Verhalten von Nipagin unter thermischem Einfluss – Untersuchungen mittels TG-FT-IR-Kopplung

Einleitung

Nipagin ist ein weißes Pulver mit der chemischen Bezeichnung Methyl-4-Hydroxybenzoat (Abbildung 1), das als Konservierungsmittel in Kosmetika, Arznei- und Lebensmitteln eingesetzt und in der Zusatzstoffliste mit E218 [1, 2] geführt wird.

Untersuchungen zu Produktabbau und -zersetzung sind grundlegende Tests für jedes pharmazeutische oder ähnliche Produkte, das in der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie eingesetzt wird. Hier werden die Materialien und andere im Produkt vorhandene Substanzen einer externen Belastung ausgesetzt, um die Stabilität der Komponenten oder Rezepturen beurteilen zu können. Externe Belastungen können zum Beispiel pH (Säure-Basen-Haushalt), Licht, Feuchtigkeit, Temperatur usw. sein. Für Untersuchungen, die auf thermischen Belastungen basieren, ist die Kopplung der Techniken Thermogravimetrie (TG) und Fourier Transform Infrarotspektroskopie (FT-IR) eine geeignete Methode für die schnelle Charakterisierung des Zersetzungs-, Abbau und thermischen Stabilitätsverhaltens.

Hier wurde das thermische Verhalten einer Nipaginprobe mittels TG-FT-IR untersucht.

1) Chemische Struktur von Nipagin (C8H8O3) [1]

Messbedingungen

Die Messung wurde an einer Nipaginprobe (9,22 mg) durchgeführt, die in einem offenen Aluminiumoxid-Tiegel mit der TG 209 F1 Libra® bis 600 °C unter dynamischer Stickstoffatmosphäre aufgeheizt wurde. Die während der Aufheizung austretenden Gase wurden direkt in die Gaszelle des an die TG gekoppelten FT-IR-Spektrometers Tensor II der Firma Bruker Optik GmbH überführt.

Messergebnisse

Abbildung 2 zeigt die Massenänderungen von Nipagin während der Aufheizung (grüne Kurve). Der Massenverlust von 100 % ist ein Anzeichen für die vollständige Zersetzung zwischen ca. 125 °C und 230 °C. Der Schmelzpunkt von Nipagin liegt bei 125,2 °C [2]. Das bedeutet, dass sich die Substanz sofort nach dem Schmelzen zersetzt.

2) TG-Kurve von Nipagin (grün) und die zugehörige Gram-Schmidt-Kurve (schwarz)

Die Gram-Schmidt-Kurve (schwarze Kurve) resultiert aus der Integration der Spektren über den gesamten Wellenzahlbereich. Damit entspricht die Gram-Schmidt-Kurve der Konzentration der Zersetzungsprodukte als Funktion der Zeit.

Die bei 206 °C und 227 °C freigesetzen Zersetzungsprodukte sind identisch (Abbildung 3). Typisch für O-H-Bindungen ist die Bande bei 3648 cm-1. Die Banden mit geringeren Intensitäten bei 2800 cm-1 und 3100 cm-1 sind charakteristisch für C-H-Vibrationen von Alkanen (< 3000 cm-1) und Alkenen (> 3000 cm-1). Die Wellenzahl 1745 cm-1 zeigt die C=O-Valenzschwingungen an. Der Bereich zwischen 1450 cm-1 und 1625 cm-1 kann auf aromatische Gerüste zurückgeführt werden.

3) FT-IR-Spektrum der bei 206 °C (blaue Kurve) und 227 °C (rote Kurve) freigesetzten Produkte

Ein Vergleich des gemessenen FT-IR-Spektrums der bei 227 °C freigesetzten Produkte mit dem Literatur-FT-IR Spektrum von Nipagin in Abbildung 4 zeigt, dass die zwei Spektren nahezu identisch sind. Das bedeutet, das sich Nipagin nicht zersetzt, sondern während der Aufheizung in inerter Atmosphäre verdampft.

4) FT-IR-Spektrum der bei 227 °C (oberer Plot) freigesetzten Produkte im Vergleich mit dem Literaturspektrum von Nipagin [3] (unterer Plot)

Zusammenfassung

TG-FT-IR-Messungen erlauben Untersuchungen zur thermischen Stabilität von Materialien, wie Pharmazeutika, Kosmetika und Lebensmittel. Im Fall von Nipagin konnte beobachtet werden, dass der Massenverlust nicht auf die Zersetzung der Substanz, wie man es allein aus der TG-Messung herleiten würde, sondern auf ihre VerdampfungVerdampfung beschreibt die Phasenumwandlung eines Stoffes von der flüssigen in die gasförmige Phase. Beim Verdampfen eines Stoffes unterscheidet man grundsätzlich zwei Formen, Sieden und Verdunstung.Verdampfung zurückzuführen ist. Das TG-FT-IR-Spektrum bei höchster Zersetzungsrate (Peaks der ersten Ableitung der TG-Kurve) ist eindeutig der Fingerabdruck von Nipagin, der durch Literaturdaten bestätigt werden kann. 

Mit der TG-FT-IR-Kopplung ist ein Werkzeug erhältlich, das die in der TG beobachteten Massenverluste einfach qualifiziert und somit Schlussfolgerungen zulässt, ob sich ein Material unter thermischem Einfluss zersetzt, abbaut oder verdampft.

Literatur

  1. [1]
    https:/wikipedia.org./wiki/methylbaraben
  2. [2]
    https://toxnet.nlm.nih.gov/cgi-bin/sis/search2/r?dbs+hsdb:@term+@rn+99-76-3
  3. [3]
    http://webbook.nist.gov/cgi/cbook.cgi?ID=C99763&Mask=80