenschaften (Schmelzpunkt, Zersetzungstemperatur und Zersetzungsprodukte) untersucht.

1) Formel von Amoxicillin [1]

Messergebnisse

Die DSC-Messung wurde an einer Amoxicillintrihydrat- Probe mit einer Einwaage von 1,622 mit der DSC 204 F1 Phoenix® durchgeführt. Es wurde ein Aluminiumtiegel mit manuell gelochtem Deckel (3 Löcher) verwendet. Die Probe wurde zwei Mal von -80 °C mit einer Heizrate von 10 K/min aufgeheizt; die erste Aufheizung lief bis 150 °C, die zweite bis 210 °C. Zwischen den beiden Aufheizsegmenten wurde die Probe mit einer geregelten Kühlrate von 10 K/min gekühlt. Die DSC-Messung der beiden Aufheizungen ist in Abbildung 2 dargestellt.

2) 1. und 2. Aufheizung der DSC-Messung an Amoxicillintrihydrat

Für die TG-Messungen wurde eine Probe mit einer Einwaage von 4,79 mg in einem Aluminiumoxidtiegel vorbereitet und bis 700 °C in dynamischer Stickstoffatmosphäre mit 10 K/min aufgeheizt. Abbildung 3 zeigt die TG-Messung zusammen mit der ersten Ableitung der TG-Kurve (DTG).

Der bei 107 °C (DSC-Kurve, 1. Aufheizung, Abbildung 2) detektierte endotherme Effekt ist mit einem Massenverlust von 12,9 % verbunden, womit sichergestellt ist, dass es sich hierbei nicht um ein Schmelzen handelt. Dieser auf die Freisetzung von flüchtigen Bestandteilen zurückzuführende Vorgang wird in der DSC-Messung bei höherer Temperatur aufgezeichnet als der dazu gehörige Massenverlust in der TG-Kurve. Die Temperatur, bei der die VerdampfungVerdampfung beschreibt die Phasenumwandlung eines Stoffes von der flüssigen in die gasförmige Phase. Beim Verdampfen eines Stoffes unterscheidet man grundsätzlich zwei Formen, Sieden und Verdunstung.Verdampfung einsetzt, ist davon abhängig, ob für die Messung ein Tiegel mit Deckel verwendet wird sowie von der Größe der gestanzten Deckellöcher. Da für die TG-Messung kein Deckel verwendet wurde, setzt die Verflüchtigung bereits bei niedrigerer Temperatur als bei der DSC-Messung mit gelochtem Deckel ein.

Das FT-IR-Spektrum der bei 93 °C freigesetzten Produkte (Abbildung 4) ist charakteristisch für Wasser.

3) Ergebnisse der TG-Messung an Amoxicillintrihydrat. Durchgezogene Linie: TG-Signal; gestrichelte Linie: DTG-Signal.
4) FT-IR-Spektrum der bei 92,9 °C freigesetzten Produkte, Absorptionsbanden charakteristisch für Wasser

Amoxicillin weist eine Molmasse von 365,4 g/mol [2] auf, womit sich für Amoxicillintrihydrat eine Molmasse von 419,4 g/mol ergibt. Die Freisetzung von Wasser berechnet sich zu 12,9 %. Somit stimmt der gemessene sehr gut mit dem theoretischen Massenverlust überein (siehe Abbildung 3). 

Eine zweite Massenverluststufe tritt bei einer Onsettemperatur von 185 °C in der TG-Kurve auf. Das entsprechende FT-IR-Spektrum zeigt, dass nach der Wasserabspaltung die Zersetzung von Amoxcillin mit der Freisetzung von Kohlendioxid (Abbildung 5) und Ammoniak (Abbildung 6) beginnt. Der Zersetzungsvorgang ist ebenfalls in der zweiten Aufheizung der DSCMessung als exothermer Effekt bei 182 °C sichtbar (siehe Abbildung 2). Während der Zersetzung bis 700°C verliert Amoxicillin mehr als 77 % der Ausgangsmasse.

5) FT-IR-Spektrum der bei 202,2 °C freigesetzten Produkte (rote Kurve) und von Kohlendioxid (blaue Kurve
6) FT-IR-Spektrum der bei 202,2 °C freigesetzten Produkte (rote Kurve) und von Ammoniak(blaue Kurve)

Das FT-IR-Spektrum der bei 294 °C freigesetzten Substanzen ist in Abbildung 7 widergegeben. Neben den bereits bei niedrigeren Temperaturen detektierten Banden für CO2 und NH3 treten jetzt zusätzliche -C-H-Absorptionsbanden zwischen 3000 und 2800 cm-1 auf. Die Absorptionsbanden im Bereich 2300 cm-1 und 1900 cm-1 sind charakteristisch für Dreifach- oder Doppelbindungen X_Y_Z [3, 4].

7) FT-IR-Spektrum der bei 294°C freigesetzten Produkte

Zusammenfassung

Die während der thermischen Behandlung von Amoxicillin detektierten Effekte mittels DSC-Messung können nicht alleine durch Interpretation der DSC-Ergebnisse erklärt werden. Erst durch eine weitere Messung mit der Methodenkombination TG-FT-IR beweist, dass der DSC-Effekt bei 107 °C auf die Wasserabspaltung zurückzuführen ist und nicht auf ein Schmelzen, das zwar einen endothermen DSC-Peak hervorrufen würde jedoch keinen Massenverlust. Der nach der Wasserabspaltung sich fortsetzende Massenverlust liegt in der Zersetzung begründet. Die Zersetzungsprodukte u.a. Kohlendioxid und Ammoniak können mit Hilfe des FT-IRs eindeutig identifiziert werden.

Literatur

  1. [1]
    www.pharmawiki.ch
  2. [2]
    https://de.wikipedia.org/wiki/Amoxicillin
  3. [3]
    www.uni-stuttgart.de/ochem/lehre/praktika/2011/2011wise/2011wise-umwa/Handout_IR_6.pdf
  4. [4]
    www.analytik.ethz/Vorlesungen/Spektroskopie_Schmidt/06_IRSpektreninterpretation.pdf